Das Wunderjahr (1566). Hendrik Conscience
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Название: Das Wunderjahr (1566)

Автор: Hendrik Conscience

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ hatte erschüttert die Worte des Priesters angehört; sein Haupt war tiefer und tiefer aus seine Brust gesunken. Nach einigen Augenblicken antwortete er niedergeschlagen:

      »O! ich weiß es und ich sehe es mit Schmerz; wir arbeiten wider unsern Glauben.«

      Wie ein Lichtstrahl erhellte die Freude das Antlitz des Priesters. Er hob seine Augen zum Himmel und rief:

      »Habe Dank, o Gott, der Du meiner Stimme Kraft verliehen hast!«

      Godmaert blickte zur Erde und rang mit sich, von peinlichen Gefühlen gefoltert. Plötzlich erhob er sein Haupt und rief verstört:

      »Aber, Vater, sollen wir denn den Spaniern botmäßig werden müßen? Bin ich kein Kriegsmann, bin ich nicht vom Vlämischen Adel? O nein, nein, ich kann ihre Geringschätzung nicht ertragen, und ich vermag das Gefühl der Ehre in meiner Brust nicht zu ertödten. Die Spanier sind zu frech und zu hochmüthig: sie müssen fort!«

      Das Angesicht des Priesters ward wieder traurig: er sprach sanftmüthig:

      »Ich weiß es, mein Sohn, die Belgier haben Gründe, mit den Spaniern nicht zufrieden zu seyn; aber eine weltliche Rücksicht, darf sie, in der Wagschale Eures Gewissens, Euren Gott aufwiegen? Wollt Ihr zu der Sünde der Rachgier die Mißachtung Eures Schöpfers fügen? – Nein, nicht wahr, das werdet Ihr nicht thun? – Ihr werdet Pater Franziskus nicht zwingen, über die Verdammniß der Seele seines besten Freundes zu trauern?«

      »Was muß ich thun, um Euch zu gehorsamen?« frug Godmaert ergriffen.

      »Die Spanische Regierung unterstützen, wenigstens in der Unterdrückung der Ketzereien. Eure Freunde ermahnen, dasselbe zu thun: und die Befehle der Statthalterin in Antwerpen respektieren!«

      »Ich, Vater, ich die Spanier unterstützen? O dieß ist mir unmöglich!«

      »Wohlan, könnt Ihr das nicht über Euren weltlichen Stolz gewinnen, so steckt Euren Degen in die Scheide und helft doch den Meuterern nicht.«

      Godmaert schwieg einige Augenblicke. Dann faßte er die Hand des Priesters und sprach:

      »Ich muß Euch etwas sagen, das Ihr nicht wisset. Die Rebellion, das Ungewitter, das Ihr fürchtet, wird binnen wenigen Tagen ausbrechen, vielleicht ehe die Woche zu Ende geht. Glaubt mir, keine menschliche Gewalt kann es hindern. Alles ist bereit: auf den ersten Befehl von Brüssel steht das ganze Land gegen die Spanier auf. Ich sehe auch den Uebermuth der Ketzer voraus; Eure Worte haben mich erschreckt; aber denkt Ihr, Pater Franziskus, es wäre besser, daß ich, das Haupt der Antwerpenischen Edlen, alles dieß geschehen ließe, ohne selbst zugegen zu seyn? Kann ich die Religion meiner Väter nicht besser durch meine Befehle und mein Handeln beschirmen, als durch meine Abwesenheit?«

      Aus den Augen des Priesters rollten einige schimmernde Thränen; er betrachtete Godmaert mit starrem Blicke und, wie mit Stummheit geschlagen Endlich rief er, die Arme gen Himmel erhebend:

      »Binnen weniger Tage? O Herr! willst du deine Kirche so bald heimsuchen? Soll ich die Entheiligung deiner Altäre sehen; soll ich meine Ohren verstopfen müssen vor den Lästerungen, die gegen deinen heiligen Namen ausgestoßen werden?«

      Und, gegen Godmaert gewandt, fuhr er fort:

      »Mein Geist verwirrt sich bei dieser schrecklichen Kunde. Ich weiß nicht, was ich Euch rathen soll, aber ich bitte Euch, ich beschwöre Euch mit gefalteten Händen, Godmaert, bewahret die Tempel, laßt Euch nicht mit den Ketzern ein, als um sie zu bekämpfen, und habt in den Tagen der Gefahr, Euren Gott vor Augen, auf daß Ihr nichts thuet, was Euch zur unverzeihlichen Sünde werde . . . O Herr! Deine strafende Hand ist über uns!«

      Er beugte sein-Haupt und versank in schmerzliches Nachdenken, aus welchem Godmaert’s Antwort ihn geweckt hätte, doch ein junges Edelfräulein trat in dem Augenblick in das Zimmer; sobald ihre Blicke auf den Priester fielen, glänzte ihr Antlitz von Freude, und ihren süßen Lippen enteilte der holde Ausruf:

      »Ah! Pater Franziskus ist hier!«

      Sie näherte sich dem Priester, faßte ihn sorgsam unterm Arme und wollte ihn vom Sitz erheben, indem sie ihn anredete:

      »Kommt, guter Vater, Herr Lodewyk Van Halmale ist im Büchersaal. O wie bin ich froh, daß Ihr gekommen seid. Kommt!«

      Der Priester betrachtete das junge Mädchen mit väterlicher Zärtlichkeit, und stand, von ihr unterstützt, vom Stuhle auf; er reichte Godmaert die Hand und sprach:

      »Ich will mich etwas trösten mit meinen guten Kindern. Ihr, mein Sohn, vergesst meine Worte nicht!«

      Von dem Mädchen geleitet, ging er mit wankenden Schritten aus dem Gemache.

      Godmaert lehnte sich in seinen Sessel und sprach, den Finger an der Stirne:

      »Ja, ich muß den Glauben vertheidigen und die Tempel beschützen: aber die Spanier werde ich nicht fördern und nicht verschonen. Nein, nein, ich muß mich rächen und mein Vaterland von ihnen erlösen: die Ehre gebietet es: ein Kriegsmann wie ich, läßt sich nicht ungestraft verhöhnen . . . «

      Nun sank allmählig seine Stimme. Seine Lippen bewegten sich noch, und er sprach sichtbar mit sich selbst, aber die gelispelten Worte waren nicht mehr zu verstehen.

      Eine Stunde darnach wurde ihm angesagt, daß das Mittagsmahl im Speisesaal ausgetragen sei; er stand auf, begab sich dahin und setzte sich an das obere Ende der Tafel.

      Neben ihm saß seine geliebte, einzige Tochter Gertrud, wahrlich ein köstliches Kleinod unter ihrem Geschlecht. Schönere Gesichtszüge edieren Ausdruck, sittsamere Haltung, mochte man bei keinem andern weiblichen Wesen finden. Ihr Haar war nicht wie bei Andern ober ihr Haupt gewunden sondern fiel an beiden Seiten ihrer rosigen Wangen hernieder, und bildete ihr reizendes Angesicht zu dem schönsten Oval, das je ein Künstler mahlen könnte.

      Ein liebliches, heiteres Lächeln schwebte über ihren Lippen und ihre Augen waren mit einer Empfindung, deren sie sich nicht schämte, auf einen Jüngling, der ihr gegenüber saß, gerichtet. Dieser Jüngling war ihr geliebter Lodewyk Er saß anstandsvoll und schweigend da. Die Gegenwart einer Person, die am andern Ende des Tisches sich befand, und deren Blicke ihm eiskalt aufs Herz fielen, hielt ihn ab, mit Gertruden ein liebevolles Gespräch zu führen .

      Der den die Liebenden so mit scheuen Blicken ansahen war ein vornehmer Spanischer Herr, der großen Einflußes bei der Statthalterin genoß. Von Godmaert war er stets freundlich behandelt worden; denn gar gefährlich war es, sich den Haß dieses Spaniers auf den Hals zu laden. Ein sammtener Mantel mit goldgesticktem Kragen bedeckte seine Schultern. Sein Dolch war reichlich mit Edelsteinen besetzt, und hing als schillernder Zierrath an seinem Halse.

      Immer hatte Valdes Neigung und Liebe für Gertrud gezeigt: doch immer war er höflich abgewiesen worden. Darum heftete er nun neugierig seine Blicke aus den Junker, und verstand die Sprache, die die Liebenden eines in des andern Augen lasen.

      Weder Lodewyk noch Gertrud waren dem Spanier hold. Godmaert schien es bloß aus staatskluger Berechnung. So herrschte Anfangs eine große Stille im Saale Godmaert, in der Absicht, seinem lästigen Tischgenossen einige nützliche Aufschlüsse zu entlocken begann das Gespräch mit der Frage:

      »Nun, Herr Valdes, was sagt Ihr von den Sachen? Werden die Unruhen bald gestillt seyn?«

      »Ach, das weiß ich nicht, Herr Godmaert,« antwortete der Spanier, »doch wäre ich König Philipp, so wollte ich mit dem Pöbel und den wenigen schlechten Edelleuten bald fertig werden!«

      »Glaubt СКАЧАТЬ