Ardistan und Dschirnistan I. Karl May
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Название: Ardistan und Dschirnistan I

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ mitzuschleppen?«

      »O nein. Das wäre Torheit.«

      »Ich gebe überhaupt auf solche Dinge nichts. Solche Karten sind doch nur mit Tinte gezeichnet, und die Tinte läuft bekanntlich, wohin sie will. Und mit den Büchern steht es noch schlimmer. Bücher zu schreiben, ist eine saure Arbeit. Nur dumme Menschen können so töricht sein, solche Arbeit zu verrichten. Wer klug ist, der sagt, was er weiß, der gibt sich nicht die ungeheure Mühe, es erst niederzuschreiben, dann wieder abzudrucken und es schließlich vorzulesen. Darum dient mir jedes Buch, welches ich in die Hand bekomme, als sicherer Beweis, daß der, welcher es schrieb, ein Esel ist. Und mit den Produkten solcher armer, beklagenswerter Geschöpfe solltest Du Dich auch auf dem Schiff nicht schleppen! Ich bin sehr begierig auf die Narrheiten, die in diesen Büchern stehen werden. Wenn Du klug bist, so hörst Du nicht auf sie, sondern auf mich. Hast Du denn schon hineingeschaut?«

      »Ja.«

      »Und auch gelesen?«

      »Ja.«

      »Stand etwas darin von fliegenden Menschen?«

      »Nein.«

      »Von Menschen mit Krokodilsköpfen?«

      »Nein.«

      »So taugen diese Bücher nichts! Es gibt in Ardistan Menschen, welche Krokodilstränen weinen. Hieraus folgt, daß sie Krokodilsköpfe haben müssen. Die Krokodilstränen sind Stück für Stück genau so groß wie ein Straußenei und werden – —«

      »Von Elefanten ausgebrütet, nicht wahr?« fiel ich laut lachend ein.

      »Du lachst?« zürnte er. »Bei so ernsten Dingen? Effendi, Effendi, nimm dich in acht. Die Bücher haben schon manches menschliche Gehirn verschoben und verschroben. Wie ungeheuer schädlich sie sind, kannst Du schon daraus ersehen, daß ein jeder, der in ein Buch vernarrt ist, sich auf das Sofa legt, um es zu lesen, und gerade das Sofa ist doch jedenfalls nur dazu da, daß man entweder nichts tue oder um einzuschlafen. Ich bitte Dich nochmals, laß Dich warnen! Vielleicht steht auch das nicht in den Büchern, daß Ardistan das Land der Flöhe, der Läuse, der Wanzen und Soldaten ist?«

      »Allerdings nicht.«

      »So wirf sie weg, Effendi, wirf sie weg, denn Bücher über Ardistan, in denen nichts von diesen Dingen steht, haben keinen Wert! Nimm alle Deine Gedanken in eine Hand zusammen und merke auf, was ich Dir sage! Ich werde Dir nicht nur die beiden Länder beschreiben, sondern auch die Menschen, die Tiere, die Pflanzen und dazu auch noch alles andere, was Du wissen mußt und doch jetzt noch nicht weißt. Höre mir zu! Du wirst hören, daß das, was ich in meinem Kopfe habe, tausendmal mehr wert ist als alle Bücher, alle Karten und alle Pläne, die sich nicht darin befinden. Merke also auf!«

      Halef begann nun einen Vortrag von so ungeheuerlichem Inhalte, als ob er alle Unmöglichkeiten der Geographie, Geschichte und Naturgeschichte extra für diese Mitternachtstunde zusammengesucht habe, um mich um den Verstand zu bringen. Und das tat er mit einem Ernste und einer Überzeugung, als gälte es zum mindesten die Seligkeit oder irgend einen andern der höchsten Geistespunkte unsers Lebens. Ich habe viel Phantastisches gelesen und viel Phantastisches gehört, so etwas aber doch noch nicht. Darum verhielt ich mich zunächst ganz still, als er fertig war, denn ich fand nicht die rechten Worte, mein Erstaunen über den Unsinn auszudrücken, den er mich glauben machen wollte. Er aber legte diesem Schweigen ganz andere Gründe unter.

      »Nicht wahr, Du bist ganz weg, Sihdi?« fragte er. »Meine Kenntnisse haben Dich übermannt. Die Schönheit meiner Sprache, die Erhabenheit meiner Bilder, die Unbesiegbarkeit der Wahrheiten, die ich Dir vorgetragen habe! Ja, so etwas findest Du in keinem Buche, mag es nun gedruckt oder mag es geschrieben sein! Aber ich bin müd geworden von diesem vielen und anhaltenden Sprechen. Du nicht auch?«

      »Nein, denn ich war still.«

      »So kannst Du noch bleiben, ich aber muß schlafen gehen.«

      »Allah sei Dank!«

      Er hatte schon aufstehen wollen, ließ sich aber bei diesen meinen Worten wieder niederfallen und fragte:

      »Wie meintest Du das? Was wolltest Du jetzt sagen?«

      »Daß Du Dir die Ruhe verdient hast, welche der Schlaf zu bringen pflegt.«

      »So! Das ist etwas anderes! Man weiß bei Dir nicht immer gleich, wie Du es meinst. Du hast zuweilen Ausdrücke, die etwas ganz anderes ausdrücken, als was durch sie ausgedrückt wird. So dachte ich auch hier; nun aber bin ich beruhigt. Lelatak mubarake – — Deine Nacht sei gesegnet!«

      Nun stand er auf.

      »Die Deine auch,« antwortete ich.

      Er ging drei oder vier Schritte fort, blieb überlegend stehen, wendete sich dann wieder nach mir um und sagte:

      »Effendi, ich bin froh, daß es morgen fortgeht, daß wir nicht länger hier bleiben.«

      »Warum?«

      »Es gefällt mir nicht!«

      »Höre, Halef, das ist undankbar! Eine Gastfreundschaft, wie hier, haben wir noch nie gefunden!«

      »Das ist wahr. Aber was nützt mir die Gastfreundschaft, wenn sie mir grad das nicht bietet, was mir das Liebste ist.«

      »Was meinst Du da?«

      »Den Ernst.«

      »Den Ernst? Wieso? Ich meine doch, daß wir uns bei sehr ernsten Personen befinden.«

      »Das dachte ich auch, aber es stellte sich sehr bald heraus, daß es ein Irrtum war. Es gibt hier keinen Ernst!«

      »Wirklich?«

      »Ja. Sie lachen alle, alle!«

      Ah, jetzt wußte ich, was er meinte. Er ärgerte sich darüber, daß man seine Übertreibungen für das nahm, was sie waren, und sich auch gar keine Mühe gab, ihm dies zu verbergen.

      »Sie lachen?« fragte ich. »Über was? Über wen? Doch nicht etwa über mich?«

      »Über Dich? Sihdi, das wollte ich ihnen nicht raten; da haute ich einfach zu! O nein, über mich lachen sie, über mich! Da solltest eigentlich Du zuhauen!«

      »Sehr gern, sehr gern, nämlich, wenn ich es sehe!«

      »Das ist es eben, was mich ärgert. Du bekommst es gar nicht zu sehen, sondern nur ich. Vor Dir haben sie Achtung; vor Dir verbergen sie es; vor mir aber nicht! Je größer, je schöner und je wunderbarer die Sachen sind, die ich ihnen erzähle, um ihr Staunen zu erregen, desto deutlicher wird ihr Lachen und desto weniger glauben sie mir. Das ist beleidigend, das ist niederträchtig; das holt meinen Zorn aus mir heraus und steckt ihn doch immer wieder in mich hinein, weil es mir als Gast verboten ist, grob zu werden. Dieser ewig hin-und hergehetzte Zorn macht mich krank. Er verdirbt mir den Appetit. Ich verliere das Fleisch. Ich fühle mehr und mehr, daß ich nicht hierher gehöre und daß ich zu vornehm bin für die Personen, bei denen ich hier wohne. Warum wohne ich nicht auch, wie Du, bei Marah Durimeh und Schakara? Die lachen nicht! So bin ich also froh, daß wir nicht länger bleiben! Lelatak sa’ide – — Deine Nacht sei glücklich!«

      Er ging.

      »Die Deine ebenso,« antwortete ich.

      Da blieb er noch einmal stehen.

      »Effendi, СКАЧАТЬ