Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Hans Fallada – Gesammelte Werke - Hans Fallada страница 43

Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

isbn:

СКАЧАТЬ Dum­mes und die Klu­gen oft noch was viel Düm­me­res. Na, mein Sohn, zum Schluss bis­te ja denn doch noch schlau ge­wor­den und hast den Va­ter Rusch nicht an­ge­lo­gen. So was soll nicht un­be­lohnt blei­ben. Was möchts­te hier denn ger­ne ha­ben?«

      Bal­durs Au­gen leuch­te­ten auf. Eben noch war er völ­lig ent­mu­tigt ge­we­sen, aber nun sah er wie­der Licht.

      »Den Ra­dio­ap­pa­rat mit dem Plat­ten­spie­ler und den Plat­ten, Herr Kom­missar!«, flüs­ter­te er gie­rig.

      »Na schön!«, sag­te der Kom­missar gnä­dig. »Ich habe dir ja ge­sagt, vor sech­se kom­me ich nicht wie­der hier­her. Sonst noch was?«

      »Vi­el­leicht ein oder zwei Hand­kof­fer mit Wä­sche!«, bat Bal­dur. »Mei­ne Mut­ter ist mäch­tig knapp mit Wä­sche!«

      »Gott, wie rüh­rend!«, spot­te­te der Kom­missar. »Was für ’n rüh­ren­der Sohn! So ’n rich­ti­ges er­grei­fen­des Mut­ter­söhn­chen! Na, mei­net­hal­ben! Da­mit ist dann aber auch Schluss! Für al­les an­de­re bist du mir ver­ant­wort­lich! Und ich habe ein ver­dammt gu­tes Ge­dächt­nis da­für, wie was steht und liegt, mich legst du so leicht nicht rein! Und wie schon be­merkt, in je­dem Zwei­fels­fall Haus­su­chung bei den Per­sickes. In je­dem Fall ge­fun­den: ein Ra­dio­ap­pa­rat mit Plat­ten­spie­ler, zwei Hand­kof­fer mit Wä­sche. Aber kei­ne Angst, Sohn, so­lan­ge du re­ell bist, bin ich’s auch.«

      Er ging zur Tür. Er sag­te noch, über die Schul­ter weg: »Üb­ri­gens, wenn die­ser Bark­hau­sen hier wie­der auf­tau­chen soll­te, es gibt kei­ne Stän­ke­rei­en mit ihm. Ich mag so was nicht, ver­stan­den?«

      »Ja­wohl, Herr Kom­missar«, ant­wor­te­te Bal­dur Per­si­cke ge­hor­sam, und da­mit trenn­ten sich die bei­den Her­ren – nach ei­nem so er­folg­reich ver­brach­ten Mor­gen.

      1 Sitz der Ge­sta­po-Zen­tra­le in Ber­lin <<<

      17. Auch Anna Quangel macht sich frei

      Für die Quan­gels ver­lief die­ser Sonn­tag nicht so er­folg­reich, we­nigs­tens kam es nicht zu der von Frau Anna ge­wünsch­ten Auss­pra­che.

      »Nee«, sag­te Quan­gel auf ihr Drän­gen. »Nee, Mut­ter, heu­te nicht. Der Tag hat falsch an­ge­fan­gen, an sol­chem Tag kann ich nicht tun, was ich ei­gent­lich woll­te. Und wenn ich’s nicht tun kann, will ich auch nicht da­von spre­chen. Vi­el­leicht an­de­ren Sonn­tag. Horchst du? Ja, da schleicht wohl schon wie­der ei­ner von den Per­sickes über die Trep­pe – na, lass sie! Wenn sie uns nur in Frie­den las­sen!«

      Aber Otto Quan­gel war un­ge­wöhn­lich weich an die­sem Sonn­tag. Anna durf­te so viel von dem ge­fal­le­nen Sohn re­den, wie sie woll­te, er ver­bot ihr nicht den Mund. Er sah so­gar mit ihr die we­ni­gen Fo­tos durch, die sie von dem Soh­ne be­saß, und als sie da­bei wie­der zu wei­nen an­fing, leg­te er ihr die Hand auf die Schul­ter und sag­te: »Lass, Mut­ter, lass. Wer weiß, wo­zu’s gut ist, was ihm al­les er­spart bleibt.«

      Also: die­ser Sonn­tag war auch ohne Auss­pra­che gut. Lan­ge hat­te Anna Quan­gel den Mann nicht so mil­de ge­se­hen, es war, als schie­ne die Son­ne noch ein­mal, ein letz­tes Mal über das Land, ehe der Win­ter kam, der al­les Le­ben un­ter sei­ner Eis- und Schnee­de­cke ver­barg. In den nächs­ten Mo­na­ten, die Quan­gel im­mer käl­ter und wort­kar­ger mach­ten, muss­te sie oft an die­sen Sonn­tag zu­rück­den­ken, er war ihr Trost und Auf­mun­te­rung zu­gleich.

      Dann fing die Ar­beits­wo­che wie­der an, eine die­ser im­mer glei­chen Ar­beits­wo­chen, die eine der an­de­ren äh­nel­ten, ob nun Blu­men blüh­ten oder Schnee drau­ßen trieb. Die Ar­beit war im­mer die glei­che, und die Men­schen blie­ben auch, wie sie ge­we­sen wa­ren.

      Nur ein klei­nes Er­leb­nis, ein ganz klei­nes, hat­te Otto Quan­gel in die­ser Ar­beits­wo­che. Als er zur Fa­brik ging, kam ihm in der Ja­blons­ki­stra­ße der Kam­mer­ge­richts­rat a.D. Fromm ent­ge­gen. Quan­gel hät­te ihn schon ge­grüßt, aber er scheu­te die Au­gen der Per­sickes. Er woll­te auch nicht, dass Bark­hau­sen, von dem Anna ihm er­zählt hat­te, die Ge­sta­po habe ihn mit­ge­nom­men, et­was sähe. Der Bark­hau­sen war näm­lich wie­der da, wenn er über­haupt je fort­ge­we­sen war, und hat­te sich vor dem Hau­se her­um­ge­drückt.

      So ging denn Quan­gel stur, ohne ihn zu se­hen, an dem Kam­mer­ge­richts­rat vor­bei. Der hat­te wohl nicht so vie­le Be­den­ken, je­den­falls lüf­te­te er leicht sei­nen Hut vor dem Mit­be­woh­ner des Hau­ses, lä­chel­te mit den Au­gen und ging ins Haus.

      Gra­de recht!, dach­te Quan­gel. Wer’s ge­se­hen hat, denkt: der Quan­gel bleibt im­mer der glei­che rohe Klotz, und der Kam­mer­ge­richts­rat ist ein fei­ner Mann. Aber dass die bei­den was mit­ein­an­der zu tun hat­ten, das denkt er nicht!

      Anna Quan­gel aber hat­te in die­ser Wo­che noch eine schwie­ri­ge Ar­beit zu er­le­di­gen. Beim Ein­schla­fen am Sonn­tag hat­te ihr der Mann noch ge­sagt: »Sieh, dass du aus der Frau­en­schaft raus­kommst. Aber so, dass es kei­nem auf­fällt. Ich bin auch mei­nen Pos­ten bei der Ar­beits­front los.«

      »Oh Gott!«, rief sie. »Wie hast du das denn ge­macht, Otto? Wie­so ha­ben die dich ge­hen las­sen?«

      »We­gen an­ge­bo­re­ner Kör­per­doof­heit«, hat­te Quan­gel un­ge­wöhn­lich auf­ge­räumt geant­wor­tet und da­mit die­se Un­ter­hal­tung be­en­det.

      Sie aber hat­te ihre Auf­ga­be nun vor sich. We­gen Doof­heit wür­den die sie nie lau­fen­las­sen, da­für kann­ten sie die Quan­gel zu gut, ihr muss­te schon et­was an­de­res ein­fal­len. Den Mon­tag und Diens­tag grü­bel­te Anna Quan­gel dar­über, am Mitt­woch glaub­te sie es schließ­lich zu ha­ben. Wenn Doof­heit bei ihr nicht ver­fing, dann viel­leicht Über­klug­heit. Über­klug­heit, zu viel wis­sen, zu schlau sein, das war de­nen noch läs­ti­ger als ein biss­chen Doof­heit. Und Über­klug­heit, ge­paart mit Übe­rei­fer, ja, so muss­te es ge­hen.

      Und kurz ent­schlos­sen mach­te sich Anna Quan­gel auf den Weg. Sie woll­te die­se Sa­che mög­lichst schnell hin­ter sich brin­gen, sie woll­te, wenn es ir­gend ging, heu­te Nacht noch Otto mel­den, dass sie es wie er ge­schafft hat­te, das heißt, ohne par­tei­po­li­tisch miss­lie­big auf­ge­fal­len zu sein. Sie muss­te es de­nen für im­mer ver­gäl­len, sich mit ihr zu be­schäf­ti­gen. Schon wenn de­nen die Quan­gel ein­fiel, soll­ten sie nur den­ken: ›Ach, die kommt für so was nicht in Fra­ge!‹, was die­ses So­was auch sein moch­te!