Das Wunderjahr (1566). Hendrik Conscience
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Название: Das Wunderjahr (1566)

Автор: Hendrik Conscience

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ seine Soldaten nach einander in die Niederlande senden; mag er alle seine Bewohner nach seinem Gelüsten hinmorden; dann auch wird dieses unser Vaterland noch Feinde aus dem Grabe heraufsenden gegen seine hochmüthigen Unterdrücker.«

      »Godmaert, Ihr behandelt unsere Nation nicht gut – Warum wollt Ihr den Spanischen Edlen vorgehen? – Hat unser König keine Gründe sein Volk hochzuhalten?«

      »In seinem Lande, ja: in unserm Lande, nein!«

      »Arm, wie ihr seid, von dunkler Herkunft, seid Ihr doch zu hoffärtig, um einer so herrlichen Nation wie die Spanier, weichen zu wollen!«

      Der alte Godmaert, der solche Sprache von seinem Gaste nicht erwartet hatte, konnte mit all seiner Staatsklugheit nicht länger zurückhalten. Ein brennendes Feuer durchlief seine Adern, und sein Blut drängte sich bis in die Falten seiner Stirne.

      Der Spanier, welcher mit Absicht den greisen Vlaming reizte, fuhr mit verstellter Mäßigung fort:

      »Nun Godmaert, meint Ihr nicht, daß alle die Aufrührer, die Edelleute, die sich Geusen nennen besser thäten, wenn sie den Spaniern dienten, als daß sie wie Bettler mit schlechten Kleidern angethan den Pöbel zur Unruhe auswiegeln?«

      »Valdes!« antwortete Godmaert mit bebender Stimme, »Ihr vergesst, daß ich ein Belge bin. Wollt Ihr mich in meinem Hause verhöhnen? – Sprecht dann gerade heraus!«

      »O, Ihr irrt Euch, edler Godmaert,« erwiederte der arglistige Spanier, »Euch und wenige Edle will ich davon ausnehmen, doch unter diesen selbst sind noch viele, die ohne des Königs Gunst, so arm seyn würden, wie die andern.«

      »Ihr sagt, daß wir arm sind, Valdes? Hütten wir den Bewohnern einer weit entfernten Welt das Blut bis zum letzten Tropfen abgezapft, wie Ihr es den Amerikanern gethan habt, dann würden auch wie reich seyn. Was die Gleichheit betrifft, die wir mit den Spanischen Edlen fordern, das ist nicht mehr als billig, da wir in unserm eigenen Vaterlande sind. – Daß wir keine fremden Herrn haben wollen, wird die Zukunft deutlicher bezeugen; – und dann werden wir sehen, ob die Spanier so viel Muth haben, als ihre lästernde Anmaßung zu versprechen scheint!«

      Der Spanier lächelte mit einem Ausdrucke von Verachtung, und schien großes Vergnügen an dem Zorne des Greises zu finden .

      Lodewyk bebte an allen Gliedern. Zehnmal hatte er den Degen, der an seinem Stuhle hing, ungeduldig gefaßt; doch Gertrud’s bittende Blicke hatten ihn abgehalten, dem Spanier den lästernden Mund zu schließen.

      Das Mahl war zu Ende. Die Diener, welche die Speisen aufgetragen hatten standen voll banger Neugier, horchend aus das, was gesprochen wurde. Der Geuse befahl ihnen, den Saal zu verlassen und nicht ungerufen wieder zu kommen.

      »Gertrud,« sprach er, indem er sich zu seiner Tochter wandte, gehe in den Büchersaal Lodewyk soll dich begleiten.«

      Er blieb mit seinem Spanischen Feind allein.

      Der Büchersaal war ein geräumiges Gemach und glich dem Chorschiffe einer Kirche. Einige Bände in Folio, die hier und da zerstreut umher lagen, hatten ihm jenen Namen erworben. Passender hätte der Ort die Waffenkammer geheißen, denn mancherlei schwarzgerostete Helme, Harnische, Schlachtschwerter, Waffenröcke und andere Kriegsrüstung hingen da an den nackten Wänden. Einige Gemälde von Franz Floris, Hugo, Van Hoort, Grimmer und andern Meistern, künstlich nach dem Leben gemalt, verzierten das Ende des Saales. Das Gemach war nicht sonderlich hell, selbst zur Mittagszeit, denn die tausendfarbigen Glasfenster ließen nur ein zweifelhaftes Licht durch. In einer Ecke stand ein kleiner Altar, mit einem Kreuze von Ebenholz und einigen Frauenbildern geschmückt. Vor demselben ein Betschemmel, die Stelle, wo Gertrud so manches feurige und reine Gebet zu ihrem Schöpfer emporgesandt hatte.

      Die Liebenden traten schweigend in dieß Gemach.

      »Lodewyk, Lodewyk!« rief das liebliche Mädchen indem sie in Thränen ausbrach, »ich kann den Hohn, den sie den grauen Haaren meines Vaters anthun nicht länger ansehen. Sie verkürzen durch Schmach und Verläumdung seine Tage! Wie oft sind des Greises Thränen mit den meinigen vermischt, in Strömen über unsere Wangen geflossen . . . «

      Nun konnte sie kein Wort mehr sprechen. Schmerzvolles Schluchzen und bittere Seufzer waren Alles, was sie aus Lodewyk’s tröstende Bitten antwortete.

      »Gertrud,« sprach er dringend, »o beruhiget Euch nur ein wenig! Habet Geduld in den Schmerzen, die der Herr uns zur Prüfung sendet. Bedenkt, was ich leiden muß, ich der Edelmann mit einem Männerherzen das mir ungestüm in der Brust schlägt . . . « und er weinte mit heftigerem Schluchzen noch als das schwache Mädchen; doch zugleich mit seinen Thränen strömte ein kalter Schweiß vor unterdrückter Wuth über seine Wangen.

      Die Jungfrau ließ sich durch seine Worte nicht besänftigen: im Gegentheil, ihre sonst so süßen Gesichtszüge bekamen jetzt einen strengen Ausdruck. Sie rief schluchzend:

      »Habt Ihr denn nicht gesehen, mit welcher höllischen Wohllust der Spanier meinen Vater peinigte? Seht Ihr nicht, daß die tägliche Verhöhnung meinen alten Vater dem Grabe zuführt, – und wehe! Niemand, Niemand, der ihn beschützte!«

      Eine plötzliche Veränderung ging in dem Junker vor; er richtete stolz sein Haupt empor; aus seinen Augen schossen Blitze männlichen Feuers, und alles offenbarte an ihm die Zeichen der Verzweiflung und des Zorns.

      »Wohlan!« rief er in ungestümer Begeisterung aus, indem er vor Gertrud auf die Kniee fiel, »wohlan, Ihr sollt mich der Feigheit nicht beschuldigen. Sagt, was habe ich zu thun? Soll mein Degen Valdes Leib durchbohren? Soll ich Euch das Herz des Spaniers, blutig und rauchend, zum Geschenke bringen?«

      Ein Schrei des Entsetzens entfuhr der Brust des Fräuleins: sie sprang zurück und entfernte sich von Lodewyk, wie wenn sein Erbieten sie mit tiefem Schreck durchdrungen hätte. Ihr Antlitz ward traurig, Reue ergriff ihr Herz.

      Der Junker verstand die Bewegung der Jungfrau: er gab seinen Zügen den Ausdruck der Ruhe: er trat zu ihr, faßte ihre Hand und sprach zärtlich:

      »Wir vergessen uns, Gertrud; wir vergessen die Ermahnungen unsers guten Vaters Franziskus.«

      Gertrud brach aufs Neue in Thränen aus. Erschöpft und kraftlos senkte sie, ohne zu antworten, das Haupt auf, die Schulter des Geliebten.

      So blieben sie lange, mischten ihre Thränen und schluchzten achtlos wie die Kinder, bis Gertrud, wie aus einem Traume erwachend, ihren Geliebten sanft von sich wies, und niederknieend auf dem Betschemmel, vom Himmel, wohin ihre reine Seele sich im Gebet erhob, einen Trost suchte, den sie an der Brust des Geliebten nicht hatte finden können.

      Lodewyk betrachtete seine Gertrud mit Rührung, und lauschte andächtig ihrem Gebete. Beständig trat der Name ihres Vaters, langsam und wehmüthig, über des Mädchens Lippen Lange blieb ihr Haupt auf dem Betpulte, wie in himmlischer Anschauung, ruhend versunken. Der Junker, von Ehrfurcht hingerissen, sank hinter ihr zur Erde, und bezwungen von dem mächtigen Vorbilde, faltete er die Hände und betete mit ihr für das Vaterland.

      »Lodewyk, wo seid Ihr?« rief Gertrud endlich, und sah betroffen im Saal umher. Sie gewahrte den Jüngling, wie er mit Liebesblicken sie ansah, – und stand auf. Leise nahte sie dem knieenden Lodewyk und erhob ihn vom Boden.

      »Saget,« frug sie, findet Ihr nicht, daß ein reines Gebet den Menschen wie himmlischer Balsam beruhigt?«

      Lodewyk bewunderte die plötzliche Veränderung, die er in der Jungfrau Angesicht gewahrte.

      »Gertrud,« sprach er, indem er wie bezaubert neben ihr saß, »in meiner Begeisterung hat sich der Himmel СКАЧАТЬ