Gesammelte Werke von Gustave Flaubert. Гюстав Флобер
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Название: Gesammelte Werke von Gustave Flaubert

Автор: Гюстав Флобер

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788027209903

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СКАЧАТЬ prächtiger Mensch!« wiederholte sie.

      »Gewiß!« bestätigte der Adjunkt.

      Er begann dann von Frau Homais zu sprechen, über deren sehr nachlässige Kleidung sich die beiden sonst häufig amüsierten.

      »So schlimm ist es gar nicht!« behauptete Emma heute. »Eine gute Hausfrau kann sich nicht bloß um ihre Toilette kümmern.«

      Dann versank sie in ihr früheres Stillschweigen.

      So blieb sie auch an den folgenden Tagen. Ihre Sprache, ihr Benehmen, ihr ganzes Wesen waren wie verwandelt. Sie kümmerte sich um ihr Haus, ging wieder regelmäßig in die Kirche und hielt ihr Dienstmädchen strenger.

      Die kleine Berta wurde aus der Ziehe zurückgeholt. Wenn Besuch kam, brachte Felicie das Kind herein, und Frau Bovary zeigte, was für stramme Beinchen es hatte. Sie beteuerte, Kinder hätte sie über alles gern; das ihre sei ihr Trost, ihre Freude, ihr Glück. Dabei liebkoste sie es unter einem Schwall von schwärmerischen Tiraden, die jeden Literaturfreund – die biederen Yonviller waren keine! – an die Sachette in Viktor Húgos »Notre-Dame« erinnert hätten.

      Wenn Karl heimkam, fand er seine Hausschuhe gewärmt am Kamine stehen, seine Westen hatten kein zerrissenes Futter mehr, und an seinen Hemden waren die Knöpfe immer vollzählig. Er hatte sogar das Vergnügen, seine Hüte und Mützen wohlgeordnet im Schranke hängen zu sehen. Emma lehnte es mit einem Male nicht mehr ab, ihn zu einem kleinen Rundgang in den Garten zu begleiten. Sie war mit jedem Vorschlage, den Karl machte, sofort einverstanden; selbst wenn sie den Zweck nicht recht einsah, fügte sie sich ohne Murren. Wenn Leo die beiden nach Tisch so sah: ihn am Kamin, die Hände über dem Bauche gefaltet, die Füße behaglich gegen die Glut gestemmt, die Backen noch rot vom Mahle und die Äuglein in eitel Wonne schwimmend, vor sich das Kind, das auf dem Teppich herumrurschte, und daneben die feinlinige schlanke Frau, wie sie sich über die Lehne seines Großvaterstuhls beugte und ihm einen Kuß auf die Stirn gab, – dann sagte er sich:

      »Ich Narr! Nie wird sie die meine werden!«

      Sie kam ihm ebenso vollkommen wie unnahbar vor, und ihm schwand jede, auch die leiseste Hoffnung. In seiner Resignation begann er sie zu vergöttern. Allmählich verlor sie in seinen Augen ihre Körperlichkeit, die nun einmal doch für ihn nicht da war. Vor seiner Phantasie schwebte sie immer höher, umstrahlt von einer Gloriole. Seine reine Liebe hatte nichts mehr mit seinem Alltagsleben zu tun; sie ward zu einem Heiligenkult, dessen Verlust mehr Schmerz bereitet, als der körperliche Besitz der Geliebten Genuß gewährt.

      Emma magerte ab, ihre Wangen verloren die Farbe, ihr Gesicht wurde schmächtiger. Mit ihrem schwarzen gescheitelten Haar, ihren großen Augen, ihrer gerade geschnittenen Nase, ihrem Vogelgange und ihrer jetzigen Schweigsamkeit schien sie durchs Leben zu schreiten, ohne den Erdboden zu berühren, und es war, als trüge sie auf der Stirne das geheimnisvolle Mal einer höheren Bestimmung. Sie war so traurig und so still, so sanft und dabei so unnahbar, daß man ihre Gegenwart wie eine eiskalte Wonne empfand. Geradeso mischt sich in den Kirchen in den Duft der Rosen die Kälte des Marmors, so daß man zusammenschauert. Es lag ein seltsamer Zauber darin, dem niemand entrann.

      »Sie ist eine Frau großen Stils,« sagte der Apotheker einmal, »sie müßte einen Minister zum Manne haben!«

      Die Spießbürger rühmten ihre Sparsamkeit, die Patienten ihr höfliches Wesen, die armen Leute ihren milden Sinn.

      Innerlich aber war sie voller Begierden, voll Grimm und Haß. Hinter ihrem klösterlichen Kleid stürmte ein weltverlangendes Herz, und ihre keuschen Lippen verheimlichten alle Qualen der Sinnlichkeit. Sie war in Leo verliebt. Sie suchte die Einsamkeit, um in der Vorstellung ungestört zu schwelgen. Diese Wollust der Träume ward ihr durch den leibhaftigen Anblick des Geliebten nur gestört. Beim Hören seiner Tritte zitterte sie. Sobald er aber eintrat, verflog diese Erregung, und sie fühlte nichts als namenlose Verwunderung und tiefe Schwermut.

      Leo ahnte nicht, daß Emma ans Fenster eilte, um ihm nachzusehen, wenn er entmutigt von ihr gegangen war. Voller Unruhe beobachtete sie alle seine Bewegungen und forschte in seinen Augen. Sie erfand einen ganzen Roman, nur um einen Vorwand zu haben, sein Zimmer einmal zu sehen. Die Apothekerin erschien ihr beneidenswert, weil sie mit ihm unter einem Dache schlafen durfte. Ihre Gedanken ließen sich immer wieder auf seinem Hause nieder, just wie die Tauben vom Goldnen Löwen, die hingeflogen kamen, um ihre roten Stelzen und weißen Flügel in der Dachrinne zu netzen.

      Je klarer sich Emma ihrer Leidenschaft bewußt ward, um so mehr drängte sie sie zurück. Ihre Liebe sollte unsichtbar und klein bleiben. Wohl war es ihr Sehnen, daß Leo die Wahrheit bemerke; sie erträumte sich Zufälle und Katastrophen, die dies herbeiführten. Aber ihre Passivität, die Angst vor der Entscheidung und auch ihr Schamgefühl hielten sie zurück. Sie bildete sich ein, sie hätte sich ihn bereits allzusehr entfremdet, es wäre nun zu spät und alles sei verloren. Und dann sagte sie sich voll Stolz und Freude: »Ich bin eine anständige Frau geblieben!« Sie stellte sich vor den Spiegel in der Pose der Resignation. Das tröstete sie ein wenig ob des Opfers, das sie zu bringen wähnte.

      Ihre unbefriedigte Sinnlichkeit, ihre Lüsternheit nach Reichtum und Luxus und ihre schwermütige Liebe ergaben alles in allem ein einziges Weh. Statt aber ihre Gedanken andern Dingen zuzuwenden, verlor sie sich immer mehr in dieses Leid, gefiel sich darin und trug es in alle Einzelheiten ihres Lebens. Ein ungeschickt serviertes Gericht, eine offengelassene Türe brachte sie in Aufregung. Ein hübsches Kleid, das sie nicht haben konnte, ein Vergnügen, auf das sie verzichten mußte, machte sie unglücklich. Weil sich ihre kühnen Träume nicht erfüllten, ward ihr das Haus zu eng.

      Daß Karl keine Dulderin in ihr sah, das empörte sie am allermeisten. Seine felsenfeste Überzeugung, daß er seine Frau glücklich mache, dünkte sie Beschränktheit, Beleidigung, Undankbarkeit. Für wen war sie denn so vernünftig? War es nicht gerade Karl, der sie von jedwedem Glück trennte? War nicht er der Anlaß all ihres Elends, das Schloß an der Tür ihres qualvollen Käfigs?

      So häufte sie auf ihn alle Bitternisse ihres Herzens. Jeder Versuch, diese Verstimmungen zu bekämpfen, verschlimmerten sie nur. Denn die vergebliche Mühe machte sie noch mutloser und entfernte sie noch mehr von ihrem Manne. Gerade seine Gutmütigkeit reizte sie zur Rebellion. Die Spießerlichkeit ihrer Wohnung verlockte sie zu Utopien von Pracht und Herrlichkeit, und die ehelichen Freuden zu ehebrecherischen Gelüsten. Sie bedauerte es, daß Karl sie nicht schlecht behandelte; dann hätte sie gerechten Anlaß gehabt, sich an ihm zu rächen. Zuweilen freilich erschrak sie vor den Irrwegen, auf die sie in Gedanken geriet. Und immer mußte sie lächeln, wenn sie in einem fort hörte, daß sie glücklich sei, oder wenn sie sich gar selber noch Mühe gab, so zu tun und die Leute in ihrem Glauben zu lassen.

      Manchmal hatte sie diese Komödie satt. Sie fühlte sich versucht, mit dem Geliebten auf und davon zu gehen, irgendwohin, weit, weit fort, wo ein andrer Stern ihrer harrte. Zugleich jedoch drohten ihr in Gedanken riefe, dunkle Abgründe.

      »Er liebt mich ja gar nicht mehr!« sagte sie sich. »Was soll da aus mir werden? Welche Zuflucht, welcher Trost, welche Erleichterung bleibt mir noch?«

      Gebrochen, fiebernd, halbtot schluchzte sie leise vor sich hin, unter endlosen Tränen.

      »Warum sagt es die gnädige Frau nicht dem Herrn Doktor?« fragte das Dienstmädchen, als es einmal während eines solchen Anfalles ins Zimmer kam.

      »Ach was! Ich bin nervös!« erklärte Emma. »Daß du ihm ja nichts davon erzählst! Du würdest ihn nur beunruhigen.«

      »Ach Gott«, meinte Felicie. »Der Tochter des alten Fischers Guérin aus Pollet, einer Bekannten von mir in Dieppe, wo ich vorher gedient habe, der ging es ganz genau so. War die trübsinnig! Schrecklich trübsinnig! СКАЧАТЬ