Erich Mühsam: Verse eines Kämpfers (151 Gedichte in einem Band). Erich Muhsam
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СКАЧАТЬ Junge Zweige mußt du vom Strauche brechen!

       Junge, gesunde Lämmer mußt du Gott schlachten!

       65

      Junges, warmes Blut muß himmelwärts dampfen!

       Aus deinem Reichtum mußt du zu opfern trachten!

       Wenn sich die Menschen dem Herrn zu trotzen erfrechen,

       wird er sie richten und ihre Saaten zerstampfen!“

       Auf sprang ich da und griff an die Gurgel dem Spötter.

       70

      Winselnd wand sich der Qualm im Sturmesgeheule.

       „Junges Blut will dein Herr? – So soll er es haben!

       Folge du nach deinen wohlgefälligen Gaben!

       Grüß mir mein armes Rind! – und grüß Deine Götter!“ –

       Und ich erschlug den Bruder mit wuchtender Keule. –

       75

      Mächtig dehnte sich meine Brust und ich hob

       gegen den Himmel die Faust und schwenkte sie drohend.

       Doch aus der Opferglut, die gewirbelt stob,

       riß der Sturm einen Splitter und jagte ihn lohend

       mir an die Stirn. Ich sank mit furchtbarem Schrei,

       80

      daß ich im weiten Umkreis die Menschen weckte,

       nieder. Es schrieen die Rinder. Der Himmel dröhnte

       donnernd, während im Staube die Glut verreckte. –

       Aber schon eilten jammernde Menschen herbei.

       Ich entfloh, von Schmerzen gehetzt, daß ich stöhnte.

       85

      Hinter mir gellten die Racheflüche der Hirten.

       Alle verlangten den Brudermörder zu steinigen,

       mich zu entsetzlichem Tode langsam zu peinigen.

       Vorwärts stürzte mein Fuß, daß die Felsen klirrten . . .

      Immer noch flieh ich dem Zorn der Menschengemeinde.

       90

      Unstet und rastlos irr ich von Ort zu Ort.

       Doch mein Mal an der Stirn, vom Scheite gebrannt,

       allüberall verrät’s mich dem lauernden Feinde.

       Allüberall treibt mich sein Racheruf fort.

       Von den Stätten der Menschheit bin ich verbannt.

       95

      Darbend fahr ich durchs Land, vogelfrei.

       Doch, wo ein Rauch sich senkrecht zum Himmel hebt,

       wo zufriedene Menschen sich dankbar beugen, –

       ah! – da schleich ich mit krummem Rücken vorbei,

       kralle die Hand, die vom Blute des Bruders klebt,

       100

      heiße mein Feuermal gegen die Menschheit zeugen! –

       Opfert ihm nur, dem Gott der Gerechten und Guten,

       der eure Hütten mit köstlichen Früchten füllt,

       der euern Leib mit wärmenden Fellen umhüllt!

       Junge Lämmer laßt ihm zum Preise bluten!

       105

      Danket für euern Reichtum dem Gotte der Reichen!

       Und verschließt vor dem Hunger des Armen die Scheuer!

       Wen Gott haßt, den mögt ihr richten als Schlechten!

       Was euer Gott auf den Feldern gedeihen laßt, ist euer!

       Ihr nur seid wert, dem Ebenbild Gottes zu gleichen!

       110

      Aber auf mich ergieß sich der Zorn der Gerechten! – –

       Kommt! Ich fürcht mich nicht mehr! Hier steh ich zum Kampf!

      Eure geballten Fäuste schrecken mich nicht!

       Brudermörder ihr selbst – und tausendfach schlimmer!

       115

      Aus euerm Scheiterhauf raucht meines Herzbluts Dampf.

       Trag ich so gut als ihr nicht Menschengesicht?

       Aufrecht steh ich vor euch und fordre mein Teil! . . .

       Gebt mir Freiheit und Land! – und als Bruder für immer

       kehrt euch Kain zurück, der Menschheit zum Heil!

      Golgatha

       Inhaltsverzeichnis

      1911

      Gebeugte Menschen mit stumpfem Blick

       hocken in dumpfen Spelunken.

       Den Neid im Auge, die Not im Genick,

       von elendem Fusel trunken.

       5

      Da tönt eine Stimme von außen herein:

       „Kopf hoch! Ihr seid nicht verloren.

       Ich füll eure Becher mit goldenem Wein.

       Auch euch ist der Heiland geboren.

       Heraus ins Freie und folgt mir nach,

       10

      wo Schätze liegen!“

       Die Stimme des Mannes, die also sprach,

       hat plötzlich geschwiegen,

       Ein Scherge führt ihn gefesselt fort.

       Den Menschen aber da drinnen

       15

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