Название: Edgar Wallace-Krimis: 78 Titel in einem Band
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788026872146
isbn:
Artur Wilmots Haus war das kleinste von allen, aber es war mit hervorragendem Geschmack eingerichtet. Wenn es Andy trotzdem nicht vollständig befriedigte, so lag das wohl daran, daß ihm der Charakter der Einrichtung zuwenig männlich erschien.
Auf dem Tisch des Zimmers, in das sie traten, lag ein halbfertiger Damenhut. Wilmot unterdrückte einen Ausruf. Es war eine mit prachtvoller, farbiger Seide überzogene Hutform.
Ihre Ankunft mußte irgend jemand gestört haben. Andy tat, als ob er nichts gesehen hätte, aber Wilmot war zu aufgeregt, um die Sache übergehen zu können, und versuchte, Andy eine Erklärung zu geben.
»Vermutlich hat wieder eins der Dienstmädchen hier gearbeitet!« Mit diesen Worten packte er den Hut und schleuderte ihn in eine Ecke.
Der Zwischenfall, der eigentlich Wilmots Verwirrung hätte vergrößern müssen, schien die entgegengesetzte Wirkung zu haben. Seine Stimme war klar und fest, als er jetzt sprach.
»Ich habe Sweeny zweimal getroffen, und es war töricht von mir, es nicht sofort zuzugeben. Sweeny haßte meinen Onkel. Er kam zu mir, um mir etwas zu erzählen – er deutete wenigstens an, daß er etwas wüßte, durch das ich Mr. Merrivan in meine Hand bekäme. Die zweite Zusammenkunft in Spring Covert diente dazu, über die Bedingungen zu verhandeln, unter denen Sweeny mir seine Informationen geben wollte. Ich wünschte, ich wäre nicht hingegangen, ich bin auch nicht lange dort gewesen. Ich versprach Sweeny, ihm zu schreiben, und damit hatte die Sache ein Ende.«
»Worin bestand denn Sweenys Geheimnis?«
Wilmot zögerte.
»Offen gestanden, ich weiß es nicht. Ich hatte nur den Eindruck, daß Mr. Merrivan irgendwie in Selims Schuld war – Selim war der Name von Sweenys Chef. Aber das kann ich nicht recht glauben, es kommt mir fast lächerlich vor. Mein Onkel war ein reicher Mann.«
Andy schwieg und überlegte, ob Wilmot die Wahrheit gesagt haben könnte.
»Haben Sie irgendeine Ahnung, wer Ihren Onkel getötet haben könnte?«
Wilmot runzelte die Stirn. »Haben Sie denn eine Vermutung?«
Andy wußte, wen Wilmot beschuldigen würde, wenn auch nur der geringste Verdacht auf ihn selbst fallen sollte.
»Ich habe mir viele Theorien zurechtgelegt«, erwiderte er kühl. »Aber es wäre übereilt, wenn ich mich jetzt schon endgültig für eine von ihnen entscheiden würde. Da fällt mir etwas ein, Mr. Wilmot. Als wir uns das letztemal sahen, sprachen Sie von einem nichtswürdigen Mädchen. Das interessiert mich. Sie beschwerten sich heftig über sie und sagten, daß Sie ihretwegen Streit mit Ihrem Onkel gehabt hätten. Das könnte ein wichtiger Anhaltspunkt sein. Wer war diese Dame?«
Das war ein meisterhafter Angriff, der wohlüberlegt im günstigsten Augenblick geführt wurde.
Auf eine so direkte Frage war Wilmot nicht vorbereitet. Es war ihm klar, daß Macleod genau wußte, wen er gemeint hatte. Er mußte jetzt mit der Sprache heraus oder –
»Die Antwort darauf muß ich schuldig bleiben.«
Aber Andy war schon zu weit gegangen und hatte zu viel gewagt, um seinem Gegner jetzt noch gestatten zu können, das Gefecht abzubrechen.
»Das kann ich nicht gelten lassen. Entweder kennen Sie eine solche Dame oder Sie kennen sie nicht. Entweder haben Sie sich mit Ihrem Onkel gestritten oder nicht. Ich spreche jetzt als der Polizeibeamte, der mit der Untersuchung dieses Falles beauftragt ist, und ich muß die Wahrheit erfahren.«
Seine Stimme klang hart und drohend.
»Ich war damals sehr verwirrt«, sagte Artur Wilmot mürrisch und widerwillig. »Ich wußte nicht, was ich sagte. Ich meinte keine bestimmte Dame, auch habe ich mich mit meinem Onkel nicht gestritten.«
Langsam zog Andy ein Notizbuch aus der Tasche und schrieb diese Worte Wilmots, der ihn wütend beobachtete, auf.
»Ich danke Ihnen. Ich werde Sie jetzt wohl nicht wieder in dieser Angelegenheit belästigen müssen.«
Ohne ein weiteres Wort entfernte er sich.
Wilmot blieb zurück und trug sich mit Mordgedanken.
»Mr. Macleod!«
Andy drehte sich an der Gartenpforte noch einmal um. Wilmot kam hinter ihm her.
»Es ist jetzt sicher kein Grund mehr vorhanden, warum ich das Haus meines Onkels nicht betreten dürfte. Ich bin der gesetzmäßige Erbe Mr. Merrivans, und ich habe einige Vorbereitungen für seine Beerdigung zu treffen.«
»Ich muß Ihnen im Augenblick nur noch die eine Beschränkung auferlegen, daß Sie nicht in sein Arbeitszimmer gehen. Dieser Raum kann erst nach der Leichenschau freigegeben werden.«
Andy ging über die Straße und sprach mit dem Polizeisergeanten, der das Haus bewachte.
»So, diese Sache habe ich in Ordnung gebracht, Mr. Wilmot. Der Beamte wird Sie einlassen.«
Andy war weder überrascht noch belustigt über den Damenhut in Wilmots Zimmer, der zu vielen Vermutungen Anlaß geben konnte. Wilmots Verlegenheit war zu deutlich und seine Erklärung vollständig unglaubwürdig gewesen. Ein Dienstmädchen sollte den Hut dort genäht haben? Das stimmte doch nicht mit seiner Angabe überein, daß kein Dienstbote in sein Zimmer kommen dürfe, wenn er nicht gerufen war. Wilmot war Junggeselle wahrscheinlich nicht besser und nicht schlechter als alle Junggesellen. Aber es war doch ein wenig überraschend, daß er seine Damen nach Beverley Green brachte, wo alle Dienstboten bekanntermaßen klatschten. Eine solche Unbesonnenheit sah Artur Wilmot gar nicht ähnlich.
Er ging zu Nelsons. Wenn er nach seinen Wünschen hätte handeln können, wäre er jeden Tag dort hingegangen und die ganze Zeit dort geblieben. Er richtete es jetzt immer so ein, daß er Scottie in den frühen Morgenstunden draußen im Freien traf, gewöhnlich in den Parkanlagen.
Stella empfing ihn. Ihr Vater war im Atelier und arbeitete. Sie war begeistert, denn Kenneth Nelson hatte ein neues Gemälde begonnen, ein Porträt Scotties.
»Das ist ja großartig, weil ich dann immer ein gutes Bild von Scottie zur Verfügung habe«, meinte Andy. »Wenn ich ihn in Zukunft wieder einmal verhaften lassen muß, schicke ich meine Leute einfach zur Akademie, damit sie ihn vorher genau studieren können.«
»Er wird in Zukunft aber nichts mehr anstellen«, sagte sie, denn sie war über seine Worte erschrocken. »Er erzählte mir, daß er sein altes Leben aufgeben und nicht mehr stehlen wolle.«
Andy lächelte.
»Ich würde ja nur zu froh sein, wenn es so wäre. Kennst du Artur Wilmot sehr gut, Stella?«
Sie wollte schon sagen, daß sie ihn nur allzugut kenne.
»Ich habe es einmal gedacht«, erwiderte sie. »Warum fragst du danach?«
»Weißt du, ob er irgendwelche Freundinnen oder weibliche Verwandte hat?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Seine СКАЧАТЬ