Название: Neu-Land
Автор: Иван Тургенев
Издательство: Public Domain
Жанр: Русская классика
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Neshdanow nickte bejahend mit dem Kopf, – Markelow griff wieder zu seiner Cigarette.
– Es befindet hier sich unter der Dienerschaft ein höchst brauchbarer Mensch, – begann er von neuem; – nicht Iwan, der bei Ihnen ist das ist eine Fischnatur; nein, ein Anderer . . . er heißt Cyrill und hat das Buffet unter sich (dieser Cyrill war als ein Erztrunkenbold bekannt). – Sehen Sie ihn sich näher an. Ein desperater Kerl . . . nun, schüchtern thun, ist jetzt nicht unsere Sache. Was sagen Sie aber zu meiner Schwester? – fügte er, den Kopf mit den gelben Augen plötzlich zu Neshdanow emporhebend, hinzu. – Die ist doch noch schlauer als mein Schwager. Wie denken Sie über meine Schwester!
– Ich denke, daß es eine sehr angenehme und liebenswürdige Dame ist. . . Und auch eine sehr schöne Dame. . .
– Hm! Wie Ihr Euch, meine Herren, in Petersburg fein auszudrücken versteht. . . Ich staune-! – Nun . . . in Hinsicht, aber . . . – fing er an, hielt jedoch plötzlich mit finsterer Miene in seiner Rede inne. – Ich sehe, wir müssen uns aussprechen, – begann er von neuem. – Hier geht’s aber nicht. Weiß der Teufel! Sie horchen am Ende hinter der Thür. Wissen Sie, was ich Ihnen vorschlagen will? Heute ist Sonnabend, morgen werden Sie wohl keine Stunden geben? Nicht wahr?
– Morgen um drei Uhr ist eine Repetition angesagt.
– Eine Repetitioni Ganz wie im Theater! Es ist wohl meine liebe Schwester, die solche Worte erfindet? Nun gut. Wenn Sie wollen, könnten wir vielleicht gleich zu mir fahren. Es sind nur zehn Werst bis zu meiner Besitzung. Meine Pferde sind tüchtig: im Nu sind wir da. – Sie schlafen bei mir, wir bleiben den Morgen zusammen – um drei Uhr sind Sie mit meinen Pferden dann wieder hier. Sind Sie damit einverstanden?
– Gut, – willigte Neshdanow ein. – Er war seit dem Erscheinen Markelow’s in höchst aufgeregter, gedrückter Stimmung. Der plötzliche Anschluß an diesen Menschen beunruhigte ihn und doch zog es ihn andererseits wieder zu ihm hin. Er fühlte, er sah es, daß Markelow, obgleich geistig wahrscheinlich wenig entwickelt, ein unbedingt ehrlicher und charakterfester Mensch war. Dazu kam noch die seltsame Scene im Birkenhain, die unerwartete Erklärung Mariannen’s. . . .
– Das ist herrlich! – rief Markelow aus. – Rüsten Sie sich jetzt zur Fahrt – ich lasse unterdessen anspannen. Sie brauchen doch keine besondere Erlaubniß?
– Ich werde es anzeigen. Ohne diese Anzeige darf ich mich nicht entfernen, wie mir scheint.
– Ich werde es sagen, – fiel Markelow ein. – Seien Sie unbesorgt. – Sie sind jetzt mit ihren Karten – beschäftigt und werden Ihre Abwesenheit gar nicht bemerken. Mein Schwager möchte gern ein großer Staatsmann sein, – und doch besitzt er nur die eine Tugend, daß er ausgezeichnet Karten spielt. Nun freilich: auch dadurch ist schon Mancher zu Ehren und Würden gelangt!l . . . – Seien Sie also bereit. Ich treffe gleich die nöthigen Anordnungen.
Markelow entfernte sich. Eine Stunde darauf saß Neshdanow wieder neben ihm, auf einem großen ledernen Kissen, in einem breit ausgebogenen, sehr alten und sehr bequemen Tarantaß; vom Bock her erschallte des kleinen, untersetzten, unermüdlichen Kutschers merkwürdig angenehmes, an eine Vogelstimme erinnerndes Pfeifen; die drei Schecken mit den geflochtenen Mähnen und Schweifen griffen auf dem ebenen Wege feurig aus; von den Schatten der anbrechenden Nacht überdeckt – die Uhr schlug gerade zehn, als sie fortfahren – glitten die einzelnen Bäume, Sträucher, Felder, Wiesen und Schluchten – die je nach der Entfernung entweder langsam rückwärts entschwanden, oder sich mit den Fahrenden fortzubewegen schienen – gleichmäßig an ihnen vorüber.
Die kleine Besitzung Markelow’s – sie hieß »Borsenkowo,« umfaßte zweihundert Dessiatinen und brachte ihm jährlich 700 Rubel ein – war drei Werst von der Gouvernementsstadt gelegen, während Ssipjagin’s Gut sieben Werst von derselben entfernt war. Um von des Letzteren Besitzung nach «Borsenkowo« zu gelangen, mußte man durch die Stadt hindurchfahren. – Die neuen Bekannten hatten kaum fünfzig Worte miteinander gewechselt, als bereits die kläglichen vorstädtischen Häuser mit den eingefallenen Dächern und den schiefen, zur Seite geneigten, trübe erleuchteten Fenstern an ihnen vorüberflogen; in den Hauptstraßen auf dem Steinpflaster hin- und hergeworfen, schwankte der rasselnde Tarantaß von einer Seite zur andern. . . Bei jedem Stoß emporschnellend, tanzten die dummen, steinernen, zweistöckigen Kaufmannshäuser, die säulengeschmückten Kirchen, die Schenken und Gasthäuser neben ihnen her. . . Es war ein Sonntag. – Während auf den Straßen Niemand mehr zu sehen war, schienen die Schenken noch überfüllt. Ueberall konnte man heisere Stimmen, trunkenen Liedersang, weinerliche Harmonika-Töne vernehmen, aus den zuweilen plötzlich geöffneten Thüren drang im röthlichen Schimmer spärlicher Abendbeleuchtung ein Strom erhitzter, verpesteter, mit scharfem Spiritusdunst versetzter Luft in’s Freie. Vor fast allen Schenken erblickte man ärmliche Bauernkarren, bespannt mit zottigen, dickbäuchigen Gäulen, die ihre Köpfe geduldig hängen ließen und sich so ruhig verhielten, als ob sie schliefen. Hier trat ein abgerissener Bauer aus der Schenke, mit weit geöffnetem Kittel und einer großen Winterkappe auf dem Kopfe, die ihm sackartig am Nacken herabhing: er beugte sich über die Deichselstange, hob tastend, als ob er etwas suche, die Hände empor und blieb dann regungslos stehen; dort – ein schmächtiger Fabrikarbeiter mit schief auf den Kopf gedrückter Mütze, in einem Nanking-Hemde und barfuß – die Stiefel waren in der Schenke geblieben; schon nach den ersten unsicheren Schritten stockte er, kratzte sich darauf im Rücken – und fiel mit einem plötzlichen Seufzer wieder in die Schenke hinein.
– Es überwältigt den Russen die Macht des Branntweins! – bemerkte Markelow.
– Um die Sorgen zu vergessen, Ssergei Michailowitsch, lieber Herr! – rief, ohne sich umzublicken der Kutscher, welcher mit dem Pfeifen jedes Mal inne hielt, sobald er an einer Schenke vorbeikam, und sich gleichsam in sich selbst vertiefte.
– Vorwärts! vorwärts! – schrie ihm Markelow zu, ihn herzhaft am Kragen seines Mantels schüttelnd.
Der Tarantaß rasselte über den ungemein stark nach Kohl und Matten riechenden Marktplatz hinweg, kam vorbei am Hause des Gouverneurs, mit den bunten Schilderhäuschen vor dem Thore, an dem mit einem Thurm geschmückten Polizeihause, am Boulevard mit den eben gepflanzten und schon absterbenden Bäumen, an dem von Hundegebell und Kettengerassel erzitternden Bazar – war endlich, nachdem er eine unendlich lange Reihe von Lastwagen, die noch in der Abendkühle ausgerückt waren, hinter sich gelassen – wieder in der freien Luft der weidenbesetzten Landstraße – und rollte nun von Neuem rasch und gleichmäßig dahin.
Markelow war um sechs Jahre älter, als seine Schwester Valentine Michailowna. Er war in der Artillerie-Schule erzogen worden, die er mit dem Range eines Offiziers verlassen hatte: schon als Lieutenant jedoch reichte er in Folge eines unangenehmen Auftrittes mit dem Regiments-Kommandeur – einem Deutschen – seinen Abschied ein. Seitdem haßte er alle Deutschen, namentlich die russischen Deutschen. In Folge seines Abschiedes überwarf er sich mit seinem Vater, den er dann bis zu seinem Tode nicht weiter gesehen; als der Vater starb, zog sich Markelow auf sein kleines, von ihm ererbtes Gut zurück. In Petersburg war er mit vielen Koryphäen der neuen Bewegung, die er innig und hoch verehrte, zusammengekommen; hier in diesem Kreise entwickelte und festigte sich auch seine ganze Anschauungsweise. Er las nur wenig – und meist nur solche Bücher, welche auf die ihn einzig und allein interessirende Sache Bezug hatten: – namentlich Herzen. Er hatte die militärische Haltung beibehalten und lebte als Spartaner, als Mönch. Vor einigen Jahren verliebte er sich leidenschaftlich in ein junges Mädchen, das ihn jedoch in rücksichtslosester Weise verrieth und einen Adjutanten – einen Deutschen – heirathete. Seitdem haßte er auch die Adjutanten. Er versuchte es, Spezial-Artikel über die Mängel der russischen Artillerie zu schreiben – er besaß jedoch nicht СКАЧАТЬ