Die großen Ordensgründer. Anton Grabner-Haider
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Название: Die großen Ordensgründer

Автор: Anton Grabner-Haider

Издательство: Bookwire

Жанр: Религиозные тексты

Серия: marixwissen

isbn: 9783843802307

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      In seinen frühen Werken war Hieronymus ein Anhänger der allegorischen Bibelauslegung, wie die Stoiker sie kannten. Dabei wurde hinter dem wörtlichen Sinn der Bibel noch ein spiritueller und moralischer Sinn gesucht und gefunden. Später suchte er mehr nach dem wörtlichen und grammatischen Sinn der Texte. Er glaubte, dass die Bibel vom göttlichen Geist erfüllt und daher ganz ohne Irrtum sei, was indes für die tatsächlichen Handschriften und Übersetzung aus seiner Sicht nicht in gleicher Weise zutraf. Für das christliche Leben seien die göttliche Gnade und der freie Wille der Menschen notwendig, denn unser Wille stütze sich immer auf die göttliche Gnadenkraft. Kein Mensch könne ganz ohne Sünde leben, betonte er gegen den britannischen Mönch Pelagius. Die Verkündigung der Bischöfe sei die sichere Quelle der Wahrheit, auf dem Stuhl des heiligen Petrus sei die ganze Kirche gegründet worden. Doch der monarchische Episkopat sei kein göttliches Recht, er sei vielmehr durch kirchliche Gesetze eingeführt worden, um Spaltungen zu verhindern. Der Vorrang der Bischöfe und Presbyter vor den Laienchristen beruhe nur auf einem Gewohnheitsrecht und sei nicht von Gott verfügt.

      Aurelius Augustinus (354–430)

       Vom Manichäer zu deren Bekämpfer

      Dieser Theologe und Bischof wurde im Jahr 354 in Numidien geboren, sein Vater war Nichtchrist, seine Mutter bereits getaufte Christin. Er absolvierte seine Studien der lateinischen Sprache und Grammatik, sowie seine Ausbildung zum Rhetor in Madaura und Karthago. In jener Hauptstadt der römischen Provinz Africa erhielt er zuerst eine Anstellung als Redner, doch bald zog er in die Kaiserstadt Rom, um dort als Rhetor tätig zu sein. Danach wurde er Rhetoriklehrer in der neuen Residenzstadt des Kaisers, Mailand (Mediolanum). Dort hörte er die Predigten des Bischofs Ambrosius und wurde vom neuplatonisch geprägten Christentum immer mehr angezogen. Die Lehren der Manichäer und der platonischen Skeptiker konnten ihn damals nicht mehr befriedigen. So trennte er sich von seiner Konkubine und seinem Sohn Adeodatus und wurde in der Osternacht des Jahres 387 in Mailand getauft.

      Nach seiner Taufe zum Christen gab er seinen Rhetorikberuf auf und kehrte in die Heimatprovinz Africa zurück. Auf einem vom Vater geerbten Landgut in Tagaste begann er nun mit Freunden, in einer Gemeinschaft von Asketen zu leben. Im Jahr 391 wurde er in der Stadt Hippo Regius zum Presbyter geweiht und fünf Jahre später hier zum Bischof gewählt. Fortan lebte er in dieser Stadt mit seinen Presbytern in einer geistlichen Gemeinschaft zusammen. Sie befolgten Zeiten des Gebets und des Fastens, der Meditation und des Studiums der Heiligen Schriften. Als Rhetor war Augustinus ein Meister der christlichen Predigt, gleichzeitig verfasste er viele spirituelle und theologische Schriften. Sein Einfluss war in der ganzen Provinz Africa zu erkennen, denn er kämpfte entschieden gegen die Manichäer, die Pelagianer und die Arianer.

       Auf die Gottesliebe kommt es an!

      Für ihn war das neuplatonische Christentum, das er in Mailand kennengelernt hatte, der Höhepunkt der göttlichen Wahrheit. Seine Lehren sind für die lateinische Kirche überaus wichtig geworden, gilt er doch als der Vordenker eines geschlossenen Glaubenssystems, das er vom griechischen Philosophen Plato übernommen hatte. Mit seinen Schriften hat er auch das spirituelle Leben der Mönche und Nonnen nachhaltig geprägt und geformt. Für ihn war Gott ein unfassbares Geheimnis, dem die Gläubigen sich im Glauben und in der Liebe zuwenden. Wer in der Gottesliebe (amor Dei) voranschreitet, legt seine Selbstliebe (amor sui) langsam ab.4

      Das Leben der gottgeweihten Männer und Jungfrauen sei ein besonderer Weg der moralischen Vollkommenheit, denn sie leben in der inneren Bekehrung und in der Fülle des Lebens. Als gottbegeisterte Pneumatiker seien sie auf mystische Weise mit dem Leben der göttlichen Dreiheit (Trinität) verbunden. Und als neue Menschen sollten sie die Charismen (Gnadengaben) der Verkündigung des Glaubens, der Heilung und des Trostes leben.

      Aurelius Augustinus hat eine lange geistige Entwicklung durchlaufen. Zuerst lehnte er die Religion seiner Mutter als Ammenmärchen ab. Als er Ciceros Werk »Hortensius« las, erwachte in ihm die Liebe zur Philosophie. Er lernte Schüler des persischen Lehrers Mani kennen und wurde ihr Anhänger. Nach dieser Lehre kämpfen im Kosmos die Kräfte des Guten gegen die Mächte des Dunklen, wobei die Menschen in diesen Kampf eingespannt seien. Zuerst war Augustinus von dieser asketischen Lehre fasziniert, doch später befriedigte sie sein Suchen nicht mehr. Die platonischen Skeptiker gaben seinem Leben keinen festen Halt, weswegen er die Predigten des Bischofs Ambrosius hörte. Nun ahnte er die bleibenden Wahrheiten, von denen schon Plato gesprochen hatte. Er fand sie in den Lehren des Christentums, die ihn fortan stark beschäftigten. In dieser Zeit des Suchens las er auch die »Vita Antonii« des Bischofs Athanasios und lernte darin die asketischen Gemeinschaften Ägyptens kennen. Dabei reifte in ihm der Entschluss zum asketischen Leben.

      Bei seiner Suche griff Augustinus zu einem Buchorakel, das ihn zum Lesen in der christlichen Bibel einlud. Er las einen Text von Paulus: »Es ist Zeit, vom Schlaf aufzustehen, die Werke des Fleisches abzulegen und Christus anzuziehen« (Röm 13,13–15). Mit 32 Jahren gab er seinem Leben eine letzte Wende: Er wurde Christ, Presbyter und Bischof und lebte in einer asketischen Lebensgemeinschaft. Als Bischof musste er predigen und die Sakramente spenden, er musste Recht sprechen und die Güter der Kirche verwalten, sowie die Armenhilfe der Stadt organisieren.5

      Der Bischof Aurelius Augustinus hat uns ein Werk von 113 Büchern und 218 Briefen hinterlassen. Als die Vandalen Hippo im Jahr 430 belagerten, starb er. In seinen »Bekenntnissen« hat er seinen Lesern bis heute Einblick in seine innere Entwicklung gegeben. Er entdeckte Gott in den Tiefen seiner Seele und in den Höhen des Kosmos. Es war die mystische Erfahrung, die ihn dem Göttlichen nahe brachte. Die Gottesliebe, die sich immer in konkreter Nächstenliebe zeigt, sollte sein Leben bestimmen. Der Mystiker liebt seine Mitmenschen um des Schöpfers willen. Die ekstatische Gotteserfahrung ist nur kurz, doch sie prägt das mystische Leben. Weil der Gottsucher am Ende seines Weges Gott sieht, löst er sich von den Bindungen an diese Welt.

       »Weil ich zweifle, bin ich.«

      Von besonderem Interesse ist Augustinus’ Überwindung der platonischen Skepsis. Alles zu bezweifeln, war nicht seine Sache, er suchte einen festen Punkt für sein Denken und Glauben – eine letzte Gewissheit: »Weil ich zweifle, bin ich« (dubito, sum). Auch wenn alle Erkenntnis unsicher sein sollte, die eigene Existenz ist uns immer gewiss. Denn zuerst muss ich existieren, damit ich zweifeln kann. In gewisser Weise hat Augustinus damit den methodischen Zweifel von René Descartes und dessen berühmten Satz: »Ich denke, also bin ich« (cogito, ergo sum), vorweggenommen. Durch den Rückzug auf die Innerlichkeit lässt sich Gottes Existenz ergründen. Wenn es Wahrheit gibt, muss Gott als höchstes Wesen existieren, doch das Wesen der Gottheit können wir mit unserem begrenzten Verstand nie ausschöpfen. Wir können nur sagen, was Gott nicht ist. Denn alles Positive, das wir über ihn sagen, wird unendlich überschritten (Deus semper maior).

      Unser Wissen gewinnen wir immer durch göttliche Erleuchtung, unsere eigene Anstrengung reicht dafür nicht aus. Unsere guten Taten tun wir durch das Wirken der göttlichen Gnadenkraft, denn durch die Erbsünde sind wir Menschen durch und durch zum Bösen geneigt. Gottes Wille bestimmt das Schicksal aller Menschen (praedestinatio): Die einen sind zum ewigen Heil, die anderen zum ewigen Verderben bestimmt. Wir können Gott deswegen keinen Vorwurf machen, denn er handelt wie ein autonomer römischer Familienvater (pater familias). Das Böse in der Welt sei nur ein Mangel des Guten, dem aber kein Wesen zukomme.6

      In der Welt stehen sich immer die Gottesliebe und die Selbstliebe gegenüber: Menschen der Gottesliebe prägen das Reich Gottes (civitas Dei), Menschen der Selbstliebe formen den Weltstaat (civitas terrena). Weil wir Menschen nach dem Glück СКАЧАТЬ