Das Naturforscherschiff. Sophie Worishoffer
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das Naturforscherschiff - Sophie Worishoffer страница 9

Название: Das Naturforscherschiff

Автор: Sophie Worishoffer

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn:

isbn:

СКАЧАТЬ Gott, so laßt uns eilen.«

      Und in stummer Hast drängte alles vorwärts. Doktor Bolten konnte sich von dem Schauplatz des geschehenen Unglückes anfangs durchaus nicht trennen. »Weggehen und den unglücklichen Jungen so gewissermaßen treulos verlassen,« preßte er hervor. »Es ist zu schrecklich. Wenn er nun in das Wasser gefallen und von den Krokodilen —«

      »Pah, das ist ganz unmöglich. Der Junge ist doch kein Wickelkind, daß er in den See plumpsen und sich fassen lassen sollte, ohne zu seiner eigenen Rettung das allermindeste zu unternehmen? – Die Gallinas haben ihn, und wir müssen sehen, mit dem Raubgesindel tunlichst zu unterhandeln.«

      Das war ein schlimmer, aber doch der einzig mögliche Trost, und nachdem noch die Neger zur Vorsicht festgestellt hatten, daß nirgend im Umkreis des Sees ein Unglück geschehen sein könne, beeilte man sich, die vordere Seite zu erreichen. Hier waren auch die Gallinas mit dem Aufbruch beschäftigt; sie ließen den Dolmetscher äußerst gleichmütig an sich herankommen und beantworteten seine Fragen nach dem verschwundenen Knaben fast nur durch Achselzucken. Vielleicht hatte er ihre vorangegangenen Gefährten begleitet, sie wußten es nicht.

      Aber nicht allein Achilles, sondern auch die Weißen waren durch den Ton dieser Antworten in ihrem anfänglich gehegten Verdacht vollkommen bestärkt worden, sie folgten daher ohne weiteres den nach Hause gehenden Gallinas, und nur einmal fragte Holm den Dolmetscher, ob denn das Dorf derselben in der Nähe liege. Die Antwort traf wie ein Kanonenschuß, – man mußte acht bis zehn Stunden marschieren und dann natürlich während der Nacht im Walde bleiben. Neue Verwirrung, neues Entsetzen bemächtigte sich der beiden Männer. »Achilles,« rief Doktor Bolten, »machen Sie doch Ihren Landsleuten den Vorschlag, uns den Knaben hierher zurückzuliefern. Wir wollen alles, was wir besitzen, mit Vergnügen hergeben.«

      Der Dolmetscher schüttelte den Kopf. »Gallinas klug«, antwortete er, »fürchten Feuerwaffen. Achilles allein gehen mit Fetisch und Gewehren.«

      Das aber konnten wieder die beiden anderen nicht zugeben, auch Hans wollte sich trotz aller Vorstellungen nicht mit einem der Neger auf den Rückweg machen, und so zog denn die kleine Gesellschaft in tiefstem Schweigen, verstimmt und unruhig durch den Wald dahin. Die Gallinas in ihren weißen Turbanen und Burnussen gingen gewissermaßen als Wegweiser voran, und sobald sie Halt machten, lagerten auch die Weißen mit ihrer Begleitung, um scheinbar wenigstens ein Mahl einzunehmen. In der Tat aber sprachen nur die Kruneger den mitgebrachten Vorräten tapfer zu.

      »Wie wäre es,« meinte Holm, »wenn wir alle mit dem Gewehr auf dem Rücken, also in ganz friedlicher Absicht, jetzt zu den Gallinas gingen und ihnen vor die Füße legten, was sie zu besitzen wünschen? Wo das geschieht, ist doch gleichviel.«

      Aber Achilles wies den Vorschlag durchaus zurück. »Gallinas lassen den weißen Knaben frei, ohne ihm Waffen oder Führer zu geben,« sagte er. »Gallinas falsch, weißer Knabe von Raubtieren zerrissen.«

      »Und warum hat man uns nicht gleich an Ort und Stelle den ganzen spitzbübischen Handel vorgeschlagen?« rief Holm.

      »Zehn Feuerwaffen,« lächelte Achilles, die Gewehre überzählend, »zehn entschlossene Männer. Gallinas klug – den Gegner müde machen.«

      »Diese Spitzbuben! Sie wußten also, daß wir bis an das Ende der Welt dem armen Jungen nachgehen würden?«

      Und man brach wieder auf, bis der Abend herabsank und die Schatten länger wurden. Plötzlich an einer Waldlichtung waren die Weißmäntel wie in den Boden hinein verschwunden, – auch nicht ein einziges Zeichen verriet, wohin sie sich gewendet.

      Die Kruneger berieten heimlich, und dann wandte sich der Dolmetscher zu den Weißen. Eine Viertelstunde von hier läge das Dorf, versicherte er, sie wüßten es ganz gewiß. Zwei von ihnen wollten die Zugänge desselben bewachen und die übrigen hier aus den mitgenommenen Decken ein Zelt errichten. Der Plan der Gallinas sei ihm und seinen Genossen jetzt ganz klar.

      »Und wenn uns die schwarze Bande in Gemeinschaft verrät?« flüsterte Bolten.

      »Dann sind wir unter allen Umständen verloren. Unserer drei gegen ebenso viele Hunderte.«

      »Aber wir haben die Gewehre!«

      »Dem Himmel sei Dank dafür! Die Schurken fürchten uns wie den bösen Feind, weil eben die Feuerwaffen aus so weiter Entfernung zu schaden vermögen.«

      Achilles und seine Genossen bauten mit flinken Händen das Zelt, reinigten den Boden von Moos und Insekten und zündeten bei einbrechender Dunkelheit ein riesiges Feuer an, welches die Raubtiere verscheuchen sollte. Zwei Neger verschwanden ganz in der Stille, die anderen trugen Wasser herbei, kochten Kaffee und rösteten Mais zwischen rohen Feldsteinen, dann aber mußten auf ihren Rat die Gewehre, auch die der fortgeschlichenen Krumänner, vor dem Zelt zusammengestellt werden. Nachdem das geschehen, begaben sich scheinbar alle zur Ruhe, die Weißen im Zelt, die Neger davor. – Stunde nach Stunde verrann; von fern brüllten mit ihren greulichen Stimmen die wilden Tiere; im Gebüsch raschelte und krachte es wie von glatten Schlangenleibern, vom Fuß schleichender Raubkatzen; das Feuer hüllte alles in seine purpurnen Gluten; nagende, quälende Unruhe hielt die drei leise flüsternden Deutschen wach. So ganz allein am Rande der Zivilisation, nahe jener Gegend, die noch kein weißer Mann betreten, den Schwarzen und den reißenden Tieren wehrlos preisgegeben, – das konnte mit Recht eine böse Lage genannt werden.

      Und Doktor Bolten flüsterte kaum hörbar: »Vater, wenn es möglich ist, so laß diesen Kelch vorübergehen.«

      »Amen!« schluchzte Hans, der wohl fühlte, daß dies Gebet seinem verschwundenen Bruder galt.

      Achilles, der vor dem Eingang des Zeltes saß, hob in diesem Augenblick die Hand.

      Vom Schein des Feuers hell bestrahlt, warf die schwarze Hand einen Riesenschatten, – unwillkürlich erstickte ihr Erscheinen jeden Laut.

      Der Neger streckte sich, als schlafe er; tiefe Totenstille beherrschte die Umgebung, dann hoben von hinten mehrere Hände den Zeltvorhang auf. Gallinas in starker Anzahl hielten das Lager umzingelt, hatten die Gewehre ergriffen und die Messer der drei Deutschen an sich gerissen, ehe viel Zeit verging; jetzt untersuchten sie sogar die Taschen und bemächtigten sich der Uhren, – nur die Bambusbüchse des Zauberers wurde verächtlich bei Seite geworfen.

      So schnell wie sie gekommen, verschwanden die unheimlichen Gäste.

      »Und nun?« fragte Bolten. »Sie haben den Jungen doch sicher ermordet.«

      Achilles schüttelte lachend den Kopf. »Wozu?« sagte er. »Bald genug hier sein, – sehr bald.«

      Und wirklich war kaum eine Viertelstunde vergangen, als aus dem nächsten Gebüsch die beiden Kruneger hervortraten, in ihrer Mitte den Knaben, grinsend von einem Ohr zum andern, äußerst vergnügt, daß sie List mit List vergolten hatten. Franz war unversehrt, er flog den anderen entgegen und warf sich stürmisch in ihre Arme. Minuten verflossen, bis einer der Männer sprechen konnte. »Kinder,« stammelte endlich Doktor Bolten, »Kinder, laßt mich unserm Gott danken und diesen beiden braven schwarzen Menschenbrüdern hier —«

      Aber weiter kam der alte deutsche Theologe nicht, sondern ging mit offenen Armen zu den beiden fettglänzenden, schwarzen Wilden und küßte die erstaunten Gesichter, – und das war ein echter, wahrhaftiger Gottesdienst, wie er tief aus dankbarem Herzen heraufquoll.

      »Nur mein kostbares Zauberpulver ist gerettet!« rief Holm, »sonst alles dahin. Aber gerade dieses – O nein!« unterbrach er sich plötzlich, »das ist denn aber doch empörend!«

      Man umringte ihn und sah in die offene СКАЧАТЬ