Название: Butler Parker Jubiläumsbox 6 – Kriminalroman
Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Butler Parker
isbn: 9783740931360
isbn:
»Zu dieser bisherigen, vielleicht recht unvollständigen Liste kommt noch eine Dame«, bemerkte der Butler. »Sie befand sich eben noch in Ihrem Zimmer und durchsuchte Ihre Brieftasche, Sir.«
»Eine Frau? Eine Chinesin?«
»Dessen bin ich mir nicht ganz sicher, Sir. Ich sah sie nur von der Seite. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, daß sie chinesische Kleidung trug.«
»Mein Bedarf an Rätseln ist bereits gedeckt«, meinte Rander und faßte vorsichtig nach der Beule an seinem Hinterkopf.
»Sie möchten Hongkong wieder verlassen, Sir?« Parker sah einen kurzen Moment lang verstört aus.
»Auf keinen Fall!« Mike Rander schlug mit der geballten Faust in seine flache Hand. »Auf keinen Fall, Parker. Jetzt werden wir zum Gegenangriff übergehen. Ich habe es satt, herumgestoßen zu werden. Besorgen Sie uns einen schnellen Wagen!«
»Geh ich richtig in der Annahme, Sir, daß Sie zur Repulse-Bay zu fahren gedenken?«
»Worauf Sie sich verlassen können. Ich will diese Jane Morefield mit meinen eigenen Augen sehen.«
»Ich eile, Sir, Ihren Auftrag umgehend auszuführen. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, daß wir noch den Besuch dieses Mister Li Wang erwarten. Es steht zu erwarten, daß er Informationen über die Gelben Drachen zu verkaufen hat.«
Bevor Mike Rander antworten konnte, klopfte es an der Tür. Sekunden später erschien ein freundlich grinsender, behäbig aussehender Chinese von etwa 45 Jahren. Er trug einen hellen, fast weißen Leinenanzug und verbeugte sich mehrmals.
»Li Wang zu Ihren Diensten«, stellte er sich mit einer hellen, dünnen Kinderstimme vor. Er lächelte derart freundlich, daß Mike Rander innerlich sofort auf größte Wachsamkeit umschaltete …
*
»Was halten Sie von Li Wang?« fragte Mike Rander eine Stunde später seinen Butler. Sie saßen in einem Wagen, den der Chinese besorgt hatte. Parker hatte das Steuer übernommen und hielt sich an die strikten Anweisungen seines jungen Herrn. Er fuhr erstaunlich langsam, was für den Butler zumindest überraschend war.
»Er scheint, um es vorsichtig auszudrücken, Sir, mehr zu wissen als er sagt.«
»Meine Frage nach dem Gelben Drachen hat ihm Magenschmerzen verursacht«, sagte Rander lächelnd. »Immerhin hat er zugegeben, daß es sich um eine gefährliche Geheim-Organisation handelt, der man besser aus dem Weg geht.«
Mike Rander und sein Butler waren auf dem Weg zur Repulse-Bay. Dazu mußten sie quer über die Insel Hongkong fahren. Die gut ausgebaute und asphaltierte Straße schmiegte sich an schroffe Bergrücken. Kleine Wäldchen, Terrassen für den Reisanbau und kleine Seen schufen immer wieder neue Ausblicke. Der Verkehr auf dieser Straße war nur gering. Parker kam zu seinem Leidwesen nicht in den Genuß, Slalom fahren zu können. Zudem achtete Mike Rander scharf darauf, daß Parkers Fahrtemperament nicht zum Ausbruch kam. Rander wollte mit wachen und gesunden Sinnen in Repulse-Bay ankommen …
Der Wagen befand sich inzwischen östlich von Little Hongkong, kurvte über Kehren hinunter zur Deep-Water-Bay und überholte dabei eine Kolonne schwitzender Kulis, die sich mit vollbeladenen Rikschahs abmühten.
Plötzlich mußte der Butler die Bremse treten. Die Straße vor ihnen war gesperrt. Rot-weiß gestrichene Warnbalken beendeten die Fahrt. Ein paar ausgemergelte Straßenarbeiter rammten ihre Spitzhacken in den Asphalt. Ein Richtungsanzeiger deutete die Umleitung an.
Es wurde dämmrig. Die Sonne sank mit atemberaubender Geschwindigkeit, wie es in den Tropen üblich ist. Mike Rander schaute ungeduldig auf seine Uhr.
»Wenn Sie erlauben, werde ich mich bemühen, den wahrscheinlich entstehenden Zeitverlust aufzuholen«, bemerkte Parker.
»Lieber nicht«, schreckte Rander zusammen. »Bleiben Sie bei dem bisherigen Tempo. Es bekommt mir ausgezeichnet.«
Josuah Parker ließ den schweren, weich gefederten amerikanischen Wagen wieder anrollen, steuerte ihn von der Straße und fuhr ihn in den Seitenweg. Hier gab es nur losen Schotter. Ob er wollte oder nicht, Parker mußte das Tempo noch mehr drosseln.
Hinter dem Wagen erhob sich eine wüste Staubfahne, die alles einnebelte. Die Straße wurde derart eng, daß ein entgegenkommender Wagen nicht hätte vorbeifahren können.
Parker trat überraschend die Bremse.
»Was ist los?« fragte Mike Rander.
»Ich habe was entdeckt, Sir, was Sie als ein Haar in der Suppe bezeichnen würden«, erwiderte der Butler. »Ich mußte gerade an die Rikschah-Kulis denken, die wir vor wenigen Minuten passierten.«
»Na und?«
»Die Kulis schwitzen zwar, doch waren sie nicht mit Staub bedeckt, Sir.«
»Ich weiß, daß Sie gern in Rätseln reden«, spottete der Anwalt. »Wo ist das Haar, wo ist die Suppe?«
»Wenn die Kulis diese Umleitung benutzt hätten, müßten sie grau vor Staub gewesen sein, Sir. Mit anderen Worten, wie ich bescheiden vermerken darf, ist die Straßensperre erst wenige Minuten vor unserem Erscheinen errichtet worden!«
»Verflixt, Sie haben recht, Parker. Eine Falle?«
»Ich bin nicht sicher, Sir, doch ich möchte Ihr Leben nicht leichtsinnig aufs Spiel setzen.«
»Also raus und zurück, Parker. Gehen wir der Sache auf den Grund!«
Parker war einverstanden.
Die beiden Männer stiegen aus, vergewisserten sich, daß sie ihre Waffen bei sich hatten und gingen dann vorsichtig zurück zur Abbiegung. Der aufgewirbelte Staub hatte sich noch nicht gelegt. Parker und Mike Rander konnten ihn vorzüglich als Deckung benutzen.
Plötzlich blieb der Butler stehen.
Im Gegensatz zu Mike Rander schien er etwas gesehen und gehört zu haben.
»Gestatten Sie«, sagte er. Dann warf er seinen jungen Herrn ruckartig hinter einen niedrigen Felsklotz. Er selbst folgte mit Schwung, erstaunlicherweise aber dennoch mit Würde. Bevor Mike Rander Fragen stellen konnte, sah er einige Gestalten, die durch den Staubnebel liefen.
Es handelte sich um schätzungsweise sechs Kulis, die schweigend dem Wagen nachliefen. Sie verhielten sich vollkommen schweigend, eine Tatsache, die die Unheimlichkeit und tödliche Drohung, die von ihnen ausging, nur noch unterstrich.
»Und jetzt?« flüsterte Mike Rander.
»Ich möchte vorschlagen, Sir, die augenblickliche Stellung zu räumen und sich nach einem taktisch günstigeren Punkt umzusehen.«
Im Verlauf der langjährigen Zusammenarbeit hatte Mike Rander es sich abgewöhnt, sich über seinen Butler zu wundern. Die jeweilige Situation mochte noch so heikel und gefährlich sein, Parker hielt an seiner barocken Ausdrucksweise fest. Er ließ sich eigentlich niemals aus seiner Bombenruhe bringen.
Mike Rander folgte seinem Butler.
Josuah СКАЧАТЬ