Der Oelprinz. Karl May
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Название: Der Oelprinz

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ kommt die sonderbare Gestalt, welche hinter dem Wagen herritt; sie ist zurückgeblieben, sieht den Zug nicht mehr und weiß nun augenscheinlich nicht, wohin sie sich wenden soll.«

      Der Ausdruck »sonderbare Gestalt«, dessen er sich bediente, war sehr zutreffend und sagte eher zu wenig als zu viel. Indem sie langsam nähergeritten kam, machte sie in kurzen, fast genau abgemessenen Zeiträumen die regelmäßigsten Pendelbewegungen auf dem Pferde, jetzt mit den Beinen weit nach hinten und den Kopf vornüber gesunken, dann rasch mit demselben nach hinten und mit den beiden Beinen nach vorn. Der Körper war in einen langen, weiten Regenmantel und der Kopf in ein großes Wiener Saloppentuch gehüllt, dessen Zipfel bis auf den Rücken des Pferdes herunter fiel. An den Füßen trug die Figur Zeugstiefeletten; über die eine Schulter hing eine Flinte, und unter dem grauen Mantel schien ein Säbel zu stecken. Das Gesicht, welches

      aus dem Tuche hervorblickte, war bartlos, voll und rot, so daß man, besonders bei dieser Art sich zu kleiden, jetzt wirklich nicht zu sagen vermochte, ob ein Maskulinum oder Femininum da auf dem langsamen, hagern Klepper saß. Und das Alter des rätselhaften Wesens? War diese Frau ein männlicher Mensch, so mochte er fünfunddreißig Jahre zählen; war dieser Mann aber eine Dame, so stand sie sicher im Anfange der Vierzig. Jetzt war sie bei den Tischen angekommen, hielt das Pferd an und grüßte in hohem Kopf- oder Fisteltone:

      »Guten Tag, meine Herren! Haben Sie vielleicht vier Ochsenwagen gesehen?«

      Alles bisher Gehörte war natürlich englisch gesprochen worden; dieser Damenherr oder diese Herrendame aber bediente sich der deutschen Sprache, deren die Gefragten nicht mächtig waren, weshalb auch keine Antwort erfolgte. Als die Frage in der Tonlage des eingestrichenen d wiederholt wurde, stand Sam Hawkens auf, trat zu dem Pferde hin und antwortete deutsch:

      »Sprechen Sie nicht englisch?«

      »Nein, nur deutsch.«

      »Darf ich erfahren, wer Sie sind?«

      Da bekam er eine kleine Terz höher, also im eingestrichenen f, zu hören:

      »Ich bin der Herr Kantor emeritus Matthäus Aurelius Hampel aus Klotzsche bei Dresden.«

      »Klotzsche bei Dresden? Was der Teufel, da sind Sie wohl ein Sachse?«

      »Ja, ein geborener, jetzt aber emeritiert.«

      »Und ich auch, obgleich ich mich schon so lange in Amerika befinde, daß ich beinahe vergessen habe, woher ich bin. Sie gehören wohl zu den vier Wagen, Herr Kantor?«

      »Ja. Ich bitte aber sehr, recht vollständig zu sein; sagen Sie also lieber, Herr Kantor emeritus! Dann weiß gleich jedermann, daß ich den Orgel- und Kirchendienst quittiert habe, um meine sämtlichen Befähigungen nun ganz allein der harmonischen Göttin der Musik zu widmen, «

      Die Aeuglein Sams leuchteten lustig auf, doch meinte er in ernstem Tone:

      »Gut, Herr Kantor emeritus, Ihre Wagen sind längst vorüberpassiert, und werden, wie ich vermute, draußen vor dem Dorfe angehalten haben.«

      »Wieviel Takte habe ich da noch weiterzureiten?«

      »Takte?«

      »Hm – — hm – — Schritte wollte ich wohl sagen.«

      »Das weiß ich ebensowenig, weil ich mich gleichfalls zum erstenmale hier befinde. Erlauben Sie, daß ich Sie führe?«

      »Sehr gern, mein werter Herr. Ich bin die Melodie, und Sie machen die Begleitung. Wenn wir unterwegs keine langen Viertelpausen und Fermaten machen, werden wir wohl mit dem Fine bei den Wagen angekommen sein.«

      Sam warf seine Liddy über die Schulter, pfiff seiner Mary, welche ihm wie ein folgsamer Hund folgte, nahm das Pferd des seltsamen Emeritus bei dem Zügel und schritt der Richtung nach, welche die Wagen eingehalten hatten. Da erklang die hohe Fistelstimme vom Klepper herab:

      »Sie wissen nun, wie ich heiße und wer und was ich bin; darf ich auch Ihren Namen erfahren?«

      »Später.«

      »Warum nicht jetzt?«

      »Weil sich Leute hier befinden, die ihn nicht wissen dürfen; ich werde Ihnen das später erklären.«

      »Warum erst später? So eine Ungewißheit ist mir so ziemlich wie eine unaufgelöste Septime oder None. Haben Sie also die Gewogenheit, diesen Dominantseptakkord von A gefälligst nach D-dur oder doch wenigstens nach B-moll herüberzuleiten!«

      »Das wäre eine Unvorsichtigkeit, welche nicht nur mich, sondern auch Sie in Schaden bringen kann. Sie befinden sich in Gefahr, Herr Kantor!«

      »Bitte, bitte, Kantor emeritus! In Gefahr? Das geht mich nichts an. Für Musensöhne gibt es nur die eine Gefahr, daß ihre Schöpfungen nicht anerkannt werden; ich kann aber hier weder applaudiert noch deploriert werden, weil niemand meine Kompositionen kennt, welche übrigens nur erst in meinem Kopfe, aber noch nicht in Partitur vorhanden sind.«

      »Also Sie komponieren?«

      »Ja, bei Tag und Nacht.«

      »Was?«

      »Eine große Oper für drei Theaterabende in zwölf Akten, für jeden Abend vier Akte; wissen Sie, so eine Trilogie wie der “Ring der Nibelungen” von Richard Wagner, diesesmal aber nicht von ihm sondern von mir, dem Herrn Kantor emeritus Matthäus Aurelius Hampel aus Klotzsche bei Dresden.«

      »Können Sie das denn nicht daheim komponieren? Was treibt Sie denn da nach Amerika, noch dazu nach Arizona, dem gefährlichsten Teil des wilden Westens?«

      »Wer mich treibt? Der Geist, die Muse, wer denn anders? Der begnadete Musensohn muß den Eingebungen der Göttin folgen.«

      »Das verstehe ich nicht. Ich folge keiner Göttin, sondern meinem Verstande.«

      »Weil Sie kein Begnadeter sind. Mit Verstand komponiert man keine Oper, sondern mit Generalbaß und Kontrapunkt, wenn nämlich ein passendes Libretto, ein Text vorhanden ist. Und dieser Text, der ist eben die Spannfeder, die mich herübergeschwippst hat nach Amerika.«

      »Wieso, Herr Kantor?«

      »Bitte wiederholt recht sehr: Kantor emeritus! Es ist wirklich nur der Vollständigkeit halber. Man könnte denken, daß ich noch immer zu Klotzsche bei Dresden die Orgel spielen muß, während ich doch schon seit zwei Jahren einen Nachfolger habe. Meine Oper ist nämlich im Kopfe vollständig fertig; aber es fehlt mir der passende Text dazu. Ich habe mich mit berühmten Dichtern in Verbindung gesetzt, zum Beispiel mit Herrn Zuckerkrach in Wien, der einen sehr schönen Gespensterroman, und mit Herrn von Kuchenbruch in Halle, welcher eine sehr

      lebhafte Ode an den Meerbusen von Biscaya geschrieben hat. Sie haben mir unter die Arme gegriffen, aber nicht poetisch genug. Ich will Hexameter komponieren aber keine Jamben. Auch waren sie mir viel zu zart, zu lyrisch, zu butterig weich, denn ich brauche einen kräftigen, einen gigantischen, einen cyklopischen Text, denn meine Oper soll eine Heldenoper werden. Da habe ich mich also selbst nach Helden umsehen müssen, aber leider keine recht geeigneten gefunden. Die Helden von Rottecks Weltgeschichte sind nämlich schon viel zu sehr abgedroschen worden; ich aber will neue, originale Helden, die noch nicht zwischen den Coulissen und Soffitten gestanden haben. Da lebt nun in der Nähe von Dresden zuweilen mein Freund und Gönner Hobblefrank, und der – — —«

      »Der Hobblefrank lebt dort? Den kennen Sie?« fiel Sam schnell und überrascht СКАЧАТЬ