Gesammelte Werke von Gustave Flaubert. Гюстав Флобер
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke von Gustave Flaubert - Гюстав Флобер страница 67

Название: Gesammelte Werke von Gustave Flaubert

Автор: Гюстав Флобер

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027209903

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СКАЧАТЬ … Wichtiges, Ernstes! Ach, Sie dürfen noch nicht heimfahren! Nein! Das ist unmöglich! Wenn Sie wüßten … Hören Sie mich doch an … Sie haben mich doch verstanden? Ahnen Sie denn nicht …«

      »Sie haben es doch ziemlich deutlich gesagt!«

      »Ach, scherzen Sie nicht! Das ertrag ich nicht! Haben Sie Mitleid mit mir! Ich möchte Sie noch einmal sehen … einmal … ein einziges …«

      »Es sei!« Sie hielt inne. Dann aber, als besänne sie sich anders, sagte sie: »Aber nicht hier!«

      »Wo Sie wollen!«

      Sie dachte bei sich nach, dann sagte sie kurz:

      »Morgen um elf in der Kathedrale!«

      »Ich werde dort sein«, rief er aus und griff hastig nach ihren Händen. Sie entzog sie ihm.

      Und wie sie beide aufrecht dastanden, sie mit gesenktem Kopf vor ihm, da beugte er sich über sie und drückte einen langen Kuß auf ihren Nacken.

      »Sie sind toll! Ach, Sie sind toll!« rief sie und lachte mit einem eigentümlichen tiefen Klange leise auf, während er ihren Hals immer noch mehr mit Küssen bedeckte. Dann beugte er den Kopf über ihre Schulter, als wolle er in den Augen ihre Zustimmung suchen. Da traf ihn ein eisiger stolzer Blick.

      Er trat drei Schritte zurück, der Türe zu. Auf der Schwelle blieb er stehen und stammelte mit zitternder Stimme:

      »Auf Wiedersehn morgen!«

      Sie nickte und verschwand, leise wie ein Vogel, im Nebenzimmer.

      Am Abend schrieb sie Leo einen endlosen Brief, in dem sie die Verabredung zurücknahm. Es sei alles aus, und es wäre zum Wohle beider, wenn sie sich nicht wiedersähen. Aber als der Brief fertig war, fiel ihr ein, daß sie doch seine Adresse gar nicht wußte. Was sollte sie tun?

      »Ich werde ihm den Brief selbst geben,« sagte sie sich, »morgen, wenn er kommt.«

      Am andern Morgen stand Leo schon früh in der offnen Balkontüre, reinigte sich eigenhändig seine Schuhe und sang leise vor sich hin. Er machte es sehr sorgfältig. Dann zog er ein weißes Beinkleid an, elegante Strümpfe, einen grünen Rock, und schüttete seinen ganzen Vorrat von Parfüm in sein Taschentuch. Er ging zum Coiffeur, zerstörte sich aber hinterher die Frisur ein wenig, weil sein Haar nicht unnatürlich aussehen sollte.

      »Es ist noch zu zeitig«, sagte er, als er auf der Kuckucksuhr des Friseurs sah, daß es noch nicht neun Uhr war.

      Er blätterte in einem alten Modejournal, dann verließ er den Laden, zündete sich eine Zigarre an, schlenderte durch drei Straßen, und als er dachte, es sei Zeit, ging er langsam zum Notre-Dame-Platze.

      Es war ein prächtiger Sommermorgen. In den Schaufenstern der Juweliere glitzerten die Silberwaren, und das Licht, das schräg auf die Kathedrale fiel, flimmerte auf den Bruchflächen der grauen Quadersteine. Ein Schwarm Vögel flatterte im Blau des Himmels um die Kreuzblumen der Türme. Über den lärmigen Platz wehte Blumenduft aus den Anlagen her, wo Jasmin, Nelken, Narzissen und Tuberosen blühten, von saftigen Grasflächen umrahmt und von Beeren tragenden Büschen für die Vögel. In der Mitte plätscherte ein Springbrunnen, und zwischen Pyramiden von Melonen saßen Hökerinnen, barhäuptig unter ungeheuren Schirmen, und banden kleine Veilchensträuße.

      Leo kaufte einen. Es war das erstemal, daß er Blumen für eine Frau kaufte; und das Herz schlug ihm höher, wie er den Duft der Veilchen einatmete, als ob diese Huldigung, die er Emma darbringen wollte, ihm selber gölte. Er fürchtete, beobachtet zu werden, und rasch trat er in die Kirche.

      Auf der Schwelle der linken Türe des Hauptportals unter der ›Tanzenden Salome‹ stand der Schweizer, den Federhut auf dem Kopf, den Degen an der Seite, den Stock in der Faust, würdevoller als ein Kardinal und goldstrotzend wie ein Hostienkelch. Er trat Leo in den Weg und fragte mit jenem süßlich-gütigen Lächeln, das Geistliche anzunehmen pflegen, wenn sie mit Kindern reden:

      »Der Herr ist gewiß nicht von hier? Will der Herr die Sehenswürdigkeiten der Kathedrale besichtigen?«

      »Nein!«

      Leo machte zunächst einen Rundgang durch die beiden Seitenschiffe und kam zum Hauptportal zurück. Emma war noch nicht da. Er ging abermals bis zum Chor.

      Teile des Maßwerks und der bunten Fenster spiegelten sich in den gefüllten Weihwasserbecken. Das durch die Glasmalerei einfallende Licht brach sich an den marmornen Kanten und breitete bunte Teppichstücke über die Fliesen. Durch die drei geöffneten Türen des Hauptportals flutete das Tageslicht in drei mächtigen Lichtströmen in die Innenräume. Dann und wann ging ein Sakristan hinten am Hochaltar vorüber und machte vor dem Heiligtum die übliche Kniebeugung der eiligen Frommen. Die kristallenen Kronleuchter hingen unbeweglich herab. Im Chor brannte eine silberne Lampe. Aus den Seitenkapellen, aus den in Dunkel gehüllten Teilen der Kirche vernahm man zuweilen Schluchzen oder das Klirren einer zugeschlagenen Gittertür, Geräusche, die in den hohen Gewölben widerhallten.

      Leo ging gemessenen Schrittes hin. Niemals war ihm das Leben so schön erschienen. Nun mußte sie bald kommen, reizend, erregt und stolz auf die Blicke, die ihr folgten, in ihrem volantbesetzten Kleid, mit ihrem goldnen Lorgnon, ihren zierlichen Stiefeletten, in all der Eleganz, die er noch nie gekostet hatte, und all dem unbeschreiblich Verführerischen einer unterliegenden Tugend. Und um sie die Kirche, gleichsam ein ungeheures Boudoir. Die Pfeiler neigten sich, um die im Dunkel geflüsterte Beichte ihrer Liebe entgegenzunehmen. Die farbigen Fenster leuchteten, ihr schönes Gesicht zu verklären, und aus den Weihrauchgefäßen wirbelten die Dämpfe, damit sie wie ein Engel in einer Wolke von Wohlgerüchen erscheine.

      Aber sie kam nicht. Er setzte sich in einen der hohen Stühle, und seine Blicke fielen auf ein blaues Fenster, auf das Fischer mit Körben gemalt waren. Er betrachtete das Bild aufmerksam, zählte die Schuppen der Fische und die Knopflöcher an den Wämsen, während seine Gedanken auf der Suche nach Emma in die Weite irrten….

      Der Schweizer ärgerte sich im stillen über den Menschen, der sich erlaubte, die Kathedrale allein zu bewundern. Er fand sein Benehmen unerhört. Man bestahl ihn gewissermaßen und beging geradezu eine Tempelschändung.

      Da raschelte Seide über die Fliesen. Der Rand eines Hutes tauchte auf, eine schwarze Mantille. Sie war es. Leo eilte ihr entgegen.

      Sie war blaß und kam mit schnellen Schritten auf ihn zu.

      »Lesen Sie das!« sagte sie und hielt ihm ein Briefchen hin. »Nicht doch!«

      Sie riß ihre Hand aus der seinen und eilte nach der Kapelle der Madonna, wo sie in einem Betstuhle zum Gebet niederkniete.

      Leo war über diesen Anfall von Bigotterie zuerst empört, dann fand er einen eigentümlichen Reiz darin, sie während eines Stelldicheins in Gebete vertieft zu sehen wie eine andalusische Marquise, schließlich aber, als sie gar nicht aufhören wollte, langweilte er sich.

      Emma betete, oder vielmehr sie zwang sich zum Beten in der Hoffnung, daß der Himmel sie mit einer plötzlichen Eingebung begnaden würde. Um diese Hilfe des Himmels herabzuschwören, starrte sie auf den Glanz des Tabernakels, atmete sie den Duft der weißen Blumen in den großen Vasen, lauschte sie auf die tiefe Stille der Kirche, die ihre innere Aufregung nur noch steigerte.

      Sie erhob sich und wandte sich dem Ausgang zu. Da trat der Schweizer rasch auf sie zu:

      »Gnädige СКАЧАТЬ