Joseph Balsamo Denkwürdigkeiten eines Arztes 1. Александр Дюма
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СКАЧАТЬ Abgeordnete der Schweiz fuhr unter dem tiefsten Stillschweigen fort:

      »Sehr ehrenwerther Großmeister, bei meinen Studien ist es mir gelungen, mich von einer Wahrheit zu überzeugen: davon, daß die Physiognomie der Menschen dem Auge, das darin zu lesen weiß, stets ihre Laster und ihre Tugenden enthüllt. Der Mensch componirt sein Gesicht, er versüßt seinen Blick, er läßt seine Lippen lächeln; alle diese Muskelnbewegungen sind in seiner Gewalt; aber der Haupttypus seines Charakters bleibt hervorspringend ein lesbares und unwidersprechliches Zeugniß von dem, was in seinem Herzen vorgeht. So hat auch der Tiger ein reizendes Lächeln und liebkosende Blicke, doch an seiner niedrigen Stirne, an seinen hervorspringenden Backenknochen, an seinem ungeheuren Hinterhaupte, an seinem blutigen Aufsperren des Rachens erkennt Ihr den Tiger. Der Hund runzelt die Stirne, zeigt die Zähne und geräth in Wuth; aber an seinem sanften, offenen Auge, an seinem gescheiten Gesichte, an seinem folgsamen Wesen erkennt Ihr, daß er dienstfertig und freundschaftlich ist. Gott hat auf das Antlitz jedes Geschöpfes seinen Namen und seine Eigenschaft geschrieben Wohl! ich habe auf der Stirne des Mädchens, das in Frankreich regieren soll, den Muth, den Stolz und die so zarte Menschenfreundlichkeit der deutschen Jungfrauen gelesen; ich habe, auf dem Antlitz des jungen Mannes, der ihr Gemahl werden wird, die ruhige Kaltblütigkeit, die christliche Milde und den gewissenhaften Geist des Beobachters gelesen. Wie sollte aber ein Volk, und besonders das französische Volk, das kein Gedächtniß für das Böse hat und nie das Gute vergißt, denn es genügt ihm an einem Karl dem Großen, an einem heiligen Ludwig und einem Heinrich IV., um zwanzig feige und grausame Könige zu beschirmen, wie sollte ein Volk, das stets hofft und nie verzweifelt, eine junge, schöne und gute Königin und einen sanften, milden und haushälterischen König nicht lieben, nach der unseligen, verschwenderischen Aera von Ludwig XV., nach dessen öffentlichen Orgien und duckmäuserischen Rachehandlungen, nach der Regierung der Pompadour und der Dubarry? Wird Frankreich nicht die Fürstin segnen, welche ein Muster der von mir erwähnten Tugenden sein und als Mitgift den europäischen Frieden bringen wird? Die Dauphine Marie Antoinette kommt über die Grenze, der Altar und das Ehebett werden in Versaille zugerichtet; ist dies der Augenblick für Frankreich und durch Frankreich Euer Reformationswerk zu beginnen? Verzeiht mir, sehr ehrenwerther Herr, aber ich mußte sagen, was ich im Grunde meines Herzens dachte, und was ich Eurer untrüglichen Weisheit zu unterwerfen für meine Pflicht halte.«

      Nach diesen Worten verbeugte sich derjenige, welchen der Unbekannte unter dem Namen des Apostels von Zürich bezeichnet hatte, erntete das schmeichelhafte Gemurmel einstimmiger Billigung und wartete auf die Antwort des Großkophta.

      Sie ließ nicht lange auf sich warten, denn dieser erwiderte bald:

      »Wenn Ihr in den Physiognomien leset, erhabene Brüder, so lese ich in der Zukunft. Maria Antoinette ist stolz; sie wird im Kampfe hartnäckig werden und unter unsern Angriffen untergehen. Der Dauphin Louis Auguste ist gut und mild, er wird im Kampfe schwach werden und wie seine Frau und mit ihr untergehen; nur wird sich jedes von ihnen durch die entgegengesetzte Tugend oder durch den entgegengesetzten Fehler zu Grunde richten. Sie schätzen sich in diesem Augenblick; wir werden ihnen nicht die Zeit gönnen, sich zu lieben, und in einem Jahre verachten sie sich. Warum übrigens sich berathschlagen, meine Brüder, von welcher Seite das Licht komme, da dieses Licht mir geoffenbart ist? da ich vom Orient komme, geleitet wie die Hirten durch das Gestirn, das eine zweite Wiedergeburt verkündigt? Morgen schreite ich zum Werke, und mit Eurer Unterstützung fordre ich zwanzig Jahre von Euch, um unser Werk zu vollbringen; zwanzig Jahre werden genügen, wenn wir vereinigt und stark auf ein Ziel losgehen.«

      »Zwanzig Jahre!« murmelten mehrere Gespenster, »das ist sehr lang.«

      Der Großkophta wandte sich an diese Ungeduldigen und sprach:

      »Ja, gewiß, es ist sehr lang für Jeden, der sich einbildet, man tödte ein Princip, wie man einen Menschen tödtet mit dem Messer von Jacques Clement oder mit dem Federmesser von Damiens, Wahnsinnige!  . . . das Messer des Menschen tödtet allerdings; aber dem wiedererzeugenden Stahle ähnlich, schneidet es einen Zweig ab, um zehn andere aus dem Stamme hervorspringen zu lassen, und an der Stelle des in seinem Grabe liegenden königlichen Leichnams, erweckt es einen Ludwig XIII., einen albernen Tyrannen; einen Ludwig XIV, einen verständigen Despoten; einen Ludwig XV., ein Idol, benetzt mit den Thränen und dem Blute seiner Anbeter, wie die ungeheuerlichen Gottheiten, die ich in Indien mit einem eintönigen Lächeln die Frauen und die Kinder, welche Guirlanden unter die Räder ihres Wagens werfen, zerquetschen sah. Ah! Ihr findet, zwanzig Jahre seien zu viel, um den Königsnamen aus den Herzen von zwanzig Millionen Menschen zu vertilgen, welche vor Kurzem noch Gott das Leben ihrer Kinder boten, um das des kleinen Königs Ludwig XV. zu erkaufen! Ah! Ihr glaubt es sei eine leichte Aufgabe, Frankreich die Lilien verhaßt zu machen, welche strahlend wie die Gestirne des Himmels, liebkosend wie die Wohlgerüche der Blumen, an die sie erinnern, tausend Jahre hindurch das Licht, die Menschenliebe, den Sieg in alle Winkel der Erde getragen haben! Versucht es doch, meine Brüder, versucht es: ich gebe Euch nicht zwanzig Jahre, ich gebe Euch ein Jahrhundert! Ihr seid zerstreut, zitternd, einander unbekannt; ich allein weiß alle Eure Namen; ich allein schätze, um ein Ganzes daraus zu machen. Euren getheilten Werth; ich allein bin die Kette, die Euch in einem großen, brüderlichen Knoten verbindet. Wohl! ich sage Euch Philosophen, Oekonomisten, Ideologen, ich will, daß Ihr in zwanzig Jahren die Grundsätze, die Ihr mit leiser Stimme am Familienherde murmelt, die Ihr mit unruhigem Auge im Schatten Eurer alten Thürme niederschreibt, die Ihr einander, den Dolch In der Hand, anvertraut, um mit diesem Dolche den Unklugen oder den Verräther niederzustoßen, der Eure Worte lauter, als Ihr sie sagt, wiederholen würde; ich will, daß Ihr diese Grundsätze ganz öffentlich auf der Straße verkündigt, daß Ihr sie am hellen Tage druckt, daß Ihr sie in ganz Europa durch friedliche Emissäre oder an der Spitze der Bajonette von fünfmal hundert tausend Soldaten verkündigt, welche als Kämpfer für die Freiheit, diese Grundsätze auf ihre Fahnen geschrieben, sich erheben werden; ich will endlich, daß Ihr, die Ihr bei dem Namen des Tower von London, Ihr, die Ihr bei dem Namen der Kerker der Inquisition zittert, ich will bei dem Namen der Bastille, der ich Trotz bieten werde, daß wir, Ihr und ich, aus Mitleid lachen, während wir die Trümmer dieser furchtbaren Kerker, auf denen Eure Frauen und Eure Kinder tanzen werden, mit Füßen treten. Doch Alles dies kann nur nach dem Tode, nicht des Monarchen, sondern der Monarchie, nach der Verachtung der öffentlichen Gewalten, nach dem völligen Vergessen jeder socialen Niedrigkeit, nach der Vertilgung der aristokratischen Kasten und der Theilung der adeligen Güter geschehen. Ich verlange zwanzig Jahre, um eine alte Welt zu zerstören und eine neue aufzubauen, zwanzig Jahre, das heißt zwanzig Secunden der Ewigkeit, und Ihr sagt, das sei zu viel!«

      Ein langes Gemurmel der Bewunderung und Beistmmung folgte aus die Rede des düsteren Propheten; er hatte offenbar alle Sympathien dieser geheimnißvollen Mandatare des europäischen Geistes gewonnen.

      Der Großkophta genoß einen Augenblick seinen Triumph und fuhr dann, als er ihn vollständig fühlte, fort:

      »Sprecht nun, meine Brüder, nun, da ich mich ganz hingebe, nun da ich den Bären in seiner Höhle anzugreifen im Begriffe bin und mein Leben gegen die Freiheit der Welt einsetze, was werdet Ihr für den Erfolg der Sache thun, der wir unser Leben, unser Vermögen und unsere Freiheit geweiht haben? Was werdet Ihr thun, sagt es? dies Euch zu fragen, bin ich gekommen.«

      Ein durch seine Feierlichkeit erschreckendes Stillschweigen folgte auf diese Worte; man sah in dem düsteren Saale nur unbewegliche Gespenster, versunken in den ernsten Gedanken, der zwanzig Throne erschüttern sollte.

      Die sechs Häupter trennten sich von den Gruppen und kehrten nach einer Berathung von einigen Minuten zu dem obersten Haupte zurück.

      Der Präsident sprach zuerst.

      »Ich vertrete Schweden,« sagte er. »Im Namen von Schweden biete ich, um den Thron von Wasa zu vernichten, die Bergleute, welche diesen Thron errichtet haben, nebst hunderttausend Silberthalern.«

      Der Großkophta zog seine Schreibtafel hervor und schrieb das Anerbieten СКАЧАТЬ