Eine Teufelsaustreibung, und andere Geschichten. Nikolai Semjonowitsch Leskow
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Название: Eine Teufelsaustreibung, und andere Geschichten

Автор: Nikolai Semjonowitsch Leskow

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066113223

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СКАЧАТЬ den Wintergarten, die Grotten und die Galerien. Er wollte sich überzeugen, ob tatsächlich keine Fremden da waren; der Schulmeister wich nicht von seiner Seite. Als sie aber nach diesem Rundgang in den Hauptsaal, wo schon die ganze Gesellschaft versammelt war, zurückkehrten, konnte man zwischen ihnen einen großen Unterschied wahrnehmen: der Schulmeister war ebenso nüchtern, wie vor dem Rundgang, der Onkel aber gänzlich betrunken.

      Ich weiß nicht, wieso das so schnell geschehen war; jedenfalls war er in bester Laune. Er übernahm das Präsidium, und die Geschichte ging los.

      Alle Türen waren abgesperrt, und das Restaurant war von der ganzen Welt abgeschnitten. Zwischen uns und der übrigen Welt gähnte ein Abgrund: der Abgrund des ganzen ausgetrunkenen Weines, der verzehrten Speisen und, vor allen Dingen, der, ich will nicht sagen, häßlichen, aber wilden und tollen Ausgelassenheit, die ich kaum zu schildern vermag. Das kann man von mir auch garnicht verlangen: als ich mich hier festgeklemmt und von der ganzen Welt abgeschnitten sah, verlor ich jeden Mut und hatte es sehr eilig, mich zu betrinken. Darum werde ich auch gar nicht beschreiben, wie diese Nacht verging. Meiner Feder ist es auch gar nicht gegeben, alles zu schildern; ich kann mich nur an zwei besonders bemerkenswerte Episoden der Schlacht und an das Finale erinnern, doch das Unheimliche steckte eben in ihnen.

       Inhaltsverzeichnis

      Man meldete einen gewissen Iwan Stepanowitsch. Wie es sich später herausstellte, war er ein angesehener Moskauer Fabrikant und Großkaufmann.

      Eine peinliche Pause trat ein.

      »Ich hab ja gesagt: niemand darf herein,« erwiderte der Onkel.

      »Der Herr läßt inständigst bitten.«

      »Soll er sich nur dorthin begeben, wo er bisher war.«

      Der Kellner ging hinaus und meldete nach einer Weile sehr kleinlaut:

      »Iwan Stepanowitsch läßt sehr bitten.«

      »Nein, ich will nicht.«

      Die anderen schlagen vor: »Soll er ein Strafgeld zahlen!«

      »Nein, jagt ihn hinaus, ich will sein Strafgeld nicht.«

      Der Kellner kommt zurück und meldet noch kleinlauter:

      »Er ist bereit, jede Strafe zu zahlen. Er sagt, daß es für ihn bei seinem Alter sehr kränkend ist, von der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein.«

      Der Onkel erhob sich mit funkelnden Augen von seinem Platz; im gleichen Augenblick ragte aber schon zwischen ihm und dem Kellner Rjabyka. Er stieß den Kellner mit der linken Hand wie ein Küken zurück und setzte mit der Rechten den Onkel wieder auf seinen Platz.

      Unter den Gästen wurden Stimmen für Iwan Stepanowitsch laut: er solle hundert Rubel für die Musiker zahlen und hereinkommen.

      »Er ist doch einer von den unsrigen, ein gottesfürchtiger Greis, — was soll er jetzt anfangen? Er wird vielleicht vor den Augen des ganzen Publikums Skandal machen. Man muß mit ihm ein Einsehen haben.«

      Der Onkel ließ sich erweichen und sagte:

      »Gut, es soll aber weder nach meinem, noch nach eurem, sondern nach Gottes Willen geschehen: Iwan Stepanowitsch darf herein, muß aber die große Pauke schlagen.«

      Der Kellner ging hin und meldete wieder:

      »Er möchte doch lieber eine Geldstrafe zahlen.«

      »Zum Teufel! Wenn er nicht trommeln will, so soll er sich scheren, wohin er mag!«

      Iwan Stepanowitsch hielt es aber doch nicht aus und ließ nach kurzer Zeit sagen, daß er bereit sei, die Pauke zu schlagen.

      »Gut, soll er kommen.«

      Ein großer Mann von ehrwürdigem Aussehen mit ernstem Gesicht, erloschenen Augen, gekrümmtem Rücken und zerzaustem und grün angelaufenem Bart tritt ein. Er will scherzen und die Gäste begrüßen, man weist ihn aber zurecht.

      »Nachher, nachher,« schreit ihm der Onkel zu: »Jetzt sollst du die Pauke schlagen.«

      »Die Pauke schlagen!« fallen die andern ein.

      »Musik! Einen Marsch!«

      Das Orchester stimmt einen dröhnenden Marsch an, der ehrwürdige Greis nimmt den hölzernen Schlegel und beginnt im Takt und auch nicht im Takt zu trommeln.

      Ein Höllenlärm und ein Höllengeschrei. Alle sind zufrieden und schreien:

      »Lauter!«

      Iwan Stepanowitsch gibt sich noch mehr Mühe.

      »Lauter! Lauter! Noch lauter!«

      Der Greis trommelt mit aller Kraft, wie der Mohrenfürst bei Freiligrath. Schließlich erreicht er sein Ziel: man hört einen fürchterlichen Krach, das Trommelfell zerspringt, alle lachen, der Lärm wird ganz unerträglich, und Iwan Stepanowitsch muß den Musikern für die vernichtete Pauke fünfhundert Rubel zahlen.

      Er zahlt, wischt sich den Schweiß aus der Stirne und setzt sich zu den andern. Während alle sein Wohl trinken, bemerkt er zu seinem Entsetzen unter den Anwesenden seinen Schwiegersohn.

      Wieder erhebt sich ein Lachen und Lärmen, und das geht so, bis ich das Bewußtsein verliere. In den wenigen lichten Augenblicken, die ich noch habe, sehe ich die Zigeunerinnen tanzen und den Onkel, auf dem Stuhle sitzend, mit den Beinen zucken. Plötzlich taucht vor ihm jemand auf, aber im gleichen Augenblick ragt schon zwischen dem Onkel und dem andern Rjabyka. Der andere fliegt auf die Seite, der Onkel sitzt wieder auf seinem Platz, und vor ihm stecken in der Tischplatte zwei Gabeln. Nun verstehe ich Rjabykas Rolle.

      Zum Fenster wehte der erste frische Hauch des Moskauer Morgens herein; ich kam wieder zum Bewußtsein, aber wohl nur, um an der Klarheit meiner Vernunft zu zweifeln. Ich sah eine wilde Schlacht und das Abholzen eines Waldes: ich hörte ein Dröhnen und Krachen und sah die riesengroßen exotischen Bäume schwanken und fallen. Hinter ihnen drängte sich ein Haufen seltsamer Gestalten mit braunen Gesichtern. An den Wurzeln der Palmen funkelten schreckliche Äxte; mein Onkel fällte die Bäume, auch der alte Iwan Stepanowitsch tat mit ... Eine mittelalterliche Vision! ...

      Die Zigeunerinnen, die sich in der Grotte hinter den Bäumen versteckt hielten, sollten »gefangen genommen« werden; die Zigeuner verteidigten sie nicht und überließen sie ihrer eigenen Energie. Scherz und Ernst waren hier nicht mehr auseinanderzuhalten: durch die Luft flogen Teller, Stühle und Steine aus der Grotte; die Feinde drangen aber immer tiefer in den Wald ein, und am mutigsten zeigten sich Iwan Stepanowitsch und mein Onkel.

      Die Festung wurde schließlich genommen: die Zigeunerinnen wurden ergriffen, umarmt und abgeküßt, und eine jede bekam einen Hundertrubelschein in das Mieder gesteckt. Damit war die Sache erledigt ...

      Ja, auf einmal war alles still ... Alles war zu Ende. Es war keine Störung von außen, aber alle hatten genug. Wenn es vorher, wie mein Onkel gesagt hatte, »gar kein Leben« war, so fühlten wohl jetzt alle einen Überfluß an Leben.

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