Gesammelte Gedichte von Rainer Maria Rilke. Rainer Maria Rilke
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Название: Gesammelte Gedichte von Rainer Maria Rilke

Автор: Rainer Maria Rilke

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027211470

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СКАЧАТЬ verführte

       ihn zu dem Glauben seiner Vogelwerdung.

       Er hing in seinen magern Armen schmal,

       wie eine schiefgeschobne Marionette,

       und glaubte, daß er große Schwingen hätte

       und daß die Welt schon lange wie ein Tal

       sich ferne unter seinen Füßen glätte.

       Ungläubig sah er sich mit einem Mal

       herabgelassen auf die fremde Stätte

       und auf den grünen Meergrund seiner Qual.

       Und war ein Fisch und wand sich schlank und schwamm

       durch tiefes Wasser, still und silbergrau,

       sah Quallen hangen am Korallenstamm

       und sah die Haare einer Meerjungfrau,

       durch die das Wasser rauschte wie ein Kamm.

       Und kam zu Land und war ein Bräutigam

       bei einer Toten, wie man ihn erwählt

       damit kein Mädchen fremd und unvermählt

       des Paradieses Wiesenland beschritte.

      Er folgte ihr und ordnete die Tritte

       und tanzte rund, sie immer in der Mitte,

       und seine Arme tanzten rund um ihn.

       Dann horchte er, als wäre eine dritte

       Gestalt ganz sachte in das Spiel getreten,

       die diesem Tanzen nicht zu glauben schien.

       Und da erkannte er: jetzt mußt du beten;

       denn dieser ist es, welcher den Propheten

       wie eine große Krone sich verliehn.

       Wir halten ihn, um den wir täglich flehten,

       wir ernten ihn, den einstens Ausgesäeten,

       und kehren heim mit ruhenden Geräten

       in langen Reihen wie in Melodien.

       Und er verneigte sich ergriffen, tief.

      Aber der Alte war, als ob er schliefe,

       und sah es nicht, obwohl sein Aug nicht schlief.

      Und er verneigte sich in solche Tiefe,

       daß ihm ein Zittern durch die Glieder lief.

       Aber der Alte ward es nicht gewahr.

      Da faßte sich der kranke Mönch am Haar

       und schlug sich wie ein Kleid an einen Baum.

       Aber der Alte stand und sah es kaum.

      Da nahm der kranke Mönch sich in die Hände

       wie man ein Richtschwert in die Hände nimmt,

       und hieb und hieb, verwundete die Wände

       und stieß sich endlich in den Grund ergrimmt.

       Aber der Alte blickte unbestimmt.

      Da riß der Mönch sein Kleid sich ab wie Rinde

       und knieend hielt er es dem Alten hin.

      Und sieh: er kam. Kam wie zu einem Kinde

       und sagte sanft: Weißt du auch wer ich bin?

       Das wußte er. Und legte sich gelinde

       dem Greis wie eine Geige unters Kinn.

      Jetzt reifen schon die roten Berberitzen,

       alternde Astern atmen schwach im Beet.

       Wer jetzt nicht reich ist, da der Sommer geht,

       wird immer warten und sich nie besitzen.

      Wer jetzt nicht seine Augen schließen kann,

       gewiß, daß eine Fülle von Gesichten

       in ihm nur wartet bis die Nacht begann,

       um sich in seinem Dunkel aufzurichten: –

       der ist vergangen wie ein alter Mann.

      Dem kommt nichts mehr, dem stößt kein Tag mehr zu,

       und alles lügt ihn an, was ihm geschieht;

       auch du, mein Gott. Und wie ein Stein bist du,

       welcher ihn täglich in die Tiefe zieht.

      Du mußt nicht bangen, Gott. Sie sagen: mein

       zu allen Dingen, die geduldig sind.

       Sie sind wie Wind, der an die Zweige streift

       und sagt: mein Baum.

      Sie merken kaum,

       wie alles glüht, was ihre Hand ergreift, –

       so daß sie’s auch an seinem letzten Saum

       nicht halten könnten ohne zu verbrennen.

      Sie sagen mein, wie manchmal einer gern

       den Fürsten Freund nennt im Gespräch mit Bauern,

       wenn dieser Fürst sehr groß ist und – sehr fern.

       Sie sagen mein von ihren fremden Mauern

       und kennen gar nicht ihres Hauses Herrn.

       Sie sagen mein und nennen das Besitz,

       wenn jedes Ding sich schließt, dem sie sich nahn,

       so wie ein abgeschmackter Charlatan

       vielleicht die Sonne sein nennt und den Blitz.

       So sagen sie: mein Leben, meine Frau,

       mein Hund, mein Kind, und wissen doch genau,

       daß alles: Leben, Frau und Hund und Kind

       fremde Gebilde sind, daran sie blind

       mit ihren ausgestreckten Händen stoßen.

       Gewißheit freilich ist das nur den Großen,

       die sich nach Augen sehnen. Denn die Andern

       wollens nicht hören, daß ihr armes Wandern

       mit keinem Dinge rings zusammenhängt,

       daß sie, von ihrer Habe fortgedrängt,

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