Название: Im Lande des Mahdi II
Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Er hat ihn erschossen. Wir müssen hin, Effendi!« meinte der Fakir el Fukara.
»Unsinn! Der Löwe kommt von entgegengesetzt her; wir haben ihn gerade vor uns. Ich rieche ihn schon.«
»O Allah, o Erbarmen, o Zuflucht und Trost der Gläubigen! Du irrst dich. Der Fessarah ist der Sieger, und ich begebe mich zu ihm.«
Er sprang auf und fort. Ich hätte ihn nicht halten können, selbst wenn ich gewollt hätte, denn ich besaß keine Zeit und auch keine Hand dazu. Der Löwe war da. Ich sah ihn unter den vordersten Bäumen der lichten Stelle erscheinen, fast tageshell von den hochflackernden Feuern beschienen, ein über einen Meter hohes, sicher zwei und ein halb Meter langes, ganz ungewöhnlich starkes, mächtiges Tier mit sehr langer und dichter, dunkel gefärbter Mähne.
Ich lag im Anschlage; er stand aber schlecht zum Schusse, und einen Fehlschuß durfte ich nicht wagen. Zu langen Erwägungen gab es keine Zeit, denn das Tier sah den fortrennenden Fakir el Fukara und machte eine Wendung, um ihm nachzuspringen. Ich schrie aus Leibeskräften, um seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Drehte er sich nach mir um, so hatte ich besseres Ziel. Aber er schien meinen Schrei gar nicht zu hören, wenigstens nicht zu beachten und schnellte hinter dem Fakir her, einen Satz, zwei Sätze, drei Sätze. Er wurde vom Lager aus erblickt; die Asaker heulten vor Entsetzen auf; auch der Fessarah zeterte, als ob er im Höllenfeuer brenne, und dadurch aufmerksam gemacht, blieb der Fakir el Fukara stehen und sah sich um. Als er das ihn verfolgende Raubtier erblickte, brach er vor Todesangst in die Kniee zusammen und hob, unfähig, einen Laut von sich zu geben, die gefalteten Hände empor. Noch drei Sprünge, und der Löwe hätte ihn erreicht.
Das waren nur Augenblicke, aber ich hatte sie benutzt. Meinen Bärentöter in der Rechten, war ich aus meinem Verstecke dem Würger der Herden nachgerannt, hatte mit der Linken den Revolver gezogen und drückte, dazu nicht schreiend, sondern brüllend, die sechs Schüsse nacheinander ab. Das half. Der Löwe hörte sie und warf sich herum. Ich ließ mich gedankenschnell auf das Knie nieder und legte das Gewehr an. Nun war den beiden andern geholfen; das wußte ich genau, denn der Löwe wirft sich unbedingt auf diejenige Person, welche auf ihn zielt; aber was stand nun mir bevor? Entweder er oder ich!
Er maß die Entfernung mit den Augen; in einem Sprunge konnte er mich nicht erreichen; er mußte also zwei thun, und sobald er nach dem ersten den Boden berührte, hatte ihn meine Kugel zu treffen, sonst fand ich keine Zeit mehr zu dem wahrscheinlich nötigen zweiten Schusse. Es waren höllische Momente, da die gewaltige Katze keinen Laut von sich gab. Jetzt schnellte sie in die Höhe, die Vorderpranken weit auseinander gestreckt; zwölf Schritte vor mir kam sie zur Erde nieder und erhielt den ersten Schuß. Ein Ruck, als ob er einen Stoß von vorn bekommen hätte, ging durch den Körper des Löwen; er war gut getroffen worden; aber die einmal angespannte Kraft des Willens und der Muskeln wirkte noch fort; der mächtige Körper flog wieder empor und auf mich zu, mußte genau mich erreichen. Aber bevor dies geschehen konnte, traf ihn meine zweite Kugel in der Luft, und ich warf mich weit zur Seite, indem ich das Gewehr fallen ließ und das Messer aus dem Gürtel zog. Dieses letztere zum Stoße zückend, drehte ich mich blitzschnell wieder um und sah, daß eine solche Verteidigung glücklicherweise nicht notwendig war. Der Löwe lag auf dem Rücken, bewegte sich, die Beine krampfhaft an den Leib gezogen, einmal nach der rechten und einmal nach der linken Seite, blieb da liegen und streckte dann, blutigen Schaum im halbgeöffneten Rachen, in einer letzten Bewegung die vier Pranken weit von sich. Er war tot, und ohne daß es der Bestätigung durch eine lange Untersuchung bedurfte, ersah ich aus diesem Erfolge, daß die beiden Kugeln da saßen, wohin ich sie bestimmt hatte, nämlich die erste durch das Auge in das Hirn und die zweite von unten herauf ins Herz. Dennoch wagte ich es noch nicht, das Tier zu berühren, denn es ist vorgekommen, daß ein scheinbar toter Löwe mit mehreren Kugeln im Kopf wieder aufgesprungen ist. Ich hob mein Gewehr wieder auf, lud es und stieß den Löwen dann mit den Läufen an. Hätte er noch Leben verraten, so konnte ich ihm auf diese Weise noch zwei Kugeln geben, ehe er aufzuspringen vermochte; aber er zuckte nicht; er war wirklich tot.
Das war alles so schnell gegangen, daß der Fakir el Fukara noch am Boden kniete und der Fessarah noch immer schreiend an seinem Busche stand. Die Asaker hatten ihr Heulen eingestellt, da sie sich nicht mehr bedroht sahen. Ich ging auf den ersteren zu, faßte ihn am Arme, um ihn aufzurichten, und sagte.
»Was kniest und betest du noch? Der Menschenfresser ist tot.«
»Tot?« ahmte er wie geistesabwesend das letzte Wort in meinem Tone nach.
»Ja, tot. Du hast nichts mehr zu befürchten.«
»Hamdulillah!«
Dieses eine Wort sprach er noch aus; dann stand er auf und ging fort, ohne sich um den Löwen zu bekümmern, in den Wald hinein, eine für mich gewiß sehr sonderbare Weise, sich mit dem Lebensretter abzufinden. Der Fessarah hatte meine Worte gehört und fragte:
»Ist es wirklich gewiß, daß er tot ist?«
»Ganz gewiß.«
»Kann man ihn besehen und befühlen?«
»Natürlich!«
»So werde ich die Asaker rufen, damit sie unsere Triumphe preisen mögen.«
»Unsere« Triumphe hatte er gesagt. Nun, ich war neugierig, den von ihm erlegten Löwen zu sehen! Zunächst wurde der meinige in Augenschein genommen; aber nicht eilig und in stürmischer Freude kamen die Gefährten herbei, sondern zögernd und still. Die Dimensionen des Löwenkörpers waren selbst noch im Tode so achtunggebietend, daß es meiner mehrmals wiederholten Versicherung bedurfte, ehe ein Askari es wagte, den Kopf der Tierleiche zu fassen und von einer Seite auf die andere zu legen. Als man sich auf diese Weise überzeugt hatte, daß allerdings keine Gefahr mehr vorhanden sei, verwandelte sich die zaghafte Stille in eine Scene übermütiger Lebhaftigkeit. Der Fessarah-Führer machte den Anfang dazu, indem er sich zum Redner aufwarf, den Körper des Löwen als Tribüne bestieg und folgendermaßen begann:
»Preis sei Allah und Heil dem Propheten! Dieser Tag ist ein Tag des Triumphes. Bestätigt es, ihr Gläubigen!«
»Ja, Heil, Preis, Triumph!« schrieen die Asaker, welche alle herbeigekommen waren. Nur Ben Nil, der pflichtbewußte, befand sich bei den Gefangenen, um dieselben zu überwachen.
»Ihr hörtet,« fuhr der Sprecher fort, »von dem Löwen von EI Teitel, welcher sein Maul aufsperrte und in jeder Woche einen Anhänger des Propheten verschlang. Bestätigt es, ihr Freunde und Geführten den beider Helden dieses Tages!«
»Wir bestätigen es!« erklang die Antwort.
Unter den beiden Helden waren jedenfalls ich und er gemeint. Er sprach weiter.
Am Bauche des Herrn mit dem dicken Kopfe liegen viele hundert Moslemin begraben. Vielleicht hat er auch zuweilen einen Ungläubigen verschluckt, was ihm wohl Beschwerden der Verdauung bereitete. Heute kam er nach diesem Brunnen, um seine Verbrechen fortzusetzen; da aber entbrannte der Zorn der Kämpfer und der Grimm der berühmtesten Recken in Afrika. Sie, nämlich der Effendi und ich, machten sich auf, dem Fresser entgegen. Ruft ihnen Heil und Ruhm zu, ihr Zeugen der Thaten!«
»Heil, Ruhm, Heil!« ertönte es ringsum.
»Der Würger der Lebendigen СКАЧАТЬ