Die Schlucht. Иван Гончаров
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Название: Die Schlucht

Автор: Иван Гончаров

Издательство: Public Domain

Жанр: Русская классика

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СКАЧАТЬ du denn auch schon auf jemanden ein Auge?« fuhr Raiski fort. »Hast du schon einen Bräutigam?«

      »Was fällt dir ein, mein Lieber? Was redest du da? Wie kann sie ohne meine Erlaubnis ans Heiraten denken?«

      »Was – nicht einmal daran denken darf sie, ohne daß Sie es erlauben?«

      »Natürlich nicht!«

      »Aber das ist doch ihre Sache!«

      »Nein, nein, nicht ihre Sache ist es, sondern Sache der Tante,« versetzte Tatjana Markowna. »Solange ich am Leben bin, bedarf sie meiner Erlaubnis.«

      »Aber warum denn das?«

      »Was?«

      »Nun, diese Abhängigkeit – daß Marsinka nicht einmal jemanden liebgewinnen darf, ohne Sie zu fragen!«

      »Wenn sie heiratet, darf sie ihren Mann liebhaben.«

      »Wie denn? Heiraten – und dann lieb gewinnen? Umgekehrt, wollten Sie sagen: erst liebgewinnen und dann heiraten!«

      »So! So! Das mag bei euch dort so sein,« sagte die Großtante geringschätzig. »Wir sehen uns hier den Mann erst an, prüfen ihn gehörig, essen erst einen Scheffel Salz mit ihm – dann bekommt er das Mädchen!«

      »Die Mädchen dürfen also hier bei Ihnen noch immer nicht selbst heiraten, sondern werden verheiratet! Ach, Tantchen, hat denn das Sinn?«

      »Bring ihr nur deine Ideen nicht bei, Borjuschka, wenn ich dich bitten darf! . . . Deine verstorbene Mutter hat auch so gedacht . . . und ist vorzeitig ins Grab gestiegen!«

      Sie seufzte und versank in Nachsinnen.

      »Nein, das muß alles anders werden!« dachte Raiski für sich. »Nicht einmal in der Liebe geben sie Freiheit! Welche Rückständigkeit! Und dabei sind es doch gute, liebe Menschen! Aber wieviel Nebel, wieviel Finsternis ist noch in ihren Köpfen!« – Und dann wandte er sich an Marsinka und sagte: »Ich werde dich schon aufklären, Schwesterchen! . . . Sehen Sie doch, Tantchen,« fuhr er, zu Tatjana Markowna gewandt, fort – »dieses Häuschen hier, mit allem, was drum und dran ist, scheint wie für Marsinka eingerichtet! Nur für die Kinder wären noch Räume zu beschaffen. Hab’ keine Angst vor der Tante, Marsinka, immer liebe du! Und Sie, Tantchen, wollen ihr verbieten, das hier als Geschenk anzunehmen!«

      »Nun, schon gut, schon gut – wir werden ja sehen!« sagte die Großtante. »Wenn du selbst nicht heiratest, dann kannst du ja tun, was du willst, gib ihr meinetwegen auch die Spitzen als Hochzeitsgeschenk. Nur, daß niemand etwas davon erfährt, am wenigsten Nil Andreitsch . . . Ganz in aller Stille . . .«

      »Wie denn? Eine anständige, vernünftige Handlung darf hier nur in aller Stille vor sich gehen? Wie lange sollen wir denn noch so leben wie die Eulen, uns vor dem Tageslicht fürchten und auf die Eulenweisheit eines Nil Andrejewitsch hören? . . .«

      »Pst! Pst! Pst!« machte die Großtante. »Wenn er das hören würde! Er ist doch ein alter, wohlverdienter und vor allem so ernster Mann! Wir beide kommen nicht zusammen, seh’ ich – sprich dich mit Tit Nikonytsch aus! Er wird heut’ bei uns zu Mittag essen,« fügte Tatjana Markowna hinzu. Im stillen aber dachte sie: »Wirklich ein Sonderling, ein ganz merkwürdiger Mensch! Vor nichts hat er Respekt, kein Mensch imponiert ihm! Sein Gut verschenkt er, ernsthafte Leute nennt er Dummköpfe und sich selbst einen Unglücklichen! Ich bin neugierig, wie das weiter wird!«

      Drittes Kapitel

      Raiski nahm seine Mütze und schickte sich an, in den Garten zu gehen. Marsinka hatte sich erboten, ihm die ganze Wirtschaft zu zeigen: ihr Gärtchen und den großen Garten, die Gemüsebeete, den Park, die Lauben.

      »Nur in den Wald fürcht’ ich mich zu gehen,« sagte sie; »den Abhang hinunter geh ich nie, dort unten in der Schlucht ist es so einsam, so unheimlich. Wenn Wjerotschka kommt, wird sie mit Ihnen hingehen.«

      Sie band ein leichtes Tuch um den Kopf, nahm ihren Sonnenschirm und schwebte wie eine Sylphe zwischen den Blumenbeeten dahin. Frohsinn leuchtete aus ihren graublauen Augen, Gesundheit und Frische strahlte aus ihren Zügen, und in dem leichten, durchsichtigen Gewand erschien sie inmitten dieser Blumen, dieser Sonnenstrahlen und der ganzen bunten Frühlingspracht selbst wie ein Regenbogen der Freude.

      Boris sah das alles und hatte bereits ein Bild von ihr in seiner Vorstellung fertig; und auch sich selbst sah er neben ihr, so nachdenklich, schwerfällig. Es schien ihm, daß er nicht hineingehöre in dieses Bild – er hätte jung sein müssen, und frisch und lebhaft, mit demselben lebensfrohen Glanze in den Augen, denselben geschmeidigen Bewegungen wie sie.

      Er hätte sie am liebsten ganz unparteiisch, als Künstler sehen und auffassen mögen, sie ganz allein, ohne seine eigene Gestalt. So sah er beispielsweise die Großtante ganz künstlerisch objektiv, in greisenhafter Schönheit, als lebendige, in sich geschlossene Gestalt, die er in aller Ruhe anschauen und wiedergeben konnte. Mit Marsinka hingegen wollte ihm das nicht gelingen, es wurde ihm schwer, sie so in künstlerischer Konzeption zu erfassen. Er sah sie in lebhafter, harmonischer Bewegung um sich herschweben, und der Garten erschien ihm schön, weil sie darin war. Sie ging von Beet zu Beet, musterte die Sträucher, die Blumen, hob da und dort ein Blütenköpfchen empor und zeigte es ihm.

      »Diese Rose hier war vorgestern noch eine Knospe,« sagte sie und sah fast triumphierend auf die Blüte, die sie vorsichtig emporhob. »Sehen Sie nur, wie sie aufgeblüht ist!«

      »Ganz wie du selbst!« sagte er.

      »Ich danke, eine schöne Rose bin ich!«

      »Du bist schöner als sie!«

      »Riechen Sie doch, wie sie duftet!«

      Er sog den Duft der Blume ein und ging dann weiter hinter Marsinka her.

      »Diese Margueriten müssen begossen werden, und die Päonien auch,« rief sie und war schon in einer anderen Gartenecke, wo sie aus einer Tonne Wasser schöpfte. Voll Grazie trug sie die Gießkanne herbei, begoß die Sträucher und achtete sorgfältig darauf, daß jede Blume ihr Teilchen abbekam.

      »In Petersburg blüht noch nicht einmal der Flieder!« sagte Raiski.

      »Wirklich? Und bei uns ist er schon verblüht, jetzt fangen die Akazien an zu blühen. Wenn doch bald die Linden zur Blüte kämen – dieser Duft! Das ist für mich immer eine Festzeit!«

      »Wieviel Singvögel es hier gibt!« sagte er und lauschte auf das Zwitschern und Pfeifen, das von den Zweigen klang.

      »Wir haben hier auch Nachtigallen – dort, im Hain! Auch meine Vögel sind hier gefangen,« sagte sie. »Hier im Garten sind meine Beete: die habe ich selbst umgegraben. Dort sind Melonen gepflanzt, und da drüben wachsen Artischocken, Blumenkohl . . .«

      »Wollen wir nicht nach dem Absturz gehen, Marsinka? Einen Blick auf die Wolga werfen?«

      »Gehen wir, doch wage ich mich nicht zu nahe heran, ich fürchte mich. Es schwindelt mir. Und dann liebe ich diese Stelle auch nicht. Übrigens muß ich eilen, Tantchen sagte ja, ich solle das Mittagessen besorgen! Ich bin hier nämlich die Haushälterin, ich habe die Schlüssel vom Silberzeug und von der Vorratskammer. Ich lasse für Sie eingemachte Kirschen herausstellen – Wassilissa meinte, die äßen Sie so gern . . .«

      Er dankte ihr mit einem Lächeln.

      »Und was wollen Sie zu Mittag essen?« fragte sie. »Die Tante möchte Sie recht großartig bewirten.«

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