Onnen Visser. Sophie Worishoffer
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Onnen Visser - Sophie Worishoffer страница 20

Название: Onnen Visser

Автор: Sophie Worishoffer

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn:

isbn:

СКАЧАТЬ Erdarbeiter, schon aufgeregt durch das, was eben vor ihren Augen geschehen war, die widerrechtlich und jählings aus allen ihren Verhältnissen herausgerissenen Erdarbeiter riefen Hurra. »Wenn der Franzose dich anfaßt, soll er es bereuen, Heye Wessel! Hurra für Deutschland!«

      Und brausend dröhnte der Klang, hundertstimmig getragen, durch die heitere Sommerluft dahin über das Wasser.

      Des Leutnants Augen blitzten. »Ich vergelte es euch« schwor er in seinem Herzen. »Gebt acht, ich vergelte es euch! Ihr habt mich herausgefordert und die Folgen sollt ihr allein tragen.«

      Äußerlich beherrschte er sich. Die Schaluppe und das Kanonenboot mußten beide noch stundenlang warten, ehe sie wieder in See stechen konnten, dann aber, als es geschah, riefen Hunderte von Stimmen den Franzosen allerlei Spottreden nach.

      »Wollen Sie denn nicht die Kisten mitnehmen, Herr Leutnant? Es ist doch Ihre Beute – ha, ha, ha.«

      »Wartet! Wartet!« murmelte der Offizier. »Meine Stunde schlägt auch noch.«

      4

      Die breiten Gräben hinter der Schanze wurden ausgeschaufelt und dann das Seewasser hineingeleitet; Mann nach Mann schoben sämtliche Inselbewohner ihre Karren mit Klei und Erde vom Ankerplatz herauf bis an die Stelle, wo Befestigungen errichtet wurden, um Deutschlands Freunde zu vertreiben und das geknechtete Land immer ärger in die Willkürherrschaft des Korsen hineinzudrängen.

      Französische Soldaten hielten Wache mit geladenen Gewehren und deutsche Seeleute erbauten Schanzen, deren Kanonen sie selbst und ihre Brüder vernichten sollten.

      Die Abendsonne schien warm herab auf das kleine Norderney, auf die grabenden und Erde fahrenden Männer und auf die einsamen Dünen, deren lange Grashalme im Winde schaukelten.

      Langsam gleitend kroch Aheltje, die Hexe, von einem Zwerggebüsch zum andern. Hinter ihr ging die graue Katze, schleichend wenn sie schlich, stillstehend wenn ihr Fuß anhielt. Die Alte suchte Vogeleier und murmelte vor sich hin, sobald sie ein Nest gefunden hatte.

      »Zwei Eier mußt du mir geben, Vogelmütterchen, die andern laß ich dir. Weiß, wie es tut, seine Kinder zu verlieren, hab‘ fünf blühende Knaben der See opfern müssen – keiner ist zurückgekommen. Ach, ach, welch ein Leben!«

      Die Katze spann, sie suchte die Blicke ihrer Herrin, als wolle sie sagen: »Mich besitzt du ja noch, wir beide haben einander lieb!«

      Aheltje umfaßte mit beiden Armen ihren Liebling. »Es gibt Eierkuchen, Murr, hörst du, Eierkuchen und gebratene Fische!«

      »Miau!«

      »Dich freut‘s auch, was? – Ach, Murr, wenn‘s doch die letzte Mahlzeit wär! Wenn die ›Hexe‹ endlich sterben dürfte!«

      Sie drückte das blasse verkümmerte Gesicht gegen den grauen Pelz und sah traurig hinaus auf das Meer. »Sie werden die ›Zauberin‹ mit der Heugabel fassen und ohne Sarg ins offene Grab werfen, Murr – tief hinunter in den rieselnden weißen Sand, wo der Tote immer weiter versinkt, immer weiter. Kein Kreuz kommt an die Stätte, keine Blume – sie sind so böse gegen ein lahmes krankes Weib, die Menschen!«

      Aheltje weinte vor sich hin. Heute morgen war sie im Dorfe gewesen, um den wenigen Badegästen ihre Seesterne und Seeigel anzubieten, aber rohe Buben hatten ihr einen Hund entgegengehetzt; noch blutete die linke Hand von dem Bisse desselben und das zerfetzte Kleid zeigte neue Risse. Auch Murrs Ohrläppchen hing durchlöchert herab – ach, welch ein böser Tag war doch wieder einmal über die arme Alte gekommen.

      »Einerlei, Murr«, sagte sie mit zuckenden Lippen, »einerlei, wenn mich auch die Menschen hassen, weil ich so unglücklich und so verkrüppelt bin – schlecht machen sollen sie mich darum doch nicht, ich will sie immer lieb haben nach Gottes heiligem Willen! Komm, mein Tier, komm – wir müssen weiter!«

      Der Graue schlich wieder hinter ihr her und die Alte suchte zwischen allen Gebüschen, in den Graspflanzen und Erdlöchern nach Nestern. So kamen die beiden an ein enges Tal, wo hohe überhängende Wände der Umgebung ein gebirgsartiges Aussehen verliehen; auf dem Grunde wuchsen zwerghafte Erlen, während nur ein schmaler beschwerlicher Weg seitwärts hinabführte.

      Wilde Kaninchen lugten aus Erdlöchern hervor und huschten ängstlich in ihre verborgensten Spalten; Heidelerchen erhoben sich zwitschernd zum Himmel; Schwalbenpaare schossen nach allen Richtungen durch die Luft.

      Es war hier in der entlegensten Einsamkeit der Dünen so still, so feierlich wie in einem weiten, von Glanz und Gold erfüllten Dome. Die wilden Bienen sangen das Lied zu Gottes Ehre, leise rauschend flüsterten die Erlenblätter von der Vergänglichkeit alles Irdischen und jenem Frieden, den das gute Gewissen dem Menschen in aller Trübsal, aller Anfechtung sichert.

      Roter Abendschein fiel auf das Weib im Bettlergewande und umhüllte es ganz. Aheltje bog die Erlenbüsche auseinander; sie klopfte mit dem Knöchel der rechten Hand gegen einen harten Körper, daß es hell und metallisch erklang.

      »Es liegt noch da, Murr, hörst du, niemand hat es entdeckt!« —

      Dann machte sie sich wieder in den Zweigen zu schaffen, ihre Hand fuhr hinein und brachte, als sie zurückkam, blitzende Goldstücke mit sich, es war ein seltsamer Anblick, das Weib in Lumpen mit dem reichen Schatze auf dem Schoß, ein seltsamer, unbegreiflicher Anblick!

      Immer mehr, immer mehr. Es glitzerte und funkelte, es spiegelte sich wie tausend Diamanten im Abendsonnenglanz – spielend reckte Murr die Pfoten und fuhr täppisch zu, als wolle er den Reichtum haschen.

      Aus der Spalte sah scheu das wilde Kaninchen. So viel Gold – und doch Tränen im Auge, Blut an der Hand – wie kommt das?

      »Ruhig Murr, wir besehen nur einmal den Schatz, wir berühren ihn, den Götzen dieser Welt – es ist so eigen schaurig, Gold durch die Finger laufen zu lassen wie bloßes Wasser! – aber uns gehört davon nichts. Nein, nichts! Magst ruhig schlafen, Geerd Kluin, deine Tausende sind in sicherer Hut!«

      Sie wiegte den Kopf, halb lächelnd, halb schluchzend, sie legte mit leiser Hand die Münzen wieder in den eisernen Topf unter dem Wurzelgeflecht der Erlen. »Seltsame Welt, blinde törichte Menschen! Vielleicht darbt und hungert der reiche Mann im fernen Hamburg und alles, was ihn erquickt, ist der Gedanke an sein vergrabenes Geld! Vielleicht sieht er‘s nie wieder, aber das letzte Stündlein wird ihm leichter, weil er weiß, daß auch andere es nicht erlangen werden.«

      Sie deckte den Topf sorgfältig zu. »Liege, liege bis an den jüngsten Tag, bis Gott die Welt vor das Gericht fordert, Gute und Arge – alles was lebt!«

      Sie raffte ihre Eier zusammen und die Wanderung über das zerklüftete Gebiet begann aufs neue.

      Es wurde allmählich dunkel; Aheltje schlich an der Stelle des heutigen neuen Kirchhofes und der verstreuten einzelnen Häuser hinter der Marienstraße vorüber, ihrer Hütte zu; da sah sie vor sich auf dem Kamm einer Düne die hohe Gestalt eines Mannes, der seine Augen mit der Hand beschützte.

      »Peter Witt!« murmelte die Alte. »Kain!«

      Und sie lachte laut und verächtlich.

      Der Genannte wandte den Kopf. »Du bist es, Hexe! Was hast du da, he? Zauberkräuter, denke ich!«

      Er wollte ihr das zerrissene Tuch wegnehmen, aber sie schlug ihn derb auf die Finger. »Zauberkräuter!« wiederholte sie spöttisch. »Sollen deine Hände verbrennen, Peter Witt?«

      »Ist‘s wahr?« flüsterte СКАЧАТЬ