Название: Maaß für Maaß
Автор: Уильям Шекспир
Издательство: Public Domain
Жанр: Драматургия
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Claudio.
Nein.
Lucio.
Unzucht?
Claudio.
Wenn ihr es so nennen wollt.
Kerkermeister.
Fort, mein Herr, ihr müßt gehen.
Claudio.
Nur ein Wort, guter Freund Lucio, ein Wort mit euch.
Lucio. Hundert, wenn sie euch etwas nüzen können; wird Unzucht so hart angesehen?
Claudio. Diß ist mein Fall: Auf ein beydseitiges Eheversprechen hin nahm ich Besiz von Juliettens Bette; (ihr kennet sie;) sie ist mein wahres Eheweib, ausser daß uns die Ceremonien mangeln, wodurch unsre Heurath öffentlich gemacht worden wäre. Die einzige Ursache warum wir sie unterliessen, war ein Erbe, das noch in den Kisten ihrer Verwandten ligt, denen wir unsre Liebe noch so lange zu verbergen gedachten, bis die Zeit sie uns günstiger gemacht haben würde. Allein das Unglük wollte, daß das Geheimniß unsrer Vertraulichkeit vor der Zeit verrathen würde – es ist mit zu grossen Buchstaben an Julietten geschrieben.
Lucio.
Mit einem Kind, vielleicht?
Claudio. Leider! und der neue Stadthalter des Herzogs (ob es daher kommt, daß der Staatskörper ein Pferd ist, welches der Stadthalter zureiten soll, und dem er, das erste mal, die Sporren stärker zu fühlen giebt, damit es wisse, daß er seiner meister ist; oder ob die Tyranney in dem Plaz oder in demjenigen ist, der ihn einnimmt? kan ich nicht entscheiden:) Kurz, der neue Stadthalter erwekt bey meinem Anlas alle die veralteten Straffen, die gleich einer ungepuzten Rüstung, so lange an der Wand gehangen, bis neunzehn Zodiaci sich umgewälzt haben, ohne daß sie in einem einzigen gebraucht worden; und um eines Namens willen, wekt er das vergeßne tiefeingeschlafne Gesez wider mich auf; in der That, um eines Namens willen.
Lucio. Du hast recht, es ist nicht anders; und dein Kopf steht so schwach auf deinen Schultern, daß ihn ein verliebtes Milchmädchen wegseufzen könnte. Schikt dem Herzog nach, und appellirt an ihn.
Claudio. Ich hab es gethan; aber man kan ihn nirgends finden. Ich bitte dich, Lucio, thu mir diesen Liebesdienst; ich hab eine Schwester im Kloster, die an diesem Tag ihre Probzeit enden soll. Gieb ihr Nachricht von der Gefahr worinn ich bin; bitte sie in meinem Namen, daß sie Freunde an den strengen Stadthalter schike; bitte sie, daß sie in eigner Person einen Anfall auf ihn thue; von dem leztern macht' ich mir die meiste Hoffnung. Eine junge Person wie sie, hat eine Art von sprachloser Beredsamkeit, der die Männer selten widerstehen können; und ausserdem, so ist sie auch geschikt genug, wenn sie durch Gründe und Vorstellungen überreden will.
Lucio. Ich wünsche, daß sie es könne; sowol zum Trost Aller die sich in ähnlichen Umständen befinden, als um deines Lebens willen; es würde mich sehr verdriessen, wenn es wegen eines Spiels Trictrak so närrischer Weise verlohren gehen sollte. Ich will zu ihr.
Claudio.
Habe Dank, mein guter Freund, Lucio.
Lucio.
Binnen zwo Stunden —
Claudio.
Kommt, Kerkermeister, wir wollen gehen.
(Sie gehen ab.)
Siebende Scene
(Ein Kloster.)
(Der Herzog und Bruder Thomas.)
Herzog. Nein, heiliger Vater, laßt diesen Gedanken fahren: Glaubet nicht, daß der schmuzige Pfeil der Liebe einen männlichen Busen durchdringen könne. Die Ursache, warum ich euch um eine geheime Beherbergung bitte, ist wichtiger und ernsthafter, als die ausschweiffenden Absichten der glühenden Jugend.
Bruder.
Kan Eure Durchlaucht davon reden —
Herzog. Mein ehrwürdiger Vater, niemand weiß besser als ihr, wie sehr ich immer das abgesonderte Leben geliebt, und wie wenig ich an den Gesellschaften, wo Jugend, Verschwendung, und fröliche Thorheit sich vereinigen, Geschmak gehabt habe. Ich habe dem Freyherrn Angelo, einem Mann von strengen Sitten und geübter Enthaltsamkeit, meine ganze unumschränkte Gewalt in Wien übertragen; und er ist in der Einbildung, daß ich nach Polen gereißt sey; denn so hab' ich unter die Leute streuen lassen, und so ist es angenommen: Nun, mein frommer Herr, werdet ihr mich fragen, warum ich das thue?
Bruder.
Wenn es erlaubt ist, Gnädigster Herr.
Herzog. Wir haben strenge Geseze, (ein nothwendiges Gebiß für unbändige Unterthanen) die wir diese neunzehn Jahre her haben schlaffen lassen, gleich einem überfüllten Löwen, der in seiner Höle ligen bleibt, und nicht auf Beute ausgeht. Wie es nun zu begegnen pflegt, daß wenn allzu zärtliche Väter die Ruthe nicht zum Gebrauch, sondern nur zum Schreken, ihren Kindern vor die Augen steken, sie in kurzer Zeit mehr verlacht als gefürchtet wird; so ist es unsern Gesezen gegangen: Anstatt den Verbrechern den Tod zu geben, sind sie selbst todt; die ungebundne Freyheit zieht die Gerechtigkeit bey der Nase, der Säugling schlägt die Amme, und alle Anständigkeit der Sitten geht verlohren.
Bruder.
Es hieng nur von Euer Durchlaucht ab, diese gefesselte Gerechtigkeit wieder los zu lassen, und es würde an Euch furchtbarer geschienen haben, als an Angelo.
Herzog. Ich besorge, nur allzu furchtbar. Da es mein Fehler war, dem Volk so viel Freyheit zu lassen, so würde es Tyranney gewesen seyn, sie für das zu strafen, was ich selbst ihnen zu thun befahl. Denn wir befehlen Böses zu thun, wenn wir den Uebelthaten statt der Straffe ihren freyen Lauf lassen. Dieses ist der wahre Grund, mein Vater, warum ich dieses Amt dem Angelo aufgetragen habe, der unter dem schüzenden Ansehen meines Namens straffen kan, ohne daß, so lange meine Person nicht gesehen wird, der Tadel auf mich fällt. Um aber selbst ein Augenzeuge von dieser Regierung zu seyn, will ich unter dem Namen eines Bruders von euerm Orden, sowol den Regenten als das Volk besuchen. Ich bitte dich also, schaffe mir einen Habit, und unterrichte mich, damit ich die vollständige Person eines ächten Franciscaner-Mönchs spielen könne. Noch mehr Gründe für diese Handlung will ich bey mehrerer Musse eröffnen; einer davon ist dieser: Angelo ist strenge; steht gegen jeden Tadel auf der Hut, gesteht kaum, daß sein Blut fließt, oder daß er zu Brot mehr Appetit hat als zu Stein. Wir können vielleicht bey dieser Gelegenheit lernen, wie viel man sich auf diese strengen Tugenden verlassen kan.
(Sie gehen ab.)
Achte Scene
(Ein Frauen-Kloster.)
(Isabella, und Francisca.)
Isabella.
Und habt ihr Kloster-Frauen keine andern Freyheiten?
Francisca.
Sind diese nicht groß genug?
Isabella. Ja, freylich; ich frage nicht, als ob ich mehr wünschte; sondern weil ich wünschte, daß die Schwesterschaft der heiligen Clara noch enger eingeschränkt seyn möchte. (Lucio läßt seine Stimme hinter der Scene hören.)
Isabella.
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