Kult-Krimis: 26 Romane & Detektivgeschichten. Friedrich Glauser
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Читать онлайн книгу Kult-Krimis: 26 Romane & Detektivgeschichten - Friedrich Glauser страница 51

Название: Kult-Krimis: 26 Romane & Detektivgeschichten

Автор: Friedrich Glauser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075834973

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СКАЧАТЬ x-beliebiger Mensch. Pieterlen, das war ein Demonstrationsobjekt…«

      Es fiel Studer auf, daß Dr. Laduner die Mitvergangenheit brauchte. ›Pieterlen war…‹ So, wie man sonst nur von einem Toten spricht… Aber er schwieg. Der Arzt gab sich einen Ruck, stand auf, streckte sich und wandte sich dann zu seiner Frau:

      »Ist der Chaschperli schon in die Schule?«

      – Ja, er sei schon fort; er habe in der Küche gegessen.

      »Der Chaschperli, das ist mein siebenjähriger Sohn, wenn Sie das noch notieren wollen, Studer«, sagte Dr. Laduner mit seinem steifen Lächeln. »Übrigens muß ich jetzt zum Rapport, Sie können mit mir hinunterkommen und das Büro ansehen… Das Direktionsbüro… Den Tatort, wenn Sie lieber wollen. Obwohl wir ja überhaupt noch nicht wissen, ob eine Tat getätigt worden ist.«

      An der Gangtüre gab es noch einen Zusammenstoß. Ein junger Mann stand im Stiegenhaus und wollte unbedingt mit Dr. Laduner sprechen.

      »Später, Caplaun, ich habe jetzt keine Zeit. Warten Sie im Salon. Ich werde zwischen Rapport und Visite mit Ihnen sprechen…«

      Und Laduner begann die Treppe hinunterzuspringen, er nahm drei Stufen auf einmal.

      Aber Studer folgte nicht. Er blieb auf dem Vorplatz stehen und starrte den Mann an, den Dr. Laduner Caplaun genannt hatte. Caplaun? Caplaun hatte doch sein alter Feind geheißen, der Oberst, der an jener Schiebung in der Bankaffäre beteiligt gewesen war, jener Bankaffäre, die den damaligen Kommissar Studer von der Stadtpolizei den Kragen gekostet hatte… Es gab nicht viele Caplaune in der Schweiz, es war ein seltener Name…

      Nun, der Herr Oberst war es auf alle Fälle nicht; der Mann, der in Dr. Laduners Wohnung trat und sich in ein Zimmer schlich, so, als wisse er Bescheid, war jung… Jung, mager, blond, mit einer hohlen Brust… Bleich dazu, mit weitaufgerissenen Augen. Caplaun?…

      Studer holte Dr. Laduner im Parterre ein. Der Arzt lief ungeduldig hin und her.

      »Herr Doktor«, sagte Studer, »ihr habt den jungen Burschen, der zu euch hineingegangen ist, Caplaun genannt; ist er verwandt… ?«

      »Mit dem Herrn Obersten, der Ihnen ein Bein gestellt hat, damals? Ja. Der Herr Oberst ist sein Vater. Und der junge Caplaun ist bei mir in Behandlung. Privatpatient. In der Analyse. Ein typischer Fall von Angstneurose. Kein Wunder, bei dem Vater! Und übrigens säuft der Herbert Caplaun. Ja, Herbert heißt er mit Vornamen. Sie können ihn ja noch in Ihr Büchlein notieren…«

      Wieder überhörte Studer geflissentlich die Ironie. Er fragte mit seiner treuherzigsten Miene:

      »Eine Angstneurose? Was ist das, Herr Doktor?«

      »Herrgott! Ich kann doch hier kein Kolleg über Neurosenlehre lesen. Später will ich es Ihnen erklären… Dort ist das Direktionsbüro. Daneben das Ärztezimmer. Ich werde jetzt eine Stunde beschäftigt sein; wenn Sie etwas brauchen sollten, so wenden Sie sich an den Portier. Übrigens können Sie sich notieren, daß er Dreyer heißt.«

      Und Studer hörte noch das Zuschlagen einer Türe.

      Der Tatort und der Festsaal

       Inhaltsverzeichnis

      Der Busch vor dem Fenster trug weiße Beeren, die an Wachskugeln erinnerten. Auf dem Fenstersims, zwischen den Glassplittern, tanzten zwei Spatzen. Sie benahmen sich wie Stehaufmännchen. In kurzen Zwischenräumen tauchten ihre Köpfe über dem untern Rand des Holzrahmens auf, verschwanden, tauchten wieder auf. Als Studer den umgefallenen Bürostuhl wieder auf die Beine stellte, flogen sie fort…

      Zuerst setzte er sich, zog noch einmal sein Wachstuchbüchlein hervor und schrieb in seiner kleinen Schrift, die ein wenig an Griechisch erinnerte:

      ›Caplaun Herbert, Sohn des Obersten, Angstneurose, Patient des Dr. Laduner.‹

      Dann lehnte er sich befriedigt zurück und betrachtete die Verwüstung.

      Blut am Boden, das stimmte. Aber nur wenig: einzelne Tropfen, die auf dem glänzenden Parkett zu dunklen Plättchen eingetrocknet waren. Sie liefen in einer Linie von der zerbrochenen Fensterscheibe zur Tür. Vielleicht war einer mit der Faust durch die Scheibe gefahren und hatte sich verwundet.

      Das kleine Tischchen, links neben dem Fenster, war wohl für die Schreibmaschine bestimmt, während sich der Schreibtisch, groß und breit, verschnörkelt, in der Ecke rechts vom Fenster breitmachte. Studer stand auf und hob die Schreibmaschine auf. Fingerabdrücke brauchte man hier wohl nicht zu suchen. Und vorläufig wußte man ja noch gar nicht, ob ein Mord passiert war oder ob sich der alte Direktor auf eine kleine Erholungsreise begeben hatte. In letzterem Falle hätte er zwar die Ärzteschaft avisiert, aber alte Herren haben manchmal ihre Mucken…

      Über dem Schreibtisch hing ein Gruppenbild. Da stand inmitten von jungen Männern und Mädchen in Schwesterntracht ein alter Herr, der auf dem Kopfe einen breitrandigen schwarzen Hut trug. Ein lockiger, grauer Bart wucherte ihm aus Kinn und Wangen, und eine Stahlbrille saß auf seiner Nase.

      In weißen Buchstaben stand unter der Photographie: »Unserem verehrten Herrn Direktor zum Andenken an den ersten Kurs.« Ja, ja, die jungen Männer sahen alle sehr brav aus, sie trugen schwarze Anzüge und hohe steife Kragen, und ihre Krawatten saßen ein wenig schief.

      »Unserem verehrten Direktor…« Kein Datum? Doch. Inder Ecke unten: 18. April 1927.

      Unter dem Bild, auf einem grünen Löschblatt, lag ein in der Mitte zusammengefalteter Brief. Studer las die ersten Zeilen: »… bitten wir Sie dringlichst, die schon seit zwei Monaten fällige Expertise über den Geisteszustand des…«

      Hm! Ein bequemer Herr, der Direktor Borstli mit seiner Pelerine und seinem breitrandigen Hut… Wetten, daß er einen Schwalbenschwanz trug!… Gewonnen! Auf dem Bild trug er einen – einen grauen, soviel man sehen konnte, und die Hosen waren an den Knieen ausgebeult… Ein alter Mann, ein Mann der alten Schule… Wie war er mit dem betriebsamen Dr. Laduner ausgekommen? Eigentlich wußte man noch nicht viel über den Herrn Direktor Ulrich Borstli, außer daß er an hübschen Pflegerinnen Gefallen fand und sich von ihnen Ueli nennen ließ. Warum sollte er auch nicht? Er war niemandem Rechenschaft schuldig, ein kleiner König in – wie hatte Dr. Laduner das gesagt? – ja, richtig: in Mattos Reich. Diesen Schül, der den Geist Matto erfunden hatte, den mußte man kennenlernen. Matto! Glänzend! Matto hieß ja verrückt auf italienisch. – Matto! Das hatte Klang!

      War er verheiratet gewesen, der alte Direktor? Sicher! Witwer? Wahrscheinlich…

      Es war doch nichts zu holen in dem Büro. Warum war man dann von Dr. Laduner hineingeschickt worden? Der Mann tat nichts ohne Überlegung. Wovor hatte er Angst?… Man war leicht gehemmt, weil man den Dr. Laduner gern hatte, aufrichtig gern, weil man vor allem das Bild nicht vergessen konnte, das Bild aus der Anstalt in Oberhollabrunn… Und dann auch, weil er einem Brot und Salz geboten hatte… Chabis! Aber es war nun einmal so…

      Wo mochte nur der alte Direktor stecken? Auf alle Fälle war es vielleicht gut, man sprach mit dem Portier. Portiers waren gewöhnlich mitteilsame Menschen, um nicht geradeheraus zu sagen: klatschsüchtige… Aber auf alle Fälle waren sie immer auf dem laufenden.

      Und während aus dem Nebenraum, dem Ärztezimmer, durch die geschlossene Verbindungstür, eine eintönig referierende СКАЧАТЬ