Die Nacht der Erfüllung: Erzählungen. Rabindranath Tagore
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Название: Die Nacht der Erfüllung: Erzählungen

Автор: Rabindranath Tagore

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066117351

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СКАЧАТЬ an der Seite jenes Riesen, der so sicher dahinschritt durch die Welt der Worte und Gedanken und alle Schwierigkeiten mit einem Tritt zu Boden stampfte. Zum erstenmal wurde es ihnen klar, daß die Dichtungen Schekhars lächerlich einfach waren, und daß sie sie ebenso gut selbst hätten schreiben können. Sie waren weder neu, noch schwer verständlich, noch belehrend, noch unentbehrlich.

      Der König versuchte heimlich durch scharfe Blicke seinen Dichter zu einem letzten Versuch anzuspornen. Aber Schekhar beachtete es nicht und blieb stumm auf seinem Platz sitzen.

      Da stand der König zornig auf von seinem Thron – nahm seine Perlenkette ab und legte sie Pundarik um das Haupt. Alle in der Halle riefen Beifall. Oben vom Balkon her kam ein leises Geräusch, wie das Rauschen eines Gewandes und der Klang von goldenen Glöcklein. Schekhar erhob sich und verließ die Halle.

      Die Nacht war dunkel, die Sichel des abnehmenden Mondes gab nur ein mattes Licht. Der Dichter Schekhar nahm seine Manuskripte aus dem Schrank und häufte sie auf dem Fußboden auf. Einige davon enthielten seine ersten Dichtungen, die er fast vergessen hatte. Er blätterte darin und las hier und da eine Seite. Sie schienen ihm alle so unbedeutend und armselig, bloße Worte und kindische Reime.

      Er zerriß seine Bücher eins nach dem andern und warf sie ins Feuer, indem er sagte: „Dir, dir will ich sie weihen, o meine Schönheit, mein Feuer! Du hast all diese verlorenen Jahre in meinem Herzen gebrannt. Wenn mein Leben ein Stück Gold gewesen wäre, so wäre es strahlender aus dieser Feuerprobe hervorgegangen. Aber es ist eine zertretene Rasenscholle und nichts bleibt von ihm übrig als diese Handvoll Asche.“

      Die Nacht rückte langsam vor. Schekhar öffnete seine Fenster weit. Er breitete auf seinem Lager die weißen Blumen aus, die er so liebte: Jasminblüten, Tuberosen und Chrysanthemen, brachte alles, was er an Lampen im Hause hatte, in sein Schlafzimmer und zündete sie an. Dann vermischte er den Saft einer giftigen Wurzel mit Honig, trank ihn und legte sich auf sein Lager.

      Da erklangen draußen im Korridor goldene Fußspangen und die Brise trug einen feinen Duft ins Zimmer.

      Der Dichter hatte die Augen geschlossen. „Meine Herrin,“ flüsterte er, „hast du endlich Erbarmen mit deinem Diener und kommst zu ihm?“

      Eine süße Stimme antwortete: „Mein Dichter, ich bin da.“

      Schekhar öffnete die Augen und sah an seinem Lager die Gestalt einer Frau. Er konnte nur noch wie durch einen Nebel sehen. Und es schien ihm, daß das aus dem Schatten geborene Bildnis, das er so lange im geheimen Schrein seines Herzens bewahrt hatte, jetzt in seinem letzten Augenblick in die Welt hinausgekommen war, um ihm ins Antlitz zu sehen.

      Die Gestalt sagte: „Ich bin die Prinzessin Adschita.“ Mit äußerster Anstrengung richtete sich der Dichter von seinem Lager auf.

      Die Prinzessin flüsterte ihm ins Ohr: „Der König hat dir nicht Gerechtigkeit widerfahren lassen. Du warst es, mein Dichter, der den Kampf gewann, und ich bin gekommen, um dich mit dem Siegeskranz zu krönen.“

      Damit nahm sie den Blumenkranz von ihrem Haar und setzte ihn dem Dichter aufs Haupt, und der Dichter sank tot auf sein Lager zurück.

       Inhaltsverzeichnis

       Inhaltsverzeichnis

      „MASCHI!“

      „Versuche zu schlafen, Dschotin, es wird spät.“

      „Das macht nichts. Ich habe nicht mehr lange zu leben. Ich dachte eben, daß Mani doch lieber zu ihrem Vater sollte nach – wo wohnt er doch noch?“

      „In Sitarampur.“

      „O ja, Sitarampur. Schicke sie dahin. Sie sollte nicht länger bei einem kranken Mann bleiben. Sie ist selbst nicht kräftig.“

      „Nun höre ihn einer! Denkst du denn, sie könnte es ertragen, dich in diesem Zustand zu verlassen?“

      „Weiß sie, was die Ärzte –?“

      „Aber das sieht sie ja selbst! Als ich neulich nur leise andeutete, daß sie zu ihrem Vater sollte, weinte sie sich fast die Augen aus.“

      Wir müssen hier zur Erklärung sagen, daß dieser Bericht die Wahrheit etwas entstellte – um es gelinde auszudrücken. In Wirklichkeit verlief das Gespräch mit Mani folgendermaßen:

      „Nun, mein Kind, du hast wohl Nachricht von deinem Vater bekommen? Ich meinte, deinen Vetter Anath hier zu sehen.“

      „Ja! Nächsten Freitag ist das Annapraschan-Fest[2] meiner kleinen Schwester. Daher meine ich –“

      „Schön, liebes Kind. Schicke ihr ein goldenes Halsband. Darüber wird deine Mutter sich freuen.“

      „Ich möchte selbst hinreisen. Ich habe meine kleine Schwester noch gar nicht gesehen, und ich möchte sie gar zu gern sehen.“

      „Was fällt dir ein? Du denkst doch nicht im Ernst daran, Dschotin allein zu lassen? Hast du nicht gehört, was der Arzt gesagt hat?“

      „Aber er sagte doch, daß augenblicklich keine besondere Ursache zu –“

      „Wenn er das auch gesagt hat, du siehst doch, wie krank er ist.“

      „Sie ist das erste Mädchen nach drei Brüdern und alle machen soviel aus ihr. – Ich hörte, daß es eine große Sache werden soll. Wenn ich nicht komme, wird Mutter sehr –“

      „Ja, ich weiß! Ich verstehe deine Mutter nicht. Aber ich weiß auch sehr gut, wie böse dein Vater sein wird, wenn du jetzt gerade Dschotin allein läßt.“

      „Du mußt ihm ein paar Zeilen schreiben und ihm sagen, daß kein besonderer Grund zur Besorgnis da ist und daß, selbst wenn ich reise, auch kein –“

      „Ja, da hast du recht; selbst wenn du reist, so ist nicht viel verloren. Aber das wisse: wenn ich deinem Vater schreibe, werde ich ihm offen sagen, was ich denke.“

      „Dann brauchst du nicht zu schreiben. Ich werde meinen Mann fragen, und er wird sicher –“

      „Nun hör mal, mein Kind. Ich habe ein gut Teil von dir ertragen, aber wenn du das tust, sind wir fertig miteinander. Und dein Vater kennt dich zu gut, als daß du ihn täuschen könntest.“

      Als Maschi fort war, warf Mani sich verdrießlich aufs Bett.

      Ihre Nachbarin und Freundin kam und fragte, was geschehen sei.

      „Denk dir nur! Ist es nicht eine Schande? Jetzt kommt das Annapraschan-Fest meiner einzigen Schwester, und sie wollen mich nicht hinreisen lassen!“

      „Aber Mani! Du denkst doch nicht wirklich daran, hinzureisen, wo dein Mann so krank ist?“

      „Ich tue doch nichts für ihn, und ich könnte es auch nicht, wenn ich es auch versuchte. Ich will dir offen sagen: Es ist so sterbenslangweilig СКАЧАТЬ