Название: Das Erbe der Macht - Band 22: Königsblut
Автор: Andreas Suchanek
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
Серия: Das Erbe der Macht
isbn: 9783958343832
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Im Näherkommen sah er Chloe, die ihren Zeigefinger durch die Luft gleiten ließ, um ein magisches Symbol zu vollenden. Eines, das Alex sofort erkannte. Ein Leuchtfeuer. Und sobald es loderte, würde Merlin wissen, wo er hineilen musste.
Samuel«, sagte Anne nur und deutete auf einen hageren Mann im mittleren Alter. »Er ist quasi mein erster Offizier.«
Tomoe schwieg und betrachtete den Dreimaster. Es wunderte sie keinen Moment, dass die ehemalige Piratenkönigin ein historisch anmutendes Schiff dieser Größe ausfindig gemacht hatte. Möglicherweise war bei der Instandsetzung Magie im Spiel gewesen.
Ein letzter Schritt, dann stand Tomoe auf dem Deck. Die Planke wurde eingeholt, Befehle wurden gebrüllt. In der Takelage schwangen sich Matrosen umher, eine Frau mit Fernglas stand an der Reling.
»Hast du ein Zeitportal geöffnet und sie alle hergeholt?«, fragte Tomoe.
»Das hier ist eine Chance. Wir sind ständig in Bewegung, Merlin kann uns nicht finden und wir halten uns aus dem großen Krieg heraus.« Anne stemmte die geballten Hände in die Hüften und ließ den Blick stolz über ihre Crew schweifen. »Täusche dich nicht, die Faust von Anne hat durchaus Annehmlichkeiten.«
Tomoe war gespannt darauf, diese zu erkunden. Nach einer ewig anmutenden Flucht fühlte sie sich ausgelaugt und verdreckt. Noch wichtiger aber waren ihr Informationen.
»Hast du einen Kurs für uns?«, hakte Anne nach.
»Einstweilen hinaus auf hohe See«, blieb sie vage. »Wir beide müssen uns zuerst unterhalten.«
Anne verzog die Lippen zu einem Lächeln. »Nichts anderes hätte ich von dir erwartet. Da sag noch mal jemand, du könntest nur Zahlen schubsen und Aktien verschieben.«
Bevor Tomoe ihr dazu deutlich die Meinung sagen konnte, setzte Anne sich in Bewegung. Sie steuerte auf den Deckaufbau zu, der typischerweise die Kabine des Kapitäns enthielt. Während Samuel zurückblieb, schloss Tomoe sich an.
Die Kapitänskajüte war gemütlich eingerichtet. Ein dicker Teppich lag auf dem Boden, der Schreibtisch war gewaltig. An der Seite stand ein Messingglobus, auf dem die Faust von Anne als winzige Illusionierung zu erkennen war, die rasch die Position veränderte. An den Wänden hingen Gemälde, die das dichte Grün einer Insel zeigten, ein altes Holzhaus und – einen Kerker.
»Ich wusste nicht, dass du auch Malerin bist.« Tomoe nickte mit dem Kinn in Richtung der Gemälde.
»Hat nicht jeder eine Passion? Ein Talent?« Anne sank in ihren ledergepolsterten Stuhl. »Ich schlitze nicht nur Feinde auf, weißt du.«
Was Tomoe in einem Satz verdeutlichte, dass sie auf unterschiedlichen Seiten standen – und das völlig unabhängig von Licht und Schatten. Sie selbst handelte nach einem Kodex der Ehre, sie verletzte nur in Notfällen, war nicht bereit, Leben aus Freude zu nehmen. Anne hingegen schien von einer zerstörerischen Flamme angetrieben zu werden, die nach Blut lechzte.
»Du hast Merlin also den Rücken gekehrt?«, fragte Tomoe und ließ sich ohne Aufforderung in den Besuchersitz sinken.
»Sagen wir: Als die Blutnacht begann, habe ich das als mein Stichwort betrachtet.« Sie zuckte leichthin mit den Schultern. »Merlin wollte, dass ich ab diesem Punkt die Meere für ihn kontrolliere und mich um Nemo kümmere. Warne deinen Freund, es werden andere kommen.«
»Warum sind sie nicht längst da?«
Anne seufzte. »Merlin hat etwas vor. Das Seelenmosaik war der letzte Schlüssel. Es war ihm so wichtig, dass er sogar die Enthüllung Chloes akzeptiert und die Blutnacht eingeleitet hat. Bevor du fragst: Ich kann dir nicht sagen, worum es dabei geht.«
Einmal mehr bereute Tomoe, sich in der Holding eingekapselt zu haben. Sie war davon ausgegangen, dass Johanna, Leonardo, Kleopatra, Einstein und Edison alles im Griff hatten.
»Wieso tötet er uns nicht? Uns Unsterbliche.«
»Tja, er hat wohl Angst vor der Zitadelle. Denn erlischt das Leben eines Unsterblichen, wird ein Nachfolger ernannt. Auf diesen Kreislauf hat auch er keinen Einfluss.«
Zum ersten Mal kam Tomoe ein Gedanke. »Er glaubt, dass die Veränderungen geheim bleiben, solange niemand in die Zitadelle zurückkehrt?«
»Falls die Zitadelle ihre Informationen über die Rückkehr von Unsterblichen erhält, würden die Mächtigen so lange nichts erfahren, bis wieder einer seine Wacht beendet.«
Ungläubig schüttelte Tomoe den Kopf. »Sie werden es längst wissen.«
»Aber greifen sie auch ein?« Anne schenkte ihr einen fragenden Blick. »Letztlich wissen wir gar nichts. Die Zitadelle ist ein Bauwerk irgendwo im Nichts zwischen den Welten. Keiner weiß, ob sie überhaupt noch existieren, die Mächtigen.«
»Ich hoffe, du irrst dich.«
»Was uns zu dir führt.« Anne machte eine auffordernde Handbewegung. »Leg los.«
Tomoe beschloss, der Unsterblichen eine Chance zu geben, aber auf der Hut zu bleiben. »Auf meiner Flucht habe ich lange darüber nachgedacht, wie Merlin besiegt werden kann.«
»Du hast eine mystische Waffe gefunden?« Anne grinste wie ein Kind am Weihnachtsmorgen.
»Ganz so ist es nicht, geht aber in diese Richtung. Ich habe einen alten Freund aufgesucht, der mir Zugang zur Traumebene verschafft hat.«
»Was soll das sein?«
Tomoe rief sich ins Gedächtnis, dass Anne erst vor wenigen Monaten ihre Wacht begonnen hatte. In ihrem ersten Leben als Nimag hatte sie vermutlich nichts über den Traumkrieg oder die Traumebene an sich erfahren. Mit wenigen Worten setzte sie die Piratin ins Bild.
»Und in diesem stabilen Bereich gibt es das gesamte Wissen der Menschheit?«
»Ganz so einfach ist es nicht, aber man kann sagen, dass die Bücher dort Informationen aufnehmen. Manche wurden bewusst angefertigt, andere chaotisch erschaffen. Das Wissen der Träumer, konserviert für die Ewigkeit. Ich wollte eine Waffe finden, die Merlin aufhalten kann. Doch wie es scheint, benötige ich dafür das Blut des ersten und des letzten Sehers.«
Anne schnippte mit den Fingern. »Warte, davon habe ich gehört. Der letzte Seher war dieser Joshua.«
Tomoe nickte. »Das reicht aber nicht. Es geht hier nicht um die Blutlinie oder irgendwelche Nachfahren, es geht um die Seher selbst.«
»Ich bin ja grundsätzlich ein Sonnenschein, was meinen Optimismus angeht.«
»Ach?«
»Absolut. Jeder Feind lässt sich aufschlitzen, man muss es nur hart genug wollen. Aber in diesem Fall bin ich pessimistisch. Wie willst du an das Blut gelangen?«
»Genau dafür habe ich nach einer Lösung gesucht und in einem alten Buch etwas dazu gefunden. Einen verborgenen Ort, der die Barriere der Zeit aufhebt.«
»Eine Möglichkeit, durch die Zeit zu reisen? Ich dachte, dafür hat es einmal ein Portal gegeben, СКАЧАТЬ