Die Herrscher und Gestalten des Mittelalters. Reinhard Pohanka
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СКАЧАТЬ Männern verursacht sind. Christine beschreibt verschiedene Frauen in der Geschichte, die Heere siegreich geführt und Staaten gerecht und weise gelenkt hatten. Sie nennt auch Frauen, die sich durch Keuschheit und Gehorsam gegen ihre Eltern und Ehemännern ausgezeichnet oder aus Liebe zu Gott den Märtyrertod erlitten hatten. Ihre Heldinnen fand sie im Alten Testament, unter den christlichen Heiligen, in Ovids Metamorphosen und
Boccaccios Decamerone.

      Besonders kritisch setzte sich Christine de Pizan mit dem französischen Dichter

Jean de Meung auseinander, der im »Rosenroman« ein negatives Frauenbild vertritt. Sie kämpfte gegen die Lehre von der geistigen und moralischen Minderwertigkeit der Frauen und gründete den »Court amoureuse«, ein Minnegericht.

      Im Jahre 1418 verließ sie Paris, enttäuscht von den Zwistigkeiten zwischen König Karl VI. und dem Dauphin Karl VII. und nicht mehr auf ein Ende des 100-jährigen Krieges hoffend. Sie zog sich zu ihrer Tochter Marie in das Kloster der Dominikanerinnen von Saint-Louis in Poissy zurück.

      Nach elf Jahren im Kloster beendete Christine am 31. Juli 1429 ihr letztes Werk, ein Gedicht über Johanna von Orléans, die als Kriegerin die männliche Meinung, Gott hätte den Geschlechtern unterschiedliche Aufgaben zugeteilt, im Sinne Christines widerlegte, indem sie bewies, dass auch Frauen kämpfen und dass sie erfolgreichere Heerführer als Männer sein können.

      Christine de Pizan starb 1430 oder 1431 im Nonnenkloster von Poissy, den Prozess und den Tod der Johanna von Orléans hat sie vermutlich nicht mehr erlebt. Ihre Werke wurden wegen der großen Nachfrage 1440 ins Englische, um 1450 ins Portugiesische und 1475 ins Flämische übersetzt.

      Frauen im Mittelalter hatten zwar keine rechtliche Gleichstellung mit Männern, waren aber in vielen Sparten unternehmerisch und künstlerisch tätig. Christine de Pizan war nicht die erste Schriftstellerin des Mittelalters, sie hat aber als erste Frau im Mittelalter das Problem der Gleichstellung der Frau thematisiert und gilt als die erste Frauenrechtlerin in der neueren Geschichte. In ihrer Zeit stand sie allein, ihr Kampf für die Frauen und deren Gleichberechtigung brachte im Mittelalter noch keine nachhaltige Änderung im Rollenbild. Erst Ende des 19. Jahrhunderts erinnerte man sich an ihre Werke, die Bewegung der Frauenrechtlerinnen und Suffragetten griff unter anderem auf die Ideen von Christine de Pizan zurück.

      JACQUES COEUR

      (1400–1456)

      Er war neben seinem König Karl VII. der mächtigste Mann Frankreichs, unermesslich reich, aber auch angefeindet wegen seines Besitzes. Selbst sein König neidete ihm seinen Reichtum, nahm ihm alles in einem zweifelhaften Prozess und verurteilte ihn zum Tode.

      Jacques Coeur wurde 1400 in Bourges geboren, sein Vater war Kürschner. Schon in seiner Kindheit war Jacques in der Nähe der Mächtigen. Nur zwei Straßen von seinem Geburtshaus stand das Palais des Jean, Herzog du Berry, berühmt wegen seines Reichtums und Kunstsinnes, und gegenüber das Haus des Schatzmeisters des Herzogs.

      Als Jacques Coeur 15 Jahre alt war, entschied sich seine Karriere. Frankreich unterlag in der Schlacht von Azincourt dem englischen König Heinrich V., die Niederlage war katastrophal. Tausende französische Ritter wurden von den englischen Langbogenschützen hingemetzelt. In der Folge stießen die Engländer weiter nach Frankreich vor und besetzten Paris, der Dauphin Karl VII. musste fliehen und ließ sich in Bourges nieder. Der französische Hof mit seinem Geld- und Luxusbedarf führte zu einer rasanten Entwicklung der Stadt. Es gab zwölf Wechselstuben oder Börsen in der Stadt, und der junge Jacques Coeur wurde von einer davon zum Leiter bestellt. Diesen Posten verdankte er dem Münzmeister und Bürgermeister von Bourges, dessen Tochter er 1421 geheiratet hatte.

      1429 gründete er mit den Brüdern Godard eine Handelsgesellschaft und reiste 1432 in die Levante und nach Damaskus, um Geschäfte zu machen. Auf der Rückkehr nach Frankreich erlitt er im Golf von Calvi vor Korsika Schiffbruch, wurde gefangen genommen und gegen ein geringes Lösegeld wieder freigelassen, was darauf hindeutet, dass er zu dieser Zeit nur eine geringe Bekanntheit besessen hat.

      In den nächsten Jahren machte er Karriere. Er kaufte den Genuesen ein Schiff ab, ließ es kopieren und nachbauen, er erwarb Anteile an Banken, Bergwerken und beteiligte sich an Handelsunternehmen. Man wurde bei Hof auf seine Finanzkünste aufmerksam. Er wurde zum Berater von Agnes Sorel, der Mätresse des französischen Königs Karl VII., er bekam das Salzmonopol übertragen, wurde Staatskommissar für die Finanzen des Languedoc, Münzmeister des Königs und 1436 Finanzminister Frankreichs. Er reorganisierte die Finanzen des Reiches und finanzierte den erfolgreichen Krieg gegen England, führte den Goldstandard ein und stabilisierte die französische Währung. Er verstand es, ganz Frankreich mit einem Handelsnetz zu überziehen, und hatte auch keine Scheu, mit den »Ungläubigen« Handel zu treiben, für die er eigene Handelsposten einrichten ließ. Seine Haupteinnahmequelle blieb aber das Wechselgeschäft mit den unterschiedlichen Werten der einzelnen Währungen. Hier war er ein Meister, mit den geringfügigen Wechselkurs- und Qualitätsschwankungen der Münzen ein Vermögen für seinen König, und auch für sich selbst, zu machen.

      Sein Reichtum schlug sich auch in Grundbesitz nieder. In Bourges ließ er einen Palast bauen, der dem seines Königs an Prunk nur wenig nachstand, er erwarb im ganzen Land Grund, Schlösser und Wirtschaftsunternehmen. 1441 wurden er und seine Familie geadelt, 1449 ritt er in der Parade der Würdenträger Frankreichs in Rouen mit.

      Sein Reichtum brachte ihm aber auch Neider, die auch das Ohr von Karl VII. erreichten. Mit dem Sprichwort: »Der König macht, was er kann, Jacques Coeur macht, was er will«, planten sie seinen Fall. Die Noblen des Reiches hatten enorme Schulden bei Jacques Coeur und sahen in seiner Beseitigung die Möglichkeit, diese zu tilgen. Karl VII. wollte sich den Reichtum von Jacques Coeur selbst sichern und ließ ihn überraschend am 31. Juli 1451 im Schloss von Taillebourg verhaften und seinen gesamten Besitz beschlagnahmen. Man warf ihm den Verkauf von Waffen an die Muslime, ungerechte Steuern und Abgaben, Münzfälschung und ein Verhältnis mit Agnes Sorel vor, die er vergiftet haben soll und deren Testamentsvollstrecker er war. Jacques Coeur wehrte sich, aber in den zwei Jahren seiner Haft wurde er schwer gefoltert und gestand alles, was seine Richter, die seine Schuldner und einflussreiche Handelsherren, also seinen Konkurrenten waren, hören wollten. Am 23. Mai 1453 wurde er zur Zahlung der ungeheuren Summe von 400.000 Ecus und zum Tode verurteilt.

      Jacques Coeur hatte aber noch Freunde. Mit ihrer Hilfe gelang ihm 1455 die Flucht aus dem Gefängnis von Poitiers, und über abenteuerliche Wege kam er nach Rom. Dort war er gut bekannt und hatte noch immer Geld auf den italienischen Banken. Er half damit Papst Nikolas V. und dessen Nachfolger Calixtus XIII. mit der Ausrüstung einer Flotte von 16 Galeeren für den Kampf gegen die Muslime und wurde zum Kapitän der Flotte ernannt. Im Verlauf der Kämpfe kam es vor der griechischen Insel Chios am 25. November 1456 zur Seeschlacht. Ob Jacques Coeur schon davor einer Krankheit erlegen ist oder in der Schlacht tödlich verwundet wurde, bleibt unklar.

      Man brachte seinen Leichnam nach Frankreich und begrub ihn im Kloster von Cordeliérs bei Poitiers. Nach Plünderungen des Klosters und der Zerstörung durch ein Erdbeben ist sein Grab nicht mehr erhalten.

      Jacques Coeur war einer der ersten sozialen Aufsteiger des Mittelalters, musste aber erkennen, dass sein Geld allein ihn nicht schützen konnte. Es war nur sein Eintritt in die Welt des Hochadels, in dem sich die alten adeligen Geschlechter ohne Scham verbündeten, um den neureichen Bankier zu berauben. In seinem Wirken ist er aber ein Vorläufer der Handelshäuser der Fugger und Welser, die im Spätmittelalter die Politik Europas wesentlich beeinflussen sollten.

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