Moreau. Klabund
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Название: Moreau

Автор: Klabund

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ moralisches Huhn«, sagte der Spanier.

      »Aber Frankreich ist voll davon. Ein ganzer Hühnerhof. Es werden bald mehr solcher Gockel zu Sonnenaufgang krähen.« Der junge Fähnrich war erbleicht: »Er spricht zuviel aus seinem Herzen.« – Der alte Korporal drehte an seinem weißen Barte.

      Moreau nahm seinen Abschied vom Militär und wandte sich dem Studium der Rechtswissenschaft zu.

      Es muß Gerechtigkeit auf Erden geben, auch wenn Könige ihre Diener ermorden.

      Er studierte zu Rennes.

      Er war der eifrigste Student, den man seit Jahren gesehen hatte.

      Er entwarf einen Code der Menschlichkeit.

      Und auf den Umschlag schrieb er: Tapfer und fromm.

      Und wußte nicht, daß das ein Wort sei, das seine Mutter einst von ihm gesagt hatte.

      Kinder reden oft die Sprache ihrer Mutter, ohne es zu wissen.

      Nächtelang grübelte er über den Entwurf zu einem Kriegsrecht und zu einem Recht des Belagerungszustandes.

      Der Krieg ist für die Menschen da, aber nicht die Menschen für den Krieg. Der Soldat ist für das Volk, aber nicht das Volk für den Soldaten da.

      Als Moreau zum erstenmal einen farbigen Begriff vom Volk empfand, stand er auf dem Balkon seines Zimmers in Reimes und sah unten im Frühling eine Prozession schreiten. Wallendes Rot, schreitendes Blau, klingendes Gold. Männer, Frauen, Kinder.

      Volk, schrie es in ihm, ich will dein Soldat werden.

      König Volk. Ein Volkssoldat. Ein Gottessoldat.

      Moreau entwarf den Plan zu einer Nationalgarde. Der Stand des Kriegers und des Bürgers sollte vereinigt werden.

      Furcht vor den französischen Waffen, aber Achtung vor seinem Charakter heißt es fordern.

      La printanière.

      Moreau ist zwanzig Jahr. Er war Soldat. Er studierte die Pandekten. Aber er fühlt den Frühling.

      Blumen blühen plötzlich unter allen Schritten. Schmetterlinge hüpfen wie Marionetten.

      Alle Geräusche der Luft werden Lieder.

      Vogelgezwitscher schwärmt um die Dächer.

      Die Stadt singt. Die Bäume wandern.

      Mädchen flattern erregt wie Fledermäuse durchs Dunkel. Der Abend rauscht.

      Alte Herren mit silbernen Barten stampfen versonnen durch einen hellen Morgen.

      Die Studenten veranstalten ein Frühlingsfest.

      La printanière.

      In der Lichtung des Waldes sind Tische und Bänke aufgeschlagen.

      Wohlwollend promenieren Bürger und Bürgerin.

      Professoren lachen schrill wie Wellensittiche.

      Die jungen Mädchen wandeln zu zweien in Weiß. Gleich Göttinnen einer fernen Zeit.

      Sanft und schön wie Dryaden oder Nymphen.

      Alle Mädchen sind schön. Schlank und süß.

      Gibt es überhaupt häßliche Frauen? denkt Moreau erstaunt.

      Die Studenten singen:

      Wenn man zwanzig ist

      Mundet der Wein.

      Wenn man zwanzig ist

      Wohl auch die Liebe…

      Nachsichtig applaudieren Bürger und Bürgerin.

      Die Professoren lachten schrill, als hätten sie eine obszöne Anekdote angehört oder als belauschten sie Susanna im Bade.

      Die jungen Mädchen stehen stumm im Halbkreis: schlank und sanft.

      Moreau findet sich zu einer jungen Dame mit Veilchen im Haar und spaziert mit ihr zwischen den Bäumen.

      Sie gelangen auf eine Waldschneise.

      »Wohin führt der Weg?« fragt die Dame.

      Moreau weiß es nicht, aber er besinnt sich, daß er Esprit zeigen muß, um die junge Dame nicht zu enttäuschen, und sagt: »Alle Wege führen zu uns selbst, Mademoiselle.«

      Die junge Dame kaut einen Farnhalm zwischen ihren zagen Zähnen.

      »Aber wissen wir denn, wer wir sind, wir?«

      »Jeder Mensch ist ein Rätsel,« sagt Moreau, »und was Sie betrifft, Demoiselle, möchte ich mir wohl zumuten, es zu lösen.«

      Die Dame erschrickt.

      Sie wehrt mit der linken Hand seine Augen ab.

      Sie verharrt in ihrer abwehrend entrückten Stellung.

      Er will eine gleichgültige Konversation anknüpfen. Da sieht er, wie Träne auf Träne aus ihren leeren, nach innen gewandten Augen tropft.

      Moreau schlingt verlegen den Arm um ihre Hüfte.

      »Demoiselle – was ist Ihnen? Habe ich Sie beleidigt?«

      Sie lächelt unter Tränen.

      »Sie erkennen mich nicht?«

      Moreau stürmt sein Leben zurück.

      Er erkennt die junge Dame nicht. Er weiß, daß sie vielleicht eine anmutige Freundin sein würde, eine zärtliche Gespielin der Liebe. Aber er erkennt sie nicht.

      Sie weint und lacht.

      »Ich bin Jeannette«

      Er begreift, daß er kein Gedächtnis für Frauen hat, weil er ein Soldat ist, ein Soldat Gottes, ein Soldat des Volkes. Pferde- und Hunde-Physiognomien vergißt er nie.

      Sie ist ein Engel. Warum vergaß er sie?

      »Ich bin Jeannette«, wiederholte sie und suchte nach seiner Hand, »und bin sehr unglücklich …«

      Je länger sie spricht, desto heimatlicher wird er mit ihr vertraut.

      Er hat nie mit einer Frau gesprochen, wie er mit einem Mann sprechen würde.

      Und diese Frau spricht mit ihm, als sei er eine Frau: ohne Scham, ohne Hemmnis, ohne Bedenken.

      Sie sei schon einige Monate in Rennes. Ob er das wisse?

      Nein, er wußte es nicht. Und da er von ihrer Ehrlichkeit bezwungen wurde, sagte er, er habe auch gar nicht mehr an sie gedacht.

      Jeannette zuckte ein wenig zusammen.

      Dann fuhr sie fort: Sie sei hier, um den Haushalt zu lernen, bei Madame Bompard, einer entfernten Verwandten. Madame Bompard wohne in der Rue du Portier. Erinnere er sich des kleinen, einstöckigen, weinbelaubten СКАЧАТЬ