Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten. Sven Elvestad
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Название: Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten

Автор: Sven Elvestad

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027212743

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СКАЧАТЬ schwarze Schlagschatten, deren oberster Rand vom Mondlicht versilbert war. Der Fremde ging wieder landeinwärts, es war eine sehr stille Nacht, die erste Frühlingsnacht, mit einem seltsamen Duft, einem Gemisch von Erde und Meer in der Luft. Er hörte jetzt ganz deutlich Ziehharmonikatöne vom Kirchenhügel, es waren zwei Instrumente, eine Musik, die sich entfernte und über die Klippen hin verklang, und eine andere, die näher kam. Der Fremde ging dem Laut nach. Schließlich kam er zwischen die großen Bretterhaufen, hier war der Boden weich von Hobelscharten und Sägespänen, seine Schritte waren nicht mehr zu hören. Die Ziehharmonika war nun verstummt, aber der Fremde hatte zwei schwarze Gestalten erblickt, die an den aufgestapelten Brettern vorbei dem Wasser zugingen. Es war ein junger Bursch mit einer Ziehharmonika an einem Riemen über der Schulter und ein junges Mädel – es waren Ann-Mari und Sigvard.

      Sie setzten sich dicht nebeneinander auf eine Bank. Von hier hatten sie die Aussicht auf den Fluß, sie konnten die Bäume am anderen Ufer sehen, auch die Schären und den Meeresrand und das Fährhaus, das weit weg, schwarz und hoch zu brüten schien. Sie saßen ganz still, benommen von der großen Ruhe, die über der Erde lag, und dem funkelnden, zuckenden Leben oben am Himmel. Der Mond, der unter den Wolken verschwand und wieder auftauchte, das ganze gewaltige Himmelsgewölbe war doch in diesem Augenblick nur ein Spielzeug für die zwei Menschenkinder, die stumm dasaßen und sich wunderten.

      Sigvard stellte die Ziehharmonika auf seine Knie, aber er spielte nicht. Der junge Bursche war ein Sonderling, ein Träumer. Alles war ganz toll und verkehrt in diesem kleinen Ort, nicht einmal die Jugend hatte die gewöhnliche unmittelbare Jugendfrische. Sie war entweder unterjocht, geduckt und mutlos, oder auch frech und bösartig – oder auch wie Sigvard ein Phantast, ein Dichter, der in Grübeleien versank und oft in unverständlicher gehobener Sprache redete. Aber dies erregte in dem kleinen Orte nicht soviel Verwunderung, als es anderswo der Fall gewesen wäre. Vor allem keine Heiterkeit. Man fand sich damit ab, daß hier alles anders sein mußte, auch die Jugend, der Frühling der Menschheit, das gehörte alles mit zu dem Fluch.

      Sigvard beschrieb mit der Hand einen großen Bogen.

      »Siehst du, wie eingeschlossen wir sind, Ann-Mari,« sagte er, »innerhalb des Horizontes ist nichts anderes als das Fährhaus und ein winzig kleines Stückchen Welt, die Bäume dort drüben, ein bißchen Meer und die Schären. Sonst nichts. Keine anderen Menschen. Ich weiß wohl, daß das Leben dort draußen groß und reich ist. Aber wenn ich hier daheim sitze und daran denke, dann habe ich das Gefühl, daß all das andere so weit weg ist, so schrecklich weit weg, Ann-Mari.«

      »Das ist, weil die anderen Menschen glücklicher sind als wir«, sagte Ann-Mari. »Wir haben immer nur an etwas Schlimmes zu denken. Jedesmal, wenn ich morgens erwache, weiß ich, daß ich etwas zu fürchten habe. Oft kann ich nicht herausfinden, was es ist, aber ich weiß doch, daß mir vor etwas bangt. Und ich kann stundenlang herumgehen und darauf warten, und dann kommt es. Ich glaube nicht, daß es den anderen Menschen dort draußen so ergeht. Darum fühlen wir uns so einsam, glaube ich, weil es von denen, die unglücklich, zu denen, die ein bißchen glücklich sind, so furchtbar weit ist.«

      Sigvard fingerte verlegen über die Klaviatur seiner Ziehharmonika.

       »Aber wenn du an ... an uns zwei denkst?« fragte er.

      »Sigvard, ich will es dir sagen, dann werde ich sehr froh, aber nur für einen kleinen, kleinen Augenblick.«

      »Wir werden es schon schaffen«, sagte Sigvard ernst. »Auch wenn Vater noch so sehr dagegen ist. Ich kann mir mein Brot schon selber verdienen.«

      »Ja, aber es ist nicht nur das. Aber wenn ich daran denke, daß auch wir hier so weiter herumgehen sollen, fühle ich mich schrecklich unglücklich. Davor ist mir wohl oft bange gewesen, ohne daß ich es wußte.«

      »Wir werden schon draußen in der Welt zu Menschen finden, die glücklicher sind«, erwiderte Sigvard.

      Er blieb ein Weilchen still sitzen. Dann fügte er hinzu:

      »Heute habe ich viel über das Schiff nachgegrübelt, das verschwunden ist.«

      »Weil es zwanzig Jahre her sind?«

      »Nicht so sehr deshalb, als weil alle Menschen heute mehr davon gesprochen haben als sonst. Mir scheint, jedesmal wenn sie davon sprechen, werden sie immer noch bösartiger gegeneinander. Und da muß man ja darüber nachdenken, was eigentlich an der ganzen Sache ist. Weder du noch ich haben das Schiff gesehen, Ann-Mari. Jetzt habe ich die wunderliche Vorstellung, daß es gar nicht dagewesen ist.«

      Ann-Mari sah ihn erschrocken an.

      »Aber Sigvard!« sagte sie vorwurfsvoll.

      »Ja, siehst du!«

      Wie alle einfachen Menschen, die sich ihre tiefen Grübeleien nicht klarmachen können, suchte auch Sigvard sich mit Zeichen zu helfen. Er führte die zwei Zeigefinger hoch oben in der Luft zusammen, trennte sie dann wieder und beschrieb einen großen Bogen, worauf sich die Finger tief unten wieder trafen.

      »Weißt du noch,« fuhr er fort, »als wir zur Konfirmation gingen, da sprach der Pfarrer von Geistern und Gespenstern. Davor braucht man nicht bange zu sein, sagte der Pfarrer. Selbst wenn wir ein Gespenst sehen, so existiert es nicht, es ist nur eine Furcht, ein Beben in unserer eigenen Brust, das Gestalt angenommen hat. Ja, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, Ann-Mari, aber vielleicht ist dieses Schiff auch nur ein Gespenst, vielleicht ist es nur aus den bösen Gedanken der Menschen entstanden.«

      Ann-Mari sah von ihm weg. Plötzlich sagte sie:

      »Jetzt ist Licht in den Fenstern des Fremden. Er sah so unruhig und unglücklich aus, dieser Mann, er sei so müde, sagte er, aber siehst du, jetzt kann er nicht mehr schlafen.«

      »Vielleicht will er nur ein bißchen lesen«, meinte Sigvard.

      »Nein,« sagte Ann-Mari, »er geht im Zimmer auf und ab, das Licht bewegt sich ja von einem Fenster zum anderen.«

      Plötzlich fuhr sie auf:

      »Nein, was war das?«

      Beide hatten dasselbe gehört. Sie sprangen von der Bank auf und blickten in die tiefe Dunkelheit zwischen den Holzstößen. Da hörten sie rasche Schritte, die sich entfernten.

      VII. Mit der Axt ...

       Inhaltsverzeichnis

       Die Schritte verloren sich nach dem Dorfe zu. Die beiden jungen Menschen standen da und sahen einander an.

      »Da hat jemand gehorcht«, flüsterte Ann-Mari.

      Sigvard antwortete nicht. Er spielte ein paar Tonfolgen auf der Harmonika, gleichsam eine Botschaft an den Horcher, daß das Ganze ihm völlig gleichgültig war.

      Wieder setzten sie sich auf die Bank, diesmal enger aneinandergeschmiegt. Ann-Mari schmeichelte ihre Hand unter den Arm des Jünglings. Die Störung hatte sie nur noch vertrauter gemacht.

      Ann-Mari flüsterte:

      »Wenn jemand gehört hat, was du da sagtest, dann klatscht er morgen vielleicht. Und dann lachen dich die andern aus.«

      »Was liegt mir daran«, antwortete Sigvard niedergeschlagen.

       »Du weißt ja, alle СКАЧАТЬ