Ardistan und Dschirnistan I. Karl May
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ardistan und Dschirnistan I - Karl May страница 10

Название: Ardistan und Dschirnistan I

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn:

isbn:

СКАЧАТЬ sich dann unter dem Drucke des wieder festgenommenen Windes von uns ab. Ein weißer Wimpel stieg bis zur Spitze des Hauptmastes empor. Das war der letzte Gruß. Neben mir erklang ein nicht ganz unterdrücktes Schluchzen. – Halef weinte.

      »Lach mich nicht aus, Sihdi!« sagte er. »Ich mag von dem Lande Sitara nichts wissen, weil man da über mich lacht, aber heulen muß ich doch. Wozu hat man die Tränen? Die müssen heraus! Ich schelte zwar zuweilen auf die Bewohner dieses Landes, aber lieb sind sie mir doch! Besonders Marah Durimeh und Schakara! Da fährt das Schiff nun hin! Ich setze mich! Und ich sehe ihm nach, bis es verschwunden ist! Eher stehe ich nicht wieder auf!«

      Er sprach diese Sätze sehr einzeln und sehr stoßweise aus, im weinerlichen Tone. Ich wußte gar wohl, wie tief er Schakara, unsere junge, edle Freundin, in sein Herz geschlossen hatte. Er setzte sich wirklich auf den Boden nieder, obwohl dieser sehr feucht war, und schaute dem Schiffe so lange nach, bis es am fernen Horizont verschwand. Da stand er wieder auf und sagte:

      »Nun ist es vorüber! Der Abschied tut zwar weh, aber wir sind doch keine Kinder, sondern Männer. Und vor allen Dingen wissen wir, daß ein unbekanntes Land und ein Leben voll reicher Abenteuer vor uns liegt. Da müssen wir uns zusammennehmen und tapfer vorwärts schauen, anstatt zurück auf das, was hinter uns liegt. Hast Du alle Deine Sachen beisammen, Sihdi?«

      »Ja,« antwortete ich.

      »Nichts vergessen?«

      »Nein.«

      »Ja, allerdings, diese Erkundigung war im höchsten Grade überflüssig, denn vergeßlich bist Du nie gewesen, niemals! Aber erlaube mir die Frage nach Deinem Panzerbrief! Du solltest ihn anlegen, noch ehe Du hier dieses Land betrittst. Hast Du das getan?«

      »Ja.«

      »Und die Abschriften von den Landkarten, Plänen und viel tausend Namen, die Du angefertigt hast? Die hast Du doch nicht etwa vergessen?«

      »Nein.«

      »Wo hast Du sie?«

      »Hier in der Brusttasche. Ich hatte mir den Panzerbrief gerade auf die Brust gebunden und zog die Jacke über die Weste. Die Abschriften lagen neben mir. Ich steckte sie eben ein, als Schakara kam, und da – — und – — und – — doch nein, ich irre mich! Ich steckte sie nicht ein, sondern ich wollte sie einstecken; da kam Schakara und unterbrach mich. Ich ließ die Abschriften liegen, und – — —«

      »Und da liegen sie noch?« fiel Halef schnell ein.

      »Ja – — nein – — nein – — ja – — unmöglich! Es ist nicht denkbar! Sie sind zu wichtig, viel, viel zu wichtig! Ich kann und kann und kann sie nicht vergessen haben!«

      Ich griff in die Brusttasche; da waren sie nicht. Ich suchte in allen anderen Taschen, vergeblich. Ich hatte sie liegen lassen, gewiß und wirklich liegen lassen! Diese Abschriften, die ich mir mit so großer Mühe gemacht hatte und die ich so unendlich notwendig brauchte! So etwas war mir noch nie im Leben passiert! Eine solche Gedankenlosigkeit hatte ich bisher für unmöglich gehalten! Mir wurde ganz schlimm. Ich setzte mich nun auch nieder, trotz der Feuchtigkeit des Bodens. Ohne diese Notizen war ich ganz außer stande, mich in diesem fremden Lande und seinen mir fremden Verhältnissen selbständig zu bewegen! Jeder Zufall könnte mir zum Meister und Gebieter werden! Soeben hatte Halef uns >Männer< genannt; aber nun ich diese Aufzeichnungen nicht bei mir hatte, glichen wir Kindern, die nur Fehler begehen können, wenn es ihnen einmal einfallen sollte, einen eigenen Entschluß zu wagen! Ich war im höchsten Grade zornig auf mich selbst und zugleich auch so verstimmt, wie wohl noch nie in meinem ganzen Leben. Dazu stellte sich Halef mit weit auseinandergespreizten Beinen grad vor mich hin und sagte:

      »So! Da sitzest Du nun! Grad wie vorhin ich! Es fehlt nur noch, daß Dir die Tropfen ebenso über die Backen laufen wie mir! Du hast sie also vergessen, doch vergessen?«

      »Leider! Ja!« gestand ich ein.

      »Das dachte ich mir!« fuhr er fort, »denn Du bist stets vergeßlich gewesen! Fürchterlich vergeßlich, solange ich Dich kenne!«

      »Oho!« widersprach ich ihm.

      »Ja, ja!« behauptete er. »Du hast zwar auch noch einige andere Fehler, mein lieber Sihdi, aber der größte unter ihnen war doch stets die Vergeßlichkeit; sie wird es wohl auch bleiben! Du weißt es ebenso gut wie ich, daß ich mir alle Mühe gegeben habe, Dich von dieser Gedankenlosigkeit zu befreien; aber einen Erfolg habe ich leider nicht gehabt. Dies ist zwar für einen so verständigen Mann, wie ich bin, kein Grund, Dir zu zürnen oder Dich etwa gar zu mißachten, denn Fehler, die angeboren sind, können nicht geheilt werden; aber betrübend ist es doch jedenfalls für mich, daß grad ich dazu berufen zu sein scheine, immer neue derartige Mängel an Dir zu entdecken. Daß Du diese Notizen auf dem Schiff liegen lassen konntest, ist für mich geradezu unbegreiflich. Ich suche nach den Gründen dieser Deiner innerlichen Fehlerhaftigkeit. Du würdest sie wohl nicht finden; bei meinem bekannten Scharfsinn aber ist es für mich eine Kleinigkeit, sie schleunigst zu entdecken. Darf ich sie Dir nennen, Effendi?«

      »Ja,« antwortete ich.

      Wer mich und meinen Hadschi Halef kennt, der weiß, warum ich zuweilen stillschweigend darauf einging, mir von ihm derartige Predigten halten zu lassen. Er liebte und verehrte mich aufrichtig und wahr; aber immerwährend und immerwährend nur Verehrung, das erschien ihm langweilig; er mußte zuweilen fünf Minuten haben, in denen er seine ganze Entrüstung über mich ausschütten konnte; das lag so in seiner Natur, und dann war er sofort wieder der liebe, treue, aufopfernde Mensch, von dem ich verlangen konnte, was mir beliebte, sogar den Tod. Übrigens hatte ich grad jetzt eine strenge Strafpredigt verdient, und darum ließ ich dem, was er sagte, freien Lauf.

      »Es sind zwei,« fuhr er fort. »Ist es Dir vielleicht möglich, sie zu erraten?«

      »Nein.«

      »So will ich sie Dir nennen, ohne Deinen Verstand unnötig zu belästigen. Es ist nämlich entweder die Dummheit oder die Altersschwäche. Begreifst Du das?«

      »Noch nicht.«

      »So ist es nicht die Altersschwäche, sondern die Dummheit allein. Für alle Fehler, die der Mensch macht, gibt es nämlich nur einen von diesen beiden Gründen. Sie genügen für alles, was geschieht. Nach noch anderen brauchen wir also nicht zu suchen. Du bist genau so alt wie ich. Darum weiß ich ganz genau, daß Altersschwäche bei Dir ausgeschlossen ist. Also kann es sich, wenn ich nach dem Grunde Deiner Fehlerhaftigkeit forsche, nur um die Dummheit handeln. Und weil Dir diese Fehler angeboren sind, muß Dir auch die Dummheit angeboren sein. Hast Du mich verstanden?«

      »Ja.«

      »Das wundert mich! Wer von Geburt dumm ist, der pflegt sonst nicht so schnell zu begreifen, wie Du mich jetzt, in diesem Augenblick, begreifst. Aber ich freue mich darüber. Denn da darf ich hoffen, daß Du auch das begreifen wirst, was ich Dir noch weiter zu sagen habe.«

      Er stellte den Kolben seiner Flinte auf die Erde, stütze sich mit den Händen auf den Lauf und fuhr dann fort:

      »Du weißt, Effendi, daß wir nach Ardistan und Dschinnistan gesandt worden sind, um gewaltige Abenteuer zu erleben und jene Art von großen Taten zu verrichten, die keinem anderen Geschöpfe, als nur uns beiden möglich sind. Wenn Du Deine Pläne und Karten bei Dir hättest, so würde es Dir wohl nicht ganz unmöglich sein, das Vertrauen zu rechtfertigen, welches Marah Durimeh in Dich setzt. Nun Du sie aber vergessen hast, gibst Du ganz gewiß ohne weiteres zu, daß Du bei Deinen angeborenen Mängeln unfähig bist, zu tun, was sie von Dir verlangt. Hieraus folgt mit unbestreitbarer Sicherheit, daß nun ich es bin, auf den Ihr beide Euch verlassen müßt. Die großen Taten СКАЧАТЬ