Название: Die Sklavenkarawane
Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Diese Schwarzen trugen die Guluf, drei wulstige Narben auf jeder Wange, ein sicheres Zeichen, daß sie geraubt worden waren. Ist nämlich eine Sklavenjagd glücklich ausgefallen, so empfangen die jüngeren männlichen Gefangenen diese sechs Schnitte als ewiges und unverwischbares Zeichen der Knechtschaft. Man reibt die Wunden mit Pfeffer, Salz und Asche ein, um den Heilungsprozeß zu verzögern, und die Narben möglichst aufschwellen zu lassen.
Bekleidet waren die beiden nur mit dem Lendenschurze. Das Haar hatten sie mit Anwendung eines vertrocknenden Klebstoffes steif und cylindrisch emporfrisiert, so daß es das Aussehen eines zerknillten Chapeau-claque ohne Krempe besaß. Sie unterhielten sich im Dialekte der Belandaneger, in welchem alle Worte, welche etwas Geistiges, Übersinnliches bezeichnen, dem Arabischen entnommen sind, wie es überhaupt bei allen sudanesischen Sprachen mehr oder weniger der Fall ist. Dabei wendeten sie die erste Person der Einzahl des Zeitwortes nicht an, sondern setzten an Stelle des »Ich« ihre Namen.
»Lobo ist traurig, sehr traurig!« flüsterte der eine. »Und Lobo darf doch nicht sehen lassen, daß er traurig ist.«
»Tolo ist auch traurig, mehr traurig noch als du,« antwortete der andre ebenso leise. »Als Lobo und Tolo geraubt wurden, hat Abu el Mot Lobos ganze Familie getötet, aber Tolos Vater und Mutter entkamen; sie leben noch, und armer Tolo kann nicht zu ihnen. Darum ist er doppelt traurig.«
Er sprach in der dritten Person, meinte aber sich selbst, da er Tolo hieß.
»Warum soll Lobo nur halb traurig sein?« fragte der erstere. »Wurden seine Eltern und Geschwister ermordet, so ist er unglücklicher als du. Und – —« er sprach so leise, daß sein Leidensgefährte es kaum verstehen konnte – »was hat ein Belanda zu thun, wenn der weiße Mann ihm die Seinen tötet?«
Toto blickte besorgt nach den Sklavinnen, ob diese vielleicht horchten, und antwortete dann, indem er die Augen rollte:
»Rache nehmen! Er muß Abu el Mot töten.«
»Ja, er muß, aber er darf nicht davon sprechen!«
»Seinem Freunde Tolo aber kann er es sagen; dieser wird ihn nicht verraten, sondern ihm helfen mit dem Messer oder mit dem Pfeile, welcher in den Saft der Dinqil getaucht und vergiftet ist.«
»Aber dann wird man uns zu Tode peitschen.«
»Nein; wir fliehen.«
»Weißt du nicht, wie schwer das ist? Die Weißen werden uns mit Hunden verfolgen, welche uns sicher finden.«
»So macht Tolo sich selbst tot. Peitschen läßt er sich nicht, und leben mag er auch nicht, wenn er nicht bei Vater und Mutter sein kann. Der Weiße denkt nicht, daß der schwarze Mann ein Herz hat; aber er hat ein besseres als der Araber; er liebt Vater und Mutter sehr, und will bei ihnen sein, oder sterben. Weißt du, ob wir leben werden, wenn wir hier bleiben? Wir sind Eigentum des Weißen, und er kann uns beim kleinsten Zorne töten. Und wenn er eine Ghasuah unternimmt, so müssen wir mit, und für ihn gegen unsre Brüder kämpfen. Auch da können wir getötet werden. Tolo will aber seine schwarzen Brüder nicht fangen und zu Sklaven machen!«
»Meinst du denn, daß es eine Ghasuah geben wird?«
»Ja. Warum reiben die Weiber dort nun schon seit vielen Tagen Durrah? Merkst du nicht, daß Kisrah gebacken werden soll? Viel Vorrat von Kisrah aber macht der Araber nur dann, wenn er sie als Vorrat bei einer Ghasuah braucht.«
Lobo schlug die Hände zusammen, machte ein erstauntes Gesicht und sagte:
»Wie klug du bist! Daran hat Lobo nicht gedacht. Er glaubte, der Zug würde erst dann unternommen, wenn Abu el Mot aus dem Lande der Homr zurückgekehrt ist.«
»Abd el Mot kann auch ziehen, wenn er will. Er ist der zweite Häuptling der Seribah und Abu el Mot der erste. Ist der erste nicht da, so befiehlt der zweite. Warum haben die Leute ihre Gewehre putzen und ihre Messer schleifen müssen, gestern und vorgestern schon. Niemand weiß vorher, was geschehen soll, aber wir werden bald etwas erfahren.«
»Weißt du, wohin es gehen soll?«
»Wie kann Tolo es wissen! Nicht einmal die weißen Soldaten, die sich in der Seribah befinden, erfahren es vorher. Abd el Mot allein weiß es, und – —«
Er hielt inne, bückte sich auf seine Arbeit nieder und drehte an den Seilfasern mit einer Hast, als ob er sich bei dieser Beschäftigung nicht Zeit zu einem einzigen Worte gegeben habe. Sein Genosse folgte seinem Beispiele. Beide hatten gesehen, daß ein Mann in einem Kahne an den Noqer gelegt, und das Deck desselben bestiegen hatte.
Dieser Mann war ein Weißer. Ein dichter, dunkler Bart umrahmte sein Gesicht, welches vom Sonnenbrande das Aussehen gegerbten Leders erhalten hatte; seine Züge waren hart, seine Augen blickten finster. Er trug einen eng anliegenden weißen Burnus, um welchen ein Shawl gewunden war, aus dem die Griffe eines Messers und zweier Pistolen blickten. Die nackten Füße steckten in grünen Pantoffeln, und der Schädel war in ein grünes Turbantuch gehüllt, ein Zeichen, daß dieser Mann seine Abkunft von dem Propheten Mohammed herleitete. In der Hand hielt er die lange, dicke Nilpeitsche.
»Abd el Mot!« flüsterte Lobo seinem Gefährten zu.
»Still, schweig!« antwortete dieser ängstlich.
Der Weiße war also der zweite Kommandant der Seribah. Er nannte sich »Diener des Todes«, während der erste Befehlshaber »Vater des Todes« hieß. Er blieb für einen Augenblick bei den Sklavinnen stehen. Diese arbeiteten mit doppeltem Eifer als vorher; doch schien ihr Fleiß seinen Beifall nicht zu finden, denn er schrie sie mit harter Stimme an:
»Allah zerschmettere euch! Wollt ihr ihm die Zeit abstehlen, ihr Faullenzerinnen! Heute soll gebacken werden, denn morgen brechen wir auf, und noch ist das Mehl nicht fertig!«
Er schlug mit der Peitsche ohne Wahl auf sie ein, daß die Getroffenen vor Schmerz heulten, aber ohne zu wagen, ihre Arbeit dabei auch nur für einen Augenblick einzustellen. Dann kam er zu den beiden Belandanegern. Er sah ihnen eine Weile zu, hob dann ein Seil auf, um die Arbeit zu prüfen, warf es wieder hin, und versetzte jedem einige Hiebe, von denen die Haut an den getroffenen Stellen sofort aufsprang. Die Schwarzen bissen die Zähne zusammen, daß es laut knirschte, gaben aber keinen Laut von sich, und arbeiteten ohne Unterbrechung weiter.
»Es that wohl nicht weh genug?« lachte er grausam. »Das nächste Mal werdet ihr schon heulen müssen, ihr Tagediebe. Werft euch nieder, wenn ich mit euch rede!«
Dieser Befehl war von einigen weiteren Hieben begleitet. Die Neger sanken zu Boden, was sie vorher nicht gewagt hatten, um nicht mit der Arbeit inne zu halten. Er betrachtete sie mit gefühllosem Blicke, versetzte jedem einen Fußtritt und fuhr fort:
»Ihr seid Belandas. Ist euch euer Land bekannt?«
»Ja, Herr,« antwortete Tolo ohne aufzublicken.
»Kennt ihr die Helle Ombula?«
»Tolo ist oft dort gewesen.«
»Was hattest du dort zu thun?«
»Die Schwester der Mutter wohnt mit ihrem Manne und ihren Kindern dort.«
»So hast du also Verwandte in Ombula! Wie viele Familien gibt es da?«
»Sehr viele, Herr, viel mehr als in andern Dörfern,« antwortete СКАЧАТЬ