Название: Die Räuber
Автор: Фридрих Шиллер
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788026870623
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Roller. Du bist wohl nicht der erste Gauner, der über den hohen Galgen weggesehen hat – und doch – Was hätten wir sonst noch für eine Wahl übrig?
Spiegelberg. Wahl? Was? Nichts habt ihr zu wählen! Wollt ihr im Schuldthurm stecken und zusammenschnurren, bis man zum jüngsten Tag posaunt? wollt ihr euch mit der Schaufel und Haue um einen Bissen trocken Brod abquälen? wollt ihr an der Leute Fenster mit einem Bänkelsängerlied ein mageres Almosen erpressen? oder wollt ihr zum Kalbsfell schwören – und da ist erst noch die Frage, ob man euren Gesichtern traut – und dort unter der milzsüchtigen Laune eines gebieterischen Corporals das Fegfeuer zum Voraus abverdienen? oder bei klingendem Spiel nach dem Takt der Trommel spazieren gehn? oder im Gallioten-Paradies das ganze Eisen-Magazin Vulcans hinterher schleifen? Seht, das habt ihr zu wählen, da ist alles beisammen, was ihr wählen könnt!
Roller. So unrecht hat der Spiegelberg eben nicht. Ich hab’ auch meine Plane schon zusammen gemacht, aber sie treffen endlich auf eins. Wie wär’s, dacht’ ich, wenn ihr euch hinsetztet und ein Taschenbuch, oder einen Almanach, oder so was Ähnlichs zusammensudeltet und um den lieben Groschen recensiertet, wie’s wirklich Mode ist?
Schufterle. Zum Henker! ihr rathet nah zu meinen Projecten. Ich dachte bei mir selbst, wenn du ein Pietist würdest und wöchentlich deine Erbauungsstunden hieltest?
Grimm. Getroffen! und wenn das nicht geht, ein Atheist! Wir könnten die vier Evangelisten auf’s Maul schlagen, ließen unser Buch durch den Schinder verbrennen, und so ging’s reißen ab.
Razmann. Oder zögen wir wider die Franzosen zu Felde – ich kenne einen Dokter, der sich ein Haus aus purem Quecksilber gebauet hat, wie das Epigramm auf der Hausthüre lautet.
Schweizer (steht auf und gibt Spiegelberg die Hand.) Moritz, du bist ein großer Mann! – oder es hat ein blindes Schwein eine Eichel gefunden.
Schwarz. Vortreffliche Plane! honette Gewerbe! Wie doch die großen Geister sympathisieren! Jetzt fehlte nur noch, daß wir Weiber und Kupplerinnen würden, oder gar unsere Jungferschaft zu Markte trieben.
Spiegelberg. Possen! Possen! Und was hindert’s, daß ihr nicht das Meiste in Einer Person sein könnt? Mein Plan wird euch immer am höchsten poussieren, und da habt ihr noch Ruhm und Unsterblichkeit! Seht, arme Schlucker! auch so weit muß man hinausdenken! auch auf den Nachruhm, das süße Gefühl von Unvergeßlichkeit – Roller. Und obenan in der Liste der ehrlichen Leute! Du bist ein Meisterredner, Spiegelberg, wenn’s drauf ankommt, aus einem ehrlichen Mann einen Hallunken zu machen – Aber sag’ doch Einer, wo der Moor bleibt?
Spiegelberg. Ehrlich, sagst du? Meinst du, du seist nachher weniger ehrlich, als du jetzt bist? Was heißt du ehrlich? Reichen Filzen ein Drittheil ihrer Sorgen vom Hals schaffen, die ihnen nur den goldnen Schlaf verscheuchen, das stockende Geld in Umlauf bringen, das Gleichgewicht der Güter wieder herstellen, mit einem Wort, das goldne Alter wieder zurückrufen, dem lieben Gott von manchem lästigen Kostgänger helfen, ihm Krieg, Pestilenz, theure Zeit und Dokters ersparen – siehst du, das heiß’ ich ehrlich sein, das heiß’ ich ein würdiges Werkzeug in der Hand der Vorsehung abgeben, – und so bei jedem Braten, den man ißt, den schmeichelhaften Gedanken zu haben: den haben dir deine Finten, dein Löwenmuth, deine Nachtwachen erworben – von Groß und Klein respectiert zu werden – Roller. Und endlich gar bei lebendigem Leibe gen Himmel fahren und trotz Sturm und Wind, trotz dem gefräßigen Magen der alten Urahne Zeit unter Sonn’ und Mond und allen Fixsternen schweben, wo selbst die unvernünftigen Vögel des Himmels, von edler Begierde herbeigelockt, ihr himmlisches Concert musicieren, und die Engel mit Schwänzen ihr hochheiliges Synedrium halten? nicht wahr? – und wenn Monarchen und Potentaten von Motten und Würmern verzehrt werden, die Ehre haben zu dürfen, von Jupiters königlichem Vogel Visiten anzunehmen? – Moritz, Moritz, Moritz! nimm dich in Acht! nimm dich in Acht vor dem dreibeinigten Thiere!
Spiegelberg. Und das schreckt dich, Hasenherz? Ist doch schon manches Universalgenie, das die Welt hätte reformieren können, auf dem Schindanger verfault, und spricht man nicht von so Einem Jahrhunderte, Jahrtausende lang, da mancher König und Kurfürst in der Geschichte überhüpft würde, wenn sein Geschichtschreiber die Lücke in der Successionsleiter nicht scheute und sein Buch dadurch nicht um ein paar Octavseiten gewönne, die ihm der Verleger mit baarem Gelde bezahlt – Und wenn dich der Wanderer so hin und her fliegen sieht im Winde – der muß auch kein Wasser im Hirn gehabt haben, brummt er in den Bart und seufzt über die elenden Zeiten.
Schweizer (klopft ihn auf die Achsel). Meisterlich, Spiegelberg! meisterlich! Was, zum Teufel, steht ihr da und zaudert?
Schwarz. Und laß es auch Prostitution heißen – was folgt weiter? Kann man nicht auf den Fall immer ein Pülverchen mit sich führen, das Einen so im Stillen über den Acheron fördert, wo kein Hahn darnach kräht! Nein, Bruder Moritz! dein Vorschlag ist gut. So lautet auch mein Katechismus.
Schufterle. Blitz! Und der meine nicht minder. Spiegelberg, du hast mich geworben.
Razmann. Du hast, wie ein anderer Orpheus, die heulende Bestie, mein Gewissen, in den Schlaf gesungen. Nimm mich ganz, wie ich da bin!
Grimm.Sic omnes consentiunt ego non dissentio. Wohlgemerkt, ohne Komma. Es ist ein Aufstreich in meinem Kopf: Pietisten – Quacksalber – Recensenten und Jauner! Wer am meisten bietet, der hat mich. Nimm diese Hand, Moritz!
Roller. Und auch du, Schweizer? (Gibt Spiegelberg die rechte Hand.) Also verpfänd’ ich meine Seele dem Teufel.
Spiegelberg. Und deinen Namen den Sternen! Was liegt daran, wohin auch die Seele fährt? Wenn Schaaren vorausgesprengter Kouriere unsere Niederfahrt melden, daß sich die Satane festtäglich herausputzen, sich den tausendjährigen Ruß aus den Wimpern stäuben, und Myriaden gehörnter Köpfe aus der rauchenden Mündung ihrer Schwefel-Kamine hervorwachsen, unsern Einzug zu sehen? Kameraden! (aufgesprungen) frisch auf, Kameraden! was in der Welt wiegt diesen Rausch des Entzückens auf? Kommt, Kameraden!
Roller. Sachte nur! sachte! Wohin? Das Thier muß auch seinen Kopf haben, Kinder!
Spiegelberg (giftig). Was predigt der Zauderer? Stand nicht der Kopf schon, eh noch ein Glied sich regte? Folgt, Kameraden!
Roller. Gemach, sag’ ich. Auch die Freiheit muß ihren Herrn haben. Ohne Oberhaupt ging Rom und Sparta zu Grunde.
Spiegelberg (geschmeidig). Ja – haltet – Roller sagt recht. Und das muß ein erleuchteter Kopf sein. Versteht ihr? Ein feiner, politischer Kopf muß das sein. Ja, wenn ich mir’s denke, was ihr vor einer Stunde waret, was ihr jetzt seid, – durch Einen glücklichen Gedanken seid – Ja, freilich, freilich müßt ihr einen Chef haben – Und wer diesen Gedanken entsponnen, sagt, muß das nicht ein erleuchteter politischer Kopf sein?
Roller. Wenn sich’s hoffen ließe – träumen ließe – Aber ich fürchte, er wird es nicht thun.
Spiegelberg. Warum nicht? Sag’s keck heraus, Freund! – So schwer es ist, das kämpfende Schiff gegen die Winde zu lenken, so schwer sie auch drückt, die Last der Kronen – sag’s unverzagt, Roller! – vielleicht wird er’s doch thun.
Roller. Und leck ist das Ganze, wenn er’s nicht thut. Ohne den Moor sind wir Leib ohne Seele.
Spiegelberg СКАЧАТЬ