Eine Teufelsaustreibung, und andere Geschichten. Nikolai Semjonowitsch Leskow
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Название: Eine Teufelsaustreibung, und andere Geschichten

Автор: Nikolai Semjonowitsch Leskow

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066113223

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СКАЧАТЬ trinkt, kommt er um ganze fünf Kopeken billiger. Der Nachbar kam aber nicht; er war eines plötzlichen Todes gestorben.

      Der Onkel bekreuzigte sich und sagte:

      »Wir alle werden sterben.«

      Der plötzliche Tod des Nachbarn brachte ihn aber nicht aus der Fassung, obwohl er mit ihm seit vierzig Jahren täglich im gleichen Wirtshause Tee getrunken hatte.

      Er ließ den Nachbarn von der anderen Seite bitten, und wir gingen ins Wirtshaus, aßen und tranken, nahmen aber keine Spirituosen zu uns. Den ganzen Tag verbrachte ich mit ihm, teils im Geschäft und teils auf der Straße. Gegen Abend ließ er den Wagen anspannen, und wir fuhren zur »Allgepriesenen«.

      Man kannte ihn hier gut und empfing ihn mit der gleichen Ehrfurcht wie beim ‚Jar‘.

      »Ich will vor der Allgepriesenen niederfallen und über meine Sünden weinen. Dieser da ist aber mein Neffe, der Sohn meiner Schwester.«

      »Treten Sie nur ein,« sagten die Klosterfrauen: »Von wem soll die Allgepriesene ein Bußgebet empfangen, wenn nicht von Ihnen, dem größten Wohltäter ihres Klosters? Jetzt ist just die Stunde der Gnade: eben wird die Abendmesse gelesen.«

      »Soll nur die Messe zu Ende gehen; ich will, daß keine Leute dabei sind und daß man mir in der Kirche eine gnadenvolle Dämmerung macht.«

      Man machte ihm die Dämmerung: man löschte alle Lampen bis auf eine oder zwei aus und ließ auch die große grüne Glasampel vor dem Gnadenbilde brennen.

      Der Onkel fiel nicht, sondern stürzte auf die Knie, berührte mit der Stirne den Boden, schluchzte auf und erstarrte.

      Ich saß mit zwei Klosterfrauen in einer dunklen Ecke hinter der Türe. Der Onkel lag lange Zeit unbeweglich und ohne einen Ton von sich zu geben. Ich glaubte sogar, daß er eingeschlafen sei und teilte diesen Verdacht einer der Schwestern mit. Die erfahrene Schwester dachte eine Weile nach, schüttelte den Kopf, zündete ein dünnes Lichtchen an, umschloß die Flamme mit der hohlen Hand und schlich sich leise zum Büßenden. Sie ging einmal auf den Fußspitzen um ihn herum, kehrte erregt zu uns zurück und flüsterte:

      »Es wirkt ... sogar mit Rückschlag!«

      »Woran merken Sie das?«

      Sie beugte sich vor, bedeutete mir durch ein Zeichen, dasselbe zu tun und sagte:

      »Blicken Sie gerade über die Flamme auf seine Beine.«

      »Ja!«

      »Sehen Sie nicht das Ringen?«

      Ich blicke genauer hin und sehe wirklich eine Bewegung: der Onkel liegt voller Andacht im Gebet, aber ihm zu Füßen regt sich etwas; ich glaube zwei Kater zu sehen, die miteinander ringen: bald hat der eine die Oberhand, bald der andere.

      »Schwester,« frage ich, »wie kommen denn die Kater her?«

      »Das kommt Ihnen nur so vor, daß es Kater sind. Es sind aber keine Kater, es ist die Versuchung: Sie sehen doch, wie seine Seele als reine Flamme in den Himmel strebt und wie seine Beine sich noch in der Hölle bewegen.«

      Nun sehe ich, daß der Onkel mit den Füßen den gestrigen »Trepak« zu Ende tanzt; ob seine Seele aber auch wirklich als reine Flamme in den Himmel strebt?

      Kaum hatte ich mir das gedacht, als er, gleichsam als Antwort auf meinen Zweifel, tief aufseufzte und aufschrie:

      »Ich erhebe mich nicht, ehe Du mir vergeben hast! Du allein bist heilig, und wir alle sind verdammt!« Und er fing zu schluchzen an.

      Er schluchzte so herzerweichend, daß auch wir drei in Tränen ausbrachen: »Herr, erfülle sein Flehen!«

      Und wir merken gar nicht, wie er schon neben uns steht und mit frommer Stimme zu mir sagt:

      »Komm, wollen wir uns stärken.«

      Die Klosterfrauen fragen ihn:

      »Hatten Sie auch die Gnade, den Lichtschein zu sehen, Väterchen?«

      »Nein,« antwortete er, »den Lichtschein habe ich nicht gesehen, aber diese Gnade ward mir zuteil ...«

      Und er ballte die Faust zusammen und hob sie langsam, wie man einen Jungen am Schopf in die Höhe hebt.

      »Wurden Sie in die Höhe gehoben?«

      »Ja.«

      Die Schwester bekreuzigte sich, ich tat dasselbe, der Onkel aber erklärte:

      »Jetzt ist mir alles vergeben! Von oben, aus der Mitte der Kuppel streckte sich eine offene Hand nach mir aus, sie faßte mich bei den Haaren und stellte mich auf die Beine ...«

      Nun ist er glücklich und nicht mehr verworfen. Er beschenkte königlich das Kloster, in dem er sich dieses Wunder erfleht hatte. Er fühlte wieder »Leben« in sich und schickte meiner Mutter die Mitgift, die sie einst von ihren Eltern zu bekommen hatte. Mich aber führte er in den guten alten Volksglauben ein.

      Von nun an erfaßte ich den Geschmack des Volkes für das Fallen und das Sich-Erheben ... Dies nennt man eben »Teufelsaustreibung«. Ich wiederhole aber, daß man sie nur in Moskau allein sehen kann, und das auch nur bei besonderem Glück und besonderer Protektion seitens der ehrwürdigsten Greise.

       Inhaltsverzeichnis

       Inhaltsverzeichnis

      Mein Vater war ein seinerzeit sehr bekannter Untersuchungsrichter. Ihm wurden viele wichtige Fälle anvertraut, und er war darum meistens auf Reisen. Zu Hause blieben nur Mutter, ich und die Dienstboten.

      Meine Mutter war damals noch sehr jung, und ich ein kleiner Bengel.

      Als sich die Geschichte, von der ich hier erzähle, abspielte, war ich erst fünf Jahre alt.

      Es war zur Winterszeit. Der Winter war in jenem Jahre so streng, daß die Schafe oft nachts in ihren Ställen erfroren und Dohlen erstarrt auf die hartgefrorene Erde niederfielen. Mein Vater befand sich damals in einer dienstlichen Angelegenheit in Jelez und konnte nicht einmal zu Weihnachten nach Hause kommen. Meine Mutter wollte daher selbst zu ihm hinüberfahren, damit er das schöne und freudige Fest nicht allein verbringe. Der fürchterlichen Kälte wegen nahm sie mich nicht mit, sondern ließ mich bei ihrer Schwester und meiner Tante zurück, die mit einem Gutsbesitzer aus Orjol verheiratet war. Dieser Onkel hatte nicht den besten Ruf. Er war reich, alt und grausam. Seine hervorragendsten Charaktereigenschaften waren Gehässigkeit und Unnachsichtigkeit; er war darüber durchaus nicht unglücklich, sondern prahlte gerne mit diesen Eigenschaften, die seiner Ansicht nach den Ausdruck männlicher Kraft und unbeugsamer Seelenstärke darstellten.

      Er war bestrebt, auch seine Kinder zu der gleichen Manneskraft und Seelenstärke zu erziehen. Einer seiner Söhne war übrigens mein Altersgenosse.

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