Название: Die bedeutendsten Maler der Neuen Zeit
Автор: Norbert Wolf
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная прикладная и научно-популярная литература
Серия: marixwissen
isbn: 9783843802390
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Der Klassizismus ist kurz nach der Mitte des 18. Jahrhunderts als »akademischer« oder »archäologischer« Klassizismus in Rom entstanden. 1738 hatten Ausgrabungen in Herculaneum begonnen. Sie und die zehn Jahre später einsetzende Freilegung von Pompeji erweiterten die Kenntnis antik-römischer Malerei. Gleichzeitig propagierte der deutsche Theoretiker Johann Joachim Winckelmann ab 1755 den kulturellen Vorrang des antiken Griechenlands über das alte Rom und »infizierte« den Klassizismus mit dem Ideal der »edlen Einfalt und stillen Größe«. Jenes Leitmotiv entsprach in der Dominanz des Figurenbildes (wobei die Menschen verhalten agieren, kaum Emotionen zeigen), in der Reanimierung mythologischer Inhalte, im »Kult« antikischer Nacktheit, in der Bevorzugung »klassisch-edler« und »reiner« Materialien (in der Bildhauerei weißer Marmor und Bronze) dem hohen sittlichen Anspruch und dem Bildungsgedanken dieser Richtung. Die Baukunst huldigte einem antiken Repertoire (Säulenordnung, Tempelfronten, Proportionslehren usw.), verzichtete auf »malerische« Dekoration (im Inneren verschwinden die großen illusionistischen Fresken) und bevorzugte geometrisch-stereometrische Elemente.
Der »akademische« beziehungsweise archäologische Klassizismus wandelte sich gegen Ende des Jahrhunderts in Frankreich zum »revolutionären« Klassizismus (»Revolutionskunst«), der sowohl in der Malerei – mit dem Hauptvertreter Jacques-Louis David – als auch in der Architektur von einer teilweise rigiden Geometrisierung, immer aber von einem extremen Pathos getragen ist. Schnell freilich wich im Klassizismus die monumentalisierende Formensprache, die auch nach Russland und in die USA abstrahlte, einer bürgerlichen Intimität, sodass Querverbindungen zur Geisteshaltung der Romantik und ihrer Vorläufer möglich wurden.
In vielen Erscheinungen des Malerischen und Stimmungshaften, in einer Mittelaltersehnsucht und einer genussvoll ausgebreiteten Ästhetik des Verfalls (»Ruinenromantik«) bereitete sich gleichfalls seit der Mitte des 18. Jahrhunderts eine »Präromantik« aus, die ein paar Jahrzehnte später in eine Bewegung voller nervöser Energie mündete: In Deutschland bezeichnet man diese Phase als »Sturm und Drang«, mit der man europaweit auch phantastisch geprägte Bilder wie die eines Johann Heinrich Füssli oder William Blake kennzeichnet. Die Malerei schickte sich nun an, die Führungsposition in den bildenden Künsten einzunehmen.
Die Romantik ist, auch wenn eines ihrer Hauptzentren in Deutschland lag, eine gesamteuropäische Erscheinung seit dem späten 18. Jahrhundert. Obwohl die Bild-Verherrlichung Napoleons gelegentlich bereits über das Pathos von Form und Farbe zu einer Art Romantisierung führte, entwickelten sich die Anfänge der französischen Romantik kurz nach 1800 im Widerspruch zu dem von Bonaparte geförderten klassizistischen Stil des »Empire«. Das Werk eines Antoine-Jean Gros oder Théodore Chassériau belegt wie das der beiden Hauptvertreter, Théodore Géricault und Eugène Delacroix, wie sehr die französische Romantik die im übrigen Europa so bevorzugte Gattung der Landschaft beiseite ließ zugunsten des Historienbildes.
In der norddeutschen Romantik, in der Dresdener Schule, bei Caspar David Friedrich – weniger bei Philipp Otto Runge – spielte die Landschaft als Stimmungsträger, als »Empfindungslandschaft«, eine alles überragende Rolle. Die im Vergleich zu Friedrich und Runge künstlerisch heute geringer eingeschätzten »Nazarener« dagegen, der katholische Zweig der deutschen Romantik, legten ihrer angestrebten figurativ ausgerichteten Nationalkunst christlich mittelalterliche Traditionen zugrunde. Für die zumeist sentimentale Gestaltung ihrer nostalgischen und politisch konservativen Themen bevorzugten sie die linear geschlossene Form.
In wechselnder Intensität verbreitete sich die Romantik über ganz Europa, ja auch in den USA. Einige wenige große Einzelne an der Jahrhundertwende beziehungsweise in den ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts, wie John Constable oder die überragende Ausnahmeerscheinung Francisco de Goya, waren stellenweise von der Romantik beeinflusst, ohne dass man sie jedoch dieser Strömung kategorisch zurechnen dürfte.
DAS FORTLEBEN VON KLASSIZISMUS, HISTORISMUS UND ROMANTIK IM 19. JAHRHUNDERT
Der Klassizismus hielt sich in der Architektur noch über weite Strecken des 19. Jahrhunderts, ebenso in der Bildhauerei und im Kunstgewerbe. Auf dem Sektor der Malerei garantierte das lange Wirken des gefeierten Klassizisten Jean-Auguste-Dominique Ingres eine entsprechende Kontinuität.
In den deutschsprachigen Regionen ist der nahtlose Übergang von der Romantik zum Biedermeier zu beobachten. Eine »neue Innerlichkeit« bestimmte hier die Malerei seit den 30erJahren, die nicht als klar formulierter Stil, sondern aus einer geistigen Haltung heraus zu erklären ist. Das Bescheiden-Einfache äußert sich in unpathetischen Kompositionen von kleinem Format für private Räume. Carl Spitzweg ist ein bekanntes Paradigma dieser Haltung.
Im letzten Jahrhundertdrittel zeigt sich Romantisches erneut mit Vehemenz. Zu nennen sind vor allem die Bilder eines Arnold Böcklin sowie die der anderen sogenannten »Deutschrömer«, nämlich eines Hans von Marées, Anselm Feuerbach, des jungen Max Klinger.
Wie in vielen sonstigen Kunstlandschaften, glitt auch in England die spätere romantische Malerei gerne in einen schwärmerischen Historismus und in einen damit verbundenen Eskapismus, eine »Flucht« vor den brisanten Zeitproblemen, ab und suchte in theatralischen Inszenierungen (in denen man sich mit der akademischen und der Salonmalerei des 19. Jahrhunderts traf), den nicht zuletzt aus handwerklicher Routine geborenen Verlust gedanklicher Tiefe auszugleichen. Allerdings war es vorher, circa 1800–1840, zu einem unvergleichlichen Aufschwung englischer Landschaftsmalerei gekommen. Sie verwandelte die objektiven Gegebenheiten des Naturvorbildes in eine Phänomenwelt des erlebenden Subjekts. Zu nennen wären beispielsweise John Crome, Richard Parkes Bonington oder John Sell Cotman. Sie alle gingen zumeist von der topographischen Wirklichkeit aus, tauchten diese aber in eine von Licht und Atmosphäre beherrschte malerische Textur. Im Unterschied zu den Lichtvisionen Claude Lorrains aus dem 17. Jahrhundert, die für viele von ihnen bewunderte Vorbilder waren, verzichteten sie auf eine metaphysische Interpretation derartiger Phänomene, vielmehr kennzeichneten sie diese als Ergebnis physikalischer Gesetze und als Resultat subjektiven Erlebens. Demgemäß öffneten sich von hier aus gleichermaßen die Wege zu einer eher romantischen wie zu einer eher realistischen Landschaftsmalerei. Aus dieser Schule der englischen Landschafts- und Aquarellmalerei wuchs auch das einzigartige Werk William Turners heraus, dessen in Farbe und Licht aufgelösten Bilder von John Ruskin, dem führenden Kunsttheoretiker der Romantik in England, 1843 in seinem Buch »Modern Painters« gegen Spötter verteidigt wurden.
In Frankreich hallt das romantische Echo noch in der Landschaftsmalerei der den Impressionismus vorbereitenden Schule von Barbizon (Théodore Rousseau, Camille Corot, Charles-François Daubigny und andere) oder in einigen, mit dem Namen Jean-François Millet (ebenfalls eng mit der Schule von Barbizon liiert) verbundenen Werken nach.
DER REALISMUS (AB 1840/50)
Mit der englischen Landschaftsmalerei um 1800, mit bestimmten Künstlern und Richtungen der Romantik und des Klassizismus, mit so manchem Einzelgänger an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, waren formal bereits ausgesprochen naturalistische Haltungen verknüpft gewesen, die um 1840/50 fortgesetzt und zum sogenannten Realismus intensiviert wurden.
Die Realisten verwahrten sich in der Regel gegen die Wiedergabe von Träumereien, Phantasien, Poesie und Imagination, was ihnen den Vorwurf des Materialismus eintrug. Die Grundüberzeugung lautet, der Künstler habe unbeschönigt die Wahrheit auszusprechen, was den Gegnern das böse Wort von der »Schule der Hässlichkeit« in den Mund legte. Der Künstler solle seine Motive nicht der Vergangenheit entnehmen, sich vielmehr als Augenzeuge um Gegenwärtiges kümmern – die intendierte »Immanenz« musste sich formal keineswegs in strikter Naturtreue spiegeln, sie konnte sich durchaus auch recht frei gehandhabter, stilisierender Gestaltungsprinzipien bedienen.
Die СКАЧАТЬ