Название: Im Lande des Mahdi III
Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Nun, wir waren hart hintereinander her, aber nicht etwa es hinter mir, sondern ich hinter ihm. Ich hatte mich tief in die Lianen gedrückt, um die vier Neger an mir vorüber zu lassen, und den Blick nicht von dem Tiere gewendet. Als es sich überzeugt hatte, daß das junge tot war, stürzte es wieder vorwärts, sah die Neger unter den Palmen verschwinden und schoß ihnen nach. Die Schnelligkeit, mit welcher dies geschah, war ganz unglaublich. Dabei ließ es einen Ton oder vielmehr Töne hören, welche gar nicht zu beschreiben sind. Das war kein Schnaufen mehr, kein Schnauben, kein Grunzen, kein Brüllen, und doch war es das alles und noch viel mehr als das.
Als es mir nahte, blieb ich stehen, nicht vor Schreck, sondern aus Berechnung. Meine beiden Läufe waren geladen; ich hätte schießen können, war aber vorsichtig genug, dies nicht zu thun. Das Riesentier mußte so getroffen werden, daß es sofort fiel; hier unter den Bäumen aber hatte ich kein sicheres Zielen, und ein Nilpferd besitzt keineswegs viele Stellen, an denen es tödlich verwundbar ist. Von vorn durfte ich es auf keinen Fall nehmen.
Als es an mir vorüberschoß, streifte es mich, ganz leicht nur, im Verhältnisse zu seiner Stärke und seiner Masse; aber ich flog doch, wie von zehn Pferdekräften geworfen, seitwärts in das Dickicht, raffte mich jedoch sofort wieder auf und rannte hinterdrein. Was nun folgte, läßt sich wirklich leichter erleben als beschreiben.
Man denke sich einen von einem Nilpferde ausgetretenen Pfad, der keineswegs einem parkettierten Fußboden gleicht, sondern buchstäblich aus tiefen, runden Löchern, in denen das Wasser steht, zusammengesetzt ist. Rechts und links Dickicht. Oben die Palmenwipfel, welche den Pfad verdunkeln, und bricht ja ein einzelner Strahl des Mondes durch, so bewirkt er nur, daß die Unsicherheit vergrößert wird. Vorn Schüsse, Rufe, das Geheul und Geschrei der erschrockenen Menschen, von allen Seiten das Geplärr, Gekrächz, Gestöhn, Gebrumm, Gebrüll und Gekreisch der Tiere! Hart vor der Hand ein wütendes Ungeheuer, dem man den Garaus machen will, machen muß, um zehn und noch mehr Menschenleben zu retten!
Wie ich mit solcher Schnelligkeit vorwärts gekommen bin, wußte ich damals nicht und kann es heute noch viel weniger sagen. Das Nilpferd flog und ich flog auch, über die Löcher und Pfützen hinweg, zwischen den Lianenwänden hin. Ich stolperte über menschliche Körper, welche von dem Untiere niedergerannt worden waren, und kam doch nicht selbst zum Falle. Meine Füße berührten kaum den Boden, und doch blieb ich so gut bei Atem, als ob ich ruhig auf einem Sofa säße. Da lichtete sich das Dunkel über mir. Der Pfad war zu Ende, und die Bäume traten zurück. Die Lichtung begann und war vom Mondenscheine förmlich überflutet. Rechts, links, vorn rannten, flogen, schossen, stürzten, purzelten, wälzten sich schwarze Gestalten. Zehn, zwölf Sprünge vor mir stampfte das Nilpferd einen Mann unter den Beinen zu Brei. Fünf, sechs weite Sprünge links nach vorn, dann blieb ich stehen und legte an. Die Aufmerksamkeit zunächst auf mich selbst richtend, bemerkte ich, daß ich nicht zitterte; dann den Blick auf das Visier, die Mündung handtief hinter das linke Ohr des Hippopotamus gerichtet und dann losgedrückt. Der Schuß erdröhnte durch den Wald; die zweite Kugel folgte sofort nach; ich schnellte mich weiter nach links bis in den Schatten der nächsten Hütte, fuhr mit der Linken in die Tasche, wo ich die Patronen hatte, und wendete mich erst nun zurück, um schnell wieder zu laden und dabei zu sehen, welchen Erfolg meine Schüsse hatten.
Das Tier stand aufrecht, ohne sich zu bewegen. Es hatte den Rachen weit geöffnet und ließ die starken, stumpfen Hauer sehen. Es schien, als ob es in verderblicher Wut brüllen wolle, aber der Rachen blieb stumm; die Quelle der Stimme, die Lunge, war gelähmt. Ein schweres Zittern lief langsam über den Körper; er neigte sich nach rechts, nach links, nach vorn, wieder nach rechts und fiel dann schwer, wie aus Holzklötzen geschnitten, nach dieser Seite um. Da lag er starr und steif, ohne daß auch nur ein einziges Glied sich einmal noch bewegte.
Unterdessen hatte ich wieder geladen und näherte mich vorsichtig dem Kopfe, bereit, demselben nötigenfalls noch zwei schnelle Kugeln zu geben. Es war nicht nötig. Wie sich später zeigte, waren die beiden ersten direkt in das Gehirn gedrungen und hatten das Ungeheuer augenblicklich und vollständig gelähmt; es war tot.
Jetzt sah ich mich um. Mehrere Tote und Gequetschte lagen hier und dort an der Erde, sonst war niemand zu sehen; aber im Innern der Tokuls hörte ich Stimmen. Ich begab mich zum größten, trat in den Eingang und fragte:
»Agadi, bist du noch hier?«
»Ja, Effendi,« antwortete er. »O Allah, welch ein Schreck kommt über die Erde!«
»Bist du noch gebunden?«
»Ja, Ich hänge hier am Pfosten.«
»Sind noch andere hier?«
»Eine ganze Menge.«
»Ich werde dich abschneiden.«
Seine Stimme sagte mir, wohin ich mich zu wenden hatte.
Ich stieg zwischen, auf und über Menschen hinweg, welche ich nicht sah, und die sich dies ruhig gefallen ließen, schnitt ihn los, machte auch seine Hände frei und zog ihn dann hinaus auf den Platz. Wir waren, außer den Toten und Verwundeten, die einzigen Menschen draußen; die andern waren von der Angst in die Hütten getrieben worden. Als er das Tier liegen sah, schlug er die Hände zusammen und rief aus:
»Da liegt das Ungetüm, bei Allah, da liegt es! Ist es denn wirklich tot?«
»Ja, ich habe es erschossen.«
Ehe er antworten konnte, ertönte hinter der Tierleiche der laute Ruf:
»Allah akbar! Da liegt der vierfüßige Teufel, der uns alle verschlingen wollte! Er ist tot; er hat sein Leben lassen müssen und ist in seinen Sünden dahingestorben. Nicht wahr, du bist es, der ihn erschossen hat, Effendi? Ich steckte am Wege, und obgleich es dunkel war, sah ich dich hinter ihm her rennen.«
Der Sprecher war der Askari, mit dem ich am Wege gelauert hatte.
»Jetzt haben wir,« rief Agadi, »gewonnenes Spiel. Du hast das ganze Lager gerettet, hast den Kriegern der Bor das Leben erhalten, denn dieses Ungetüm hätte die Hütten und mit ihnen alle, welche sich darin befanden, niedergestampft. Nun kann uns niemand mehr als Feinde betrachten; nun wird man mir glauben, wenn ich wiederhole, daß du nicht Ibn Asl bist. Komm‘ mit herein, damit ich dem Häuptling sage, daß du sein Retter bist!«
»Dazu bedarf es meiner Gegenwart wohl nicht. Gehe also allein zu ihm. Er mag die Feuer wieder anbrennen lassen. Wenn wir das Tier zerlegen, soll jeder Bor ebenso wie jeder Askari sein Teil bekommen. Sage ihm das. Inzwischen will ich nach meinen Asakern sehen.«
Agadi trat wieder in den Tokul. Der Askari, welcher sich mit mir auf Posten befunden hatte, begleitete mich, als ich ging, um nach den sechs andern Asakern zu sehen. Sie hatten sich wacker gehalten. Keiner war von seinem Platze gewichen. Sie hatten das Geschrei, die Warnungsrufe gehört und die Verwirrung bemerkt, ohne aber zu wissen, welchen Grund dies habe, da sie die Sprache der Bor nicht verstanden. Die Schwarzen hatten vor dem Nilpferde fliehen und aus dem Lager brechen wollen, waren aber durch die Schüsse der sechs Asaker zurückgetrieben worden und hatten sich dann vor Angst in die Tokuls verkrochen. Freilich durfte ich meinen Posten ihr ruhiges Ausharren nicht allzuhoch anrechnen. Hätten sie gewußt, daß ein Nilpferd im Anzuge sei, so wären sie, obgleich sie den Schwarzen so wacker standgehalten hatten, sehr wahrscheinlich auch davongelaufen.
Ich führte sie in das Lager, ohne mich zu fragen, ob ich das СКАЧАТЬ