Название: G. K. Chesterton: Krimis, Aufsätze, Romane und mehr
Автор: Гилберт Кит Честертон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027207428
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»Aber ihr wart Männer. Ihr wahrtet euer Verschwiegenstes – eure Ehre, und ob auch die ganze Welt mit Torturen auf euch einrückte, sie euch herauszureißen. Ich weiß, wie nah ihr der Hölle waret. Ich weiß, wie du, o Donnerstag, dein Schwert mit König Satan kreuztest, und wie du, mein Mittwoch, in der hoffnungslosesten Stunde meinen Namen nanntest.«
Ein unendliches Schweigen war in dem Garten voller Sternenlicht … Aber dann drehte sich der schwarzbrauige Sekretär – unversöhnbar – auf seinem Stuhl nach Sonntag und sprach mißtönend: »Und wer und was bist du?«
»Ich bin der Sabbat«, sprach der andere voll unendlicher Ruhe. »Ich bin Gottesfriede.«
Der Sekretär sprang auf. Seine kostbare Robe gar sehr unter seinen Händen zerknitternd.
»Ich weiß wohl, was Sie meinen«, schrie er, »aber just darum kann ich Ihnen nicht verzeihn. Ich weiß, daß Sie die Zufriedenheit sind, der Optimismus, die allerletzte Aussöhnung, wie man das auch nennt. Nun wohl – aber ich bin nicht ausgesöhnt. Wenn Sie der Mann in dem dunklen Zimmer waren, warum waren Sie dann zugleich Sonntag – das Ärgernis des Sonnenlichts? Wenn Sie von Anbeginn unser Vater und unser Freund waren, warum waren Sie zugleich unser größter Feind? Wir weinten, wir flohen vor Schrecken; Schwerter durchbohrten unsere Seelen – und Sie sind der Friede Gottes! Gottes Zorn kann ich Ihm vergeben, obwohl ganze Völker durch die Schale des Zorns ertranken. Aber Gottes Frieden vergeb ich Ihm nie!«
Sonntag antwortete mit keinem Hauch. Der drehte sein steinern Antlitz nur langsam gen Syme um, und darinnen witterte es wie eine Frage.
»Nein«, sprach Syme, »so wild kann ich nicht fühlen. «Was bin ich Ihnen im Gegenteil dankbar, nicht allein für den Burgunder und den kalten Fasan und den ganzen Empfang und die ganze köstliche Bewirtung überhaupt, sondern auch für so manches Ausreißen, das wirklich fein war, und so manches offene Gefecht. Aber – – wissen möcht ich gerne! Meine Seele und mein Herz sind so glücklich und still wie dieser alte Garten, nur meine Vernunft empört sich und jammert laut. Wissen möcht ich halt zu gerne noch – wissen!«
Sonntag sah Ratcliffe an. Und der sprach mit klarer Stimme:
»Es seheint zu albern, daß Sie auf beiden Seiten gestanden und sich selber bekämpft haben sollen!«
Bull sprach:
»Ich verstehe nichts, aber ich bin selig. Und die Wahrheit zu gestehen: mich schläferts mit weißer Decke, wies in jenem Liede heißt – –«
»Und ich hinwiederum bin nicht selig«, sprach der Professor, den Kopf in den Händen, »weil ich nichts verstehe. Sie ließen mich ein wenig zu nah aller Hölle tappen.«
Und dann sprach Gogol mit der Einfachheit eines Kindes:
»Ich möchte nur wissen, warum man mir so übel mitgespielt hat.«
Noch sprach Sonntag nichts. Noch saß er nur sein mächtiges Kinn in die Hand gestützt und in die Ferne starrend … Dann aber sprach er: »Ich hab euere Klagen der Reih nach angehört. Aber hier, dünkt mich, kommt ein anderer Kläger, Verklager und Anklagender. Und des Klage sollen wir auch hören.«
Das ersterbende Feuer in der großen Pechpfanne lohte ein letztes Mal auf – wie glühend Gold – und warf einen Schein übers dunkle Gras hin. Und auf diesem feurigen Band schritten tiefschwarz die Beine einer schwarz gekleideten Gestalt her. Ein feiner eng anschließender Anzug mit Kniehosen schien das, einer von jenen, wie ihn all die Dienerschaft des Hauses trug – nur daß er nicht blau war, sondern von einem absoluten Schwarz. Und die Gestalt, die in diesem Anzug steckte, trug, wie die Dienerschaft, etwas wie einen Degen zur Seite … Doch erst wie dieser Jemand in den Halbmondkreis der Sieben eintrat und sein Antlitz erhob, den andern ins Gesicht zu schauen, sah Syme mit zu Boden werfender Deutlichkeit: dieses breite, fast affenhafte Jemandsgesicht gehörte niemand anderm als seinem alten Freunde Gregory mit seinem roten Haar und seinem unverschämten Lächeln.
»Gregory!« japste Syme, und fuhr wieder einmal halb von seinem Sitz auf. »Aber – aber das ist der wahre Anarchist!«
»Sehr richtig«, sprach Gregory mit großer – gefährlicher Zurückhaltung, »ich bin der wahre Anarchist.«
»Nun ward aber ein Tag«, murmelte Bull – der tatsächlich eingeschlafen schien, »daß Gottes Kinder vor ihren Gott hintraten – und Satan war ebenfalls unter ihnen …«
»Sehr – sehr richtig!« sprach Gregory, und musterte und maß all die Umsitzenden. »Ich bin ein Zerstörer. Ich würde die Welt zerstören, wenn ich könnte.«
Tief aus der Erde stand ein Pathos auf und fuhr ein in Syme, also daß er plötzlich und ungestüm ausbrach:
»0 höchstunglücklicher Mann! Versuch doch, glücklich zu sein! Du hast doch das rote Haar deiner Schwester!«
»Mein rotes Haar soll, wie rotes Feuer, die Welt ansengen und versengen!« schrie Gregory. »Ich dachte, ich haßte ein jedes Ding mehr als gewöhnliche Menschen je ein Ding hassen können. Und nun seh ich: ich haßte kein Ding so sehr als ich Sie – Sie – Sie hasse!«
»Ich habe Sie niemals gehaßt, lieber Gregory!« sprach Syme sehr traurig.
Da donnerte aus diesem Unbegreiflichen allgewaltiger letzter Donner hervor:
»Ha!« schrie es. »Ihr habt niemals gehaßt, weil ihr nie gelebt habt! Ich weiß, was ihr allzusammen seid, vom ersten bis zum letzten – ihr seid die Leute, die die Gewalt haben! Ihr seid die Polizei – die großen, fetten, lächelnden Männer in Blau und mit Uniformknöpfen! Ihr seid das Gesetz – und ihr wart nie noch gebrochen! Aber ist wo eine freie, lebende Seele, dies nicht gelüsten sollte, euch zu brechen, nur weil ihr niemals gebrochen wart? Wir Revolutionäre quatschen alle Unsinn über Unsinn zusammen – wie daß Regierung ein Verbrechen sei, ein solches und ein solches … Einfach blödsinnig! Das einzige Verbrechen der Regierung ist, daß sie regiert. Die unverzeihliche Sünde der höchsten Gewalt ist, daß sie die höchste ist. Ich fluche euch nicht, weil ihr grausam seid. Ich fluche euch – nicht (obwohl ich möchte), daß ihr gütig seid. Ich fluche euch darum, daß ihr sicher seid! Ihr sitzt in euern steinernen Sesseln und seid nie aus ihnen aufgestanden. Ihr seid die sieben Engel des Himmels – und ihr habt noch keine unruhige Minute gehabt. Oh – Oh, ich könnte euch alles und jedes verzeihen, ihr, die ihr die ganze Menschheit beherrscht, wenn ich mit einmal gewiß wüßte, daß ihr eine einzige Stunde einmal so in Seelenängsten und Todeskämpfen gerungen habt wie ich ..«
Syme sprang auf. Zitternd vom Kopf bis zu den Füßen –
»Ich sehe ein jedes Ding«, schrie er, »ein jedes Ding, das ist. Warum bekriegt ein Ding das andere Ding auf der Erde? Warum kämpft jedes kleine Ding in der Welt gegen die Welt selber? Warum streitet jede Fliege gegen das ganze Universum? Warum streitet jeder Löwenzahn gegen das ganze Universum? Aus demselbigen Grund, aus dem ich in dem schrecklichen Rat der Tage allein stand! So daß jedes Ding, das dem Gesetz gehorcht, die Gloriole und die Isolation eines Anarchisten verdient. So daß jedermann, der für die Ordnung ficht, ein so braver und guter Mann wie jeder Dynamitheld genannt zu werden verdient. Also daß die Satanslüge in den Schlund dieses Gotteslästerers zurückfahren muß, also daß wir durch Tränen mannigfach und durch Torturen das Kecht uns erworben haben, zu diesem Mann zu sagen »Du lügst!« … Es ist keine Angst und es ist kein Tod, damit wir nicht gerungen hätten, also daß wir gegen diesen СКАЧАТЬ