Название: Der Liebesschwur
Автор: Barbara Cartland
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland
isbn: 9781782136460
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Niemals hatte er geglaubt, auch in England dem Hunger zu begegnen. Im Vergleich zu anderen Ländern war England ein Land, in dem Milch und Honig flossen.
Giselda hatte sich sehr verändert, als sie zurückkam. Sie trug ein einfaches blaues Kleid. Dem Grafen fiel auf, daß es ein sehr altmodisches Modell war. Aber keinesfalls war es ein Kleid, das gewöhnliche Dienstboten sonst trugen.
Ein kleiner weißer Kragen umrahmte Giseldas Gesicht. Der Kragen wurde durch blaue Samtbänder zusammengehalten und verdeckte so ihre hervorstehenden Knochen. Ihre eingefallenen Wangen und die scharfen Kinnknochen jedoch konnte nichts verbergen.
Sie trug jetzt keine Haube mehr, und der Graf konnte ihr blondes Haar sehen, das sie von der Stirn aus nach hinten gekämmt hatte. Sie hatte eine schöne ovale Stirn. Jedoch schien ihr Haar ohne Spannkraft zu sein. Der Graf nahm an, daß dies der mangelhaften Ernährung zuzuschreiben war.
Sie hatte nur einen kurzen Blick auf den reich gedeckten Tisch geworfen. Jetzt stand sie in der Tür und sah den Grafen an.
„Ich warte darauf, daß du dich zu mir setzt“, sagte er. „Und ich glaube, daß es unter den gegebenen Umständen das Beste ist, wenn sich jeder selbst bedient. Oder aber du kümmerst dich auch um mich.“
„Ja, Mylord.“
„Ich hätte gern ein Glas Rotwein. Ich hoffe, du leistest mir Gesellschaft dabei.“
Giselda nahm die Karaffe und füllte das Glas des Grafen. Dann sah sie das zweite Glas an und zögerte.
„Es wird dir guttun“, meinte der Graf.
„Ich glaube, es ... wäre unklug, Mylord.“
„Warum?“
Kaum hatte er diese Frage geäußert, wurde ihm gleichzeitig bewußt, wie dumm sie war. Schnell fügte er darum hinzu: „Wann hast du das letzte Mal gegessen?“
„Bevor ich gestern abend hier fortgegangen bin.“
„Hast du reichlich gegessen?“
„Ich dachte zuerst, daß ich großen Hunger hätte. Dann aber war es, als könnte ich nicht schlucken.“
Der Graf wußte, daß dies ein typisches Zeichen von mangelnder Ernährung war.
„Ich nehme an, daß du die Reste mitgenommen hast?“
„Das ... konnte ich nicht.“
„Hat man es dir nicht erlaubt?“
„Ich habe den Küchenchef gebeten, mir das halbe Huhn mitzugeben, das von Ihrem Abendessen übrig war. Er wollte es gerade in die Mülltonne werfen.“ Sie unterbrach sich einen Augenblick, um dann fortzufahren. „Er hat mir gar keine Antwort gegeben. Die Reste von dem Huhn hat er den Hunden hingeworfen. Die waren aber schon so sattgegessen, daß sie es gar nicht anrührten.“
Ihre Stimme verriet keinerlei Gefühle, während sie die Geschichte erzählte.
„Setz dich!“ befahl der Graf ihr. „Ich möchte sehen, wie es dir schmeckt. Und bevor wir beginnen, möchte ich klarstellen, daß du alles mitnehmen kannst, was übrig bleibt.“
Er sah, wie Giselda sich versteifte. Dann sagte sie: „Sie beschämen mich, Mylord. Ich hatte nicht betteln wollen, als ich Ihnen diese Geschichte erzählte.“
„Ich hatte schon daran gedacht, bevor du mir alles erzählt hast“, beschwichtigte sie der Graf. „Und nun, mein Kind, iß und hör endlich auf, dich um jede Kleinigkeit mit mir zu streiten. Es gibt nichts, was mich mehr aufregt, als wenn jemand über jeden Vorschlag, den ich mache, argumentieren muß.“
Als Giselda sich setzte, huschte ein ganz kleines Lächeln über ihre Lippen.
„Es tut mir leid... Mylord... ich bin Ihnen sehr dankbar.“ „Dann zeig es auch, indem du endlich etwas von den Speisen in dich hineinstopfst.“
Sie mußte wieder lächeln.
Sie nahm sich ein Stück von der Zunge und wartete dann, daß der Graf sich mit den verschiedenen Saucen bediente.
Wenn der Graf sich darauf gefreut hatte, zu beobachten, wie ein hungriger Mensch sich für Wochen der Entbehrung entschädigen würde und mit großem Appetit große Mengen verschlingen würde, so wurde er jetzt stark enttäuscht.
Giselda aß sehr langsam und wählte alles sehr sorgfältig aus. Lange bevor der Graf gesättigt war, konnte sie schon nichts mehr essen.
Der Graf überredete sie zu einem Gläschen Rotwein, von dem sie jedoch nur einige wenige Schlucke zu sich nahm.
„Ich bin es aber nicht gewohnt, Wein zu trinken“, sagte sie entschuldigend. „Aber jetzt, mit dem vielen Geld, das ich verdienen werde, wird es uns sicher sehr viel besser gehen.“
„Nun, sehr weit wird es auch nicht reichen“, erwiderte der Graf. „Man hat mir erzählt, daß die Preise doch erheblich gestiegen sind.“
„Das ist wahr, aber wir werden schon ... auskommen.“
„Hast du schon immer in Cheltenham gelebt?“
„Nein.“
„Wo hast du denn vorher gelebt?“
„In einer kleinen Ortschaft in ... Worcestershire.“
„Und warum seid ihr hier hergekommen?“
Einen Augenblick lang herrschte Stille. Dann sagte Giselda: „Wenn Eure Lordschaft mich entschuldigen wollen, würde ich jetzt gerne nach Hause gehen, um die Salbe für Ihr Bein zu holen. Ich bin nicht sicher, ob meine Mutter genügend vorrätig hat. Sie müßte sonst noch neue anrühren, und das kostet Zeit. Ich möchte nicht, daß Sie heute Nacht ohne sind.“
Der Graf sah sie an.
„In anderen Worten, du willst meine Frage nicht beantworten.“
„Nein ... Mylord.“
„Warum nicht?“
„Ich möchte nicht, daß Eure Lordschaft mich für unverschämt halten. Aber ich betrachte mein Zuhause als meine Privatangelegenheit.“
„Warum?“
„Aus Gründen... über die ich nicht sprechen kann, Mylord.“
Als ihre Blicke sich trafen, schien es, als würde ein Kampf zwischen beider Willen stattfinden. Dann sagte der Graf in gereiztem Tonfall: „Warum zum Teufel mußt du so geheimnisvoll und rätselhaft sein? Ich interessiere mich für dich. Und der Himmel weiß, daß es nicht viel gibt, wofür ich mich im Augenblick interessieren kann, außer ständig an mein krankes Bein zu denken.“
„Es... tut mir leid, wenn ich... Eure Lordschaft ... enttäuscht habe.“
„Aber du hast trotzdem nicht die Absicht, meine Neugierde zu befriedigen?“
„Nein ... Mylord.“
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