Название: Der Sohn des Gaucho
Автор: Franz Treller
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Don Estevan kannte die Geschichte längst, doch gab er dem Majordomo gerne Gelegenheit, seiner Begeisterung über Aurelios Tapferkeit die Zügel schießen zu lassen.
»Gott hat über den Jungen gewacht, Señor«, fuhr Pati fort, »denn die Gefahr, in der er schwebte, war entsetzlich, und ich weiß nicht, was aus der Sache geworden wäre, wenn nicht der fremde Jäger erschienen wäre und die Bestie abgeschossen hätte. Es war ein Estrangero«, fügte er hinzu, »ein Aleman.«
»Ich habe schon öfter über diesen Estrangero sprechen hören«, sagte der Gelehrte, »was ist er für ein Mann?«
»Ich kann nicht viel über ihn sagen«, antwortete Pati, »es wird viel Gutes und manches Sonderbare über ihn erzählt. Er ist noch jung, haust ganz allein in den Bergen und lebt von dem Ertrag seiner Büchse, denn er ist ein trefflicher Jäger. Wie er zu schießen versteht, hat er ja schon damals bewiesen, als er Aurelio vor dem Ansprung des Jaguars rettete. Der Señorito hat ihn seit damals einige Male besucht, und er war auch selber schon hier, aber man hört nur selten von ihm; er liebt die Einsamkeit.«
»In Uruguay, in Entre Rio und auch in Buenos Aires leben viele Alemans; man sieht sie recht gern, und ich habe bisher nicht gehört, daß sie ungesellig sind«, sagte Don Estevan.
»Auch nördlich von hier, am Rio Tercero, wohnen Landsleute des Estrangero«, bemerkte der Majordomo. »Nun, wir wollen uns über die Grillen des Mannes nicht den Kopf zerbrechen«, fügte er hinzu, »ich denke mir, Gott hat den Estrangero zur rechten Zeit damals des Weges geschickt, um unserem Aurelio das Leben zu retten.« Damit erhob er sich, um nach den Feldern zu sehen, auf denen bereits einige Schwarze ihre Morgenarbeit verrichteten, und auch Don Estevan verließ die Veranda, um sich an seinen Schreibtisch zu begeben.
Don Juan, Aurelio und der junge Hirte waren indessen am Flußufer entlanggeritten, das auf einer großen Strecke weit von Baumwuchs frei war. An einer seichten Stelle kreuzten sie den Quinto. Drüben ließ Juan Perez den Blick über die Landschaft schweifen. Hier und da waren einzelne Gruppen weidender Pferde und Rinder zu sehen, nichts aber von dem Wild, das zu jagen sie ausgezogen waren. Der Gaucho prüfte den Wind; ein leichter Luftzug kam von Südwest. Er deutete in diese Richtung und sagte: »Da drüben sind sie, wir müssen zu ihnen reiten.«
Sie setzten sich in Trab und mochten einige Stunden in der schnellen Gangart der Pampaspferde geritten sein, als Juan sich im Sattel erhob. »Seht ihr?« sagte er, »da drüben!« Und nun gewahrte auch Aurelio in weiter Ferne noch die hochragenden Tiere, die ruhig ihre Nahrung suchten.
»Noch sind sie nicht aufgescheucht«, sagte der Gaucho. »Wenn unsere Burschen aufpassen und die Nandus nicht zu früh flüchtig werden, können wir sie nach Süden treiben. Dann mag Cid beweisen, was er kann.«
Sie nahmen die Bolas von der Hüfte, Aurelios Augen funkelten im Jagdeifer.
»Reite du nach links, Pablo«, befahl Juan Perez dem Hirten, »und du, mein Junge, halte dich rechts. Bleibt in gleicher Höhe mit mir und gebt acht, daß sie nicht nach Norden entkommen.«
Die Jungen schwenkten nach links und rechts ab, und im Abstand von etwa zweihundert Metern galoppierten alsdann alle drei vorwärts. Bald schon wurden sie der Hirten ansichtig, die schon am Vorabend ausgesandt waren, um das Wild nach Süden und Westen hin einzukreisen.
Sie mochten den Straußen vielleicht auf eine halbe Legua nahegekommen sein, als eines der großen Tiere plötzlich den Kopf hob und zu ihnen herüberäugte. Im gleichen Augenblick wurden die Riesenvögel, es mochten wohl ihrer zwanzig sein, nach Süden flüchtig. Von dorther aber nahten sich nun drei Reiter, die ihre Ponchos schwangen. Augenblicklich wandten die Nandus sich nach Westen, aber auch von dorther jagten ihnen drei Reiter mit flatternden Ponchos entgegen. Einen Augenblick verhielten sie, zu einem Trupp zusammengeschart, dann wandten sie und jagten nach Norden davon.
Don Juan ließ einen hellen Schrei ertönen, das Zeichen zum Beginn der Jagd. Und während die Hirten nun in ausgedehntem Halbkreis dem dahinstürmenden Wild den Weg nach Süden und Westen verlegten, suchten Juan und seine zwei Begleiter ihm die Flucht nach Norden unmöglich zu machen.
Die von allen Seiten bedrohten Tiere stutzten wieder, aber nur einen Augenblick, dann teilte sich der Trupp, und sie jagten nach Westen und Osten davon. Sie durchbrachen den Kreis, und nun galt es, ihnen nachzusetzen; jetzt kam es auf die Schnelligkeit der Pferde und auf die Geschicklichkeit der Reiter an. Mit Sporen und gellenden Rufen feuerten die Jäger ihre Pferde an. Doch unaufhaltsam stürmte das geängstigte Wild durch die Pampa, die Reiter hinter sich lassend.
Von Todesangst gepeitscht, jagten die riesigen Vögel dahin. Durch hastige Schläge ihrer kurzen Flügel suchten sie ihren Lauf zu beschleunigen. Die Reiter kamen kaum näher, doch zeigte sich nun bald, daß Aurelios Schimmel die beiden anderen Rosse an Schnelligkeit weit übertraf; schon nach kurzer Zeit hatte er erheblichen Vorsprung gewonnen.
Wilder und aufregender wurde die Jagd. Die Strauße schienen über die Pampa zu fliegen, und die schäumenden Pf erde gaben ihnen kaum nach. Einer der Strauße, der von Aurelio verfolgt wurde, zeichnete sich durch besondere Größe aus; er war auch an Schnelligkeit seinen Gefährten überlegen. Dich! Dich! dachte Aurelio, dich will ich haben! »Es gilt, Cid!« flüsterte er, »es gilt jetzt die Probe!« Und der Schimmel rechtfertigte alle Erwartungen, die ein so guter Pferdekenner wie der Gaucho auf ihn gesetzt hatte. Er verschlang förmlich den Raum.
Bald blieben Juan und Pablo zurück; der Abstand zwischen ihnen und dem dahinjagenden Aurelio vergrößerte sich immer mehr. Der Junge, die Augen unverwandt auf das flüchtige Nandu gerichtet, hatte die Bolas wurfbereit in der Rechten. Er näherte sich bereits den ersten Straußen, die deutliche Zeichen der Ermattung erkennen ließen, doch beachtete er sie kaum; auf den voranjagenden großen Vogel hatte er es abgesehen. Die anderen Nandus stoben, von panischem Schrecken erfaßt, auseinander und suchten links und rechts ihren Weg, als der Schimmel an ihnen vorüberjagte. Aurelio sah sie gar nicht; einige hundert Schritt vor ihm stürmte das ersehnte Wild über die Pampa. »Cid!« flüsterte er, »Cid!« Und bald schon erkannte er: der Schimmel war schneller als der Vogel. Langsam aber sicher verringerte sich der Abstand zwischen Jäger und Wild. Jetzt galt es, die ganze Geschicklichkeit des Reiters zu zeigen. Wie ein Sturmwind brauste Cid dahin, immer näher kam er dem von Todesangst beflügelten Tier. Schon begann Aurelio, die Bolas um den Kopf zu schwingen, um zum tödlichen Wurf auszuholen, da strauchelte Cid über ein Kaninchengehege, deren viele die Pampa unterwühlten, und nur die unübertreffliche Sicherheit des Reiters bewahrte diesen vor dem Sturz. Cid hatte sich nicht verletzt, er stürmte weiter, aber der Strauß hatte Vorsprung gewonnen.
»Adelante! Adelante!« rief Aurelio, das Pferd anfeuernd, da bog der Vogel plötzlich nach links aus, Aurelio stieß einen Jubelruf aus, gab dem Pferd die Sporen und war mit wenigen Sätzen dem Nandu in der Flanke. Die Bolas wirbelten um den Kopf, entflogen, umwickelten die armdicken Ständer des Straußes, der wie vom Blitz getroffen zu Boden stürzte.
Aurelio brachte Cid zum Stehen und sprang ab. Die Beine des Nandus waren zerschlagen. Gegen die Bolas gibt es, wenn sie ihr Ziel erreichen, keine Rettung. Jetzt galt es, das Tier schnell zu töten. Das ist, wenn es mit dem Messer geschehen muß, keine ungefährliche Sache, denn der Strauß versteht, kräftige Schnabelhiebe zu führen. Das Tier hob den Kopf; Aurelio wollte sich eben herunterbeugen, als eine Büchse krachte, und es, durch das Auge geschossen, leblos zurücksank. Staunend wandte Aurelio den Kopf; an der Stelle, wo der Strauß so plötzlich abgebogen war, stand ein hochgewachsener Mann, die noch rauchende Büchse in der Hand. Neben ihm erhob sich soeben ein Maultier aus dem Gras.
»Oh, Señor«, rief Aurelio sichtlich erfreut, »ich danke Euch. Ihr erspartet mir, das Tier abzustechen.« Ohne weiter seiner Beute zu achten, ging er auf den Mann zu, der ihn erwartete.
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