Die Ahnen. Gustav Freytag
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Название: Die Ahnen

Автор: Gustav Freytag

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      »Frei hat Gott die Menschen geschaffen, damit diese sich selbst ihr Schicksal bereiten. Aber wie du die Perlen übersiehst, welche an eine Schnur gereiht sind, so übersieht der große Gebieter alle Taten, ja auch alle Gedanken jedes Erdgeborenen, und danach schätzt er die Tüchtigkeit des Mannes, ob er ihn in jenem Leben heraufhebt unter seine Bankgenossen, oder ob er ihn hinabstößt in das Totenreich des üblen Drachen. Darum tut dem Menschen not, unablässig zu sorgen, daß er nach dem Gebot seines Gottes tue.«

      »Wahrlich,« rief Ingram, »das ist harter Dienst, und wie Knechte lebt ihr im Zwange, ich aber rühme mir den Mann, der den Überirdischen ihre Ehre gibt, aber wo er etwas wagt, vor allem fragt, ob es ihm selbst Ansehen bringe und Vorteil.«

      »Ist nicht auch dir eine Ehre, wenn die Frauen deiner Landsleute danken, daß du sie aus den Mühlen der Sorben gelöst hast, und wenn du die unschuldigen Kinder von den Schlägen erledigst, von dem Hunger und von schmachvollem Dienst unter dem schmutzigen Volke?«

      Ingram dachte nach. »Es sind die Kinder unserer Nachbarn jenseits der Berge, und manches davon habe ich vielleicht auf dem Arm gehalten, dir aber sind sie fremd. Kein Jahr vergeht, wo nicht in allen Ländern Herden von ihnen zu Markte getrieben werden.«

      »Hätte ich Gold und Silber,« rief Gottfried, »alle wollte ich lösen, wäre ich ein großer Held, alle wollte ich retten.«

      »Wohl erkenne ich, ihr Christen haltet zueinander wie Nachbarn und Freunde.«

      »Mein Vater hat mir geboten, daß wir auch die Heidenfrauen und ihre Kinder zurückführen, wenn es uns gelingt«, versetzte Gottfried.

      »Dann werden andere gefangen«, warf Ingram ein.

      »Dazu sind wir in die Welt gesandt, daß wir die Gebote verkünden des himmlischen Königs, der so voll Erbarmen ist, daß er jedem Glück und Heil bereiten will auf der Männererde und im Himmel. Wenn erst alle seinen Geboten folgen, dann wird keiner den anderen verhandeln wie ein Kalb oder ein Rind, sondern er wird ihn betrachten so wie geschrieben steht: nach dem Ebenbild Gottes ist der Mensch geschaffen, und aufrecht soll er gehen unter den Tieren, welche mit gebeugtem Haupt die Knechtschaft tragen.«

      Ingram schwieg eine Weile. »Alles rote Gold der Zwerge, von dem sie sagen, daß es nicht gemessen werden kann, würde nicht ausreichen zu einer Befreiung aller Gebundenen, und du, der du unkriegerisch bist und von zartem Leibe, willst dich solcher Arbeit unterwinden?«

      »Ein Krieger bin ich, du merkst es nur nicht,« versetzte Gottfried, »demütig vor meinem Herrn, aber stärker als du glaubst. Verzeihe mir, Herr, daß ich mich vor ihnen rühme«, setzte er hinzu.

      Ingram maß ihn mit den Augen, die zarte Jünglingsgestalt und der milde Ausdruck des begeisterten Antlitzes bewegten ihm das Herz, und er sprach leise: »Viel geheimes Wissen, so meinte auch Bubbo, der Bärenführer, ist euch zuteil geworden. Ich fürchte, ihr möchtet es gebrauchen anderen zum Nutzen oder zum Schaden.«

      »Jedermann freundlich sein und niemandem schädlich ist meines Herrn Gebot«, versetzte Gottfried feierlich.

      »Einem lichten Gott mag dieser Befehl wohl anstehen«, warf Wolfram ein, der bis dahin am Reh und Bier sein Bestes getan hatte und sich jetzt zufrieden vor das Feuer streckte. »Aber auf der Männererde ist es schwer, mit solcher Lehre durch den Wald zu reisen. Glaube mir, Fremder, auch hierzulande haben wir Übermenschliche, die ganz denselben Sinn haben, den du an deinem Gotte rühmst. Siehst du an der Bergleite den vorhangenden Stein? Dort,« sagte er leise, »wohnt ein Geschlecht von guten Zwergen, freundliche kleine Leute, nie hat man gehört, daß sie jemandem ein Leid getan. Aber wer ihnen bei der Waldfahrt von seinem Reisevorrat hinlegt, der hat Glück auf dem Wege, und schon manchem haben sie zugewinkt und dürre Blätter und Nüsse geboten; diese wurden in seinem Reisesack bei Nacht zu Golde. Ist der, dem du dienst, ein Zwerg, so mag er wohl von den guten sein, denn es gibt auch arge.«

      »Viel Ungehöriges mischt deine Rede, Wolfram,« versetzte der Mönch, »der Christengott spendet nicht Blätter und Nüsse, und er gibt kein Angebinde, welches das Glück im Hause des Menschen erhält.«

      »Dennoch gibt es solchen Schutz auf Erden,« sagte Ingram, »ich kenne einen Mann, dem eine Gabe für sein Geschlecht verliehen wurde von den Schicksalsfrauen; ich kenne die Stelle, wo sie verborgen liegt, und ich weiß, daß sie ihren Segen bewährt hat durch viele Geschlechter.«

      »O traue nicht auf den Zauber«, mahnte Gottfried eifrig. »Täuschend ist jede Gabe des Unholden. Hochmütig macht sie den Mann und maßlos, bis der Tag kommt, wo sein Hoffen sich ganz eitel erweist, und der Herr ihn demütigt in seinem Stolz.«

      Ingram lächelte. »Jeder berge, was ihn mutig macht, in stillem Herzen. Beide wollen wir als gute Gefährten nicht forschen, wo der andere seinen Schatz bewahrt. – Der Tau fällt früh, und morgen reiten wir auf wilden Wegen, nimm hier die Decke und verhülle die Glieder, daß sie dir nicht steif werden in der Nachtluft der Berge. Wecke mich, Wolfram, nach Mitternacht.«

      Am nächsten Nachmittag sahen die Reiter baumloses Land vor sich. Die Stämme waren erst vor kurzem gefällt und an dem Rand des Waldes als Verhau geschichtet, denn noch standen die Stümpfe auf grünem Boden, jeder von jungem Aufschuß und wilden Stauden umgeben, und überall auf dem Grunde erhoben sich die niedrigen Büsche. Als die Reisenden einer nach dem anderen durch eine schmale Lücke des Verhaues gedrungen waren, erkannten sie vor sich mehrere Reiter, welche zuerst das Lärmzeichen anbrannten, daß eine hohe Rauchwolke emporstieg, und dann von niedriger Anhöhe schreiend und die Waffen schwenkend auf sie zukamen, Männer in langem Graurock von Hanf gewebt und mit Pelz besetzt, obgleich es Sommerzeit war, eine dicke Pelzkappe auf dem Haupt, mit Keule und Hornbogen bewaffnet; kleine, behende Leiber, breite Gesichter mit großen Schnauzbärten und braunem schlichten Haar, wild drohten und riefen sie. Wolfram ritt vor und gab in ihrer Sprache Bescheid. »Aus Thüringen sind wir, in Frieden kommen wir, Ingram der Held und ich sein Mann, und der dritte ist Gottfried, ein Bote des Herrn Winfried.«

      Die Reiter fuhren untereinander und redeten mit heftigen Gebärden, bis einer, der einen Bund Adlerfedern an der Pelzmütze trug – es war Slavnik, die Nachtigall genannt, weil er bei den Trinkgelagen des Ratiz vorsang —, zu Ingram ritt und diesen in der Sorbensprache höflich begrüßte. Als der Thüring ihm in derselben Weise auf den Gruß antwortete, neigte der Sorbe sich noch freundlicher und redete so hoch und weich wie ein Mädchen; was der Knecht erklärte: er freue sich sehr, aber die Reisenden müßten auf ihr Geleit warten nach Grenzbrauch. So hielten sie und die Sorben schlossen hinter ihnen den Verhau.

      »Gleich den Kindern sind sie,« rief Ingram, »und wie ein Kinderspiel ist ihr Wall, leicht setzt ein Roß darüber.« Aber der Sorbe hatte ihn doch verstanden und antwortete in deutscher Sprache, nur ungelenk: »Ich aber weiß einen Tag, wo der Rabe aus dem Land der Thüringe nicht über den Zaun flog, den das Eisen der Sorben um ihn schloß.«

      »Du hast recht,« antwortete Ingram lachend, »ich fiel in den Zaun und die Dornen ritzten den Leib.« Und beide Männer grüßten einander mit der Hand. So harrten die Reisenden wohl eine Stunde, da kam es von der Höhe wie eine dunkle Wolke, ein größerer Hauf Reiter wirbelte durcheinander, kleine und feurige Rosse, auf denen die Krieger mit hohem Knie saßen. Von allen Seiten drehten sie sich um die Fremden, die Nachtigall gab ein Zeichen, und vorwärts ging es auf dem kurzen Rasen in hellem Haufen, die Fremden in der Mitte. Vor ihnen breitete sich ein weites Tal, mit einzelnen alten Bäumen besetzt, unter denen die Sorbenkrieger und ihre Pferde im Sommer den Schatten suchten; im Tale war ein Ringwall aus Erde und Rasen errichtet, darin das runde Dorf mit Strohhütten, deren Dächer fast an die Erde reichten, wie das Lager eines Heerhaufens lag es da. Ganz in der Mitte des Dorfes erhob sich ein rundlicher Hügel, wieder mit einem Ringwall bekrönt, welcher die Halle des Ratiz und die Hütten seines Hofes umschloß. Auf langer Stange ragte sein Banner und wehte den Fremden zu. Mit heißen СКАЧАТЬ