Münchhausen. Karl Immermann
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Название: Münchhausen

Автор: Karl Immermann

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Denkstoff.

      Allmähliges Denk-Nichts.

      Eintreten einer prägnanten antiken Idee im Vacuo.

      Die Atome des aufgelösten

      Denkvermögens schießen an dieser Idee an.

      Zustand des Rappelns.

      Konsolidation des Rappelns.

      Fixe Idee.

      Außerdem vernünftiger Mensch.

      NB. Nach der Ferienreise weiter auszuführen.«

      Es mochte ohngefähr ein Vierteljahr nach diesen Vorfällen verstrichen sein, als der Schulmeister, nur bekleidet mit einem braunen, groben Mantel, in der Hand eine junge Tanne, vor den alten Baron trat, der in seinem verwilderten französischen Garten hinter dem Schlosse die freie Luft genoß. Der Baron wußte im allgemeinen schon von den Dingen, die seinem Bekannten widerfahren sein sollten, und trat daher drei Schritte vor ihm zurück, besonders da er ihn mit dem nicht gerade dünn zu nennenden Tannenstamme gerüstet sah. Aber der Schulmeister lächelte, und legte, als ob er die Gedanken des andern erriete, die junge Tanne ab. Dann machte er dem Baron eine höfliche Verbeugung, und sprach die üblichen Begrüßungsworte, ohne daß in Ton oder Wendung etwas Exzentrisches hervorgesprungen wäre. Der Baron faßte daher Mut, ging auf den Schulmeister zu, ergriff seine Hand und sagte: »Nun, wie geht‘s Euch, alter närrischer Teufel? Was für Streiche habt Ihr denn angefangen, Agesel?«

      »Agesilaus, wenn ich bitten darf, gnädiger Herr«, erwiderte der Schulmeister sanft und höflich. »Ich habe diesen meinen guten, ehrlichen Stammnamen wieder angenommen.«

      Der Baron entfernte sich nun doch wieder etwas von seinem Besuche, und sah ihn mit scheuen Blicken von der Seite an. Der Schulmeister aber fuhr gesetzten Wesens so fort: »Ich weiß, was Sie von mir denken, mein Gönner. Sie halten mich für verrückt. Sie irren sich, Herr Baron; ich bin nicht verrückt. Es sollte mir leid tun, wenn ich mich in diesem Zustande befände, denn dann könnten Sie mir mit Recht dasjenige versagen, um welches ich Sie dringend ansprechen muß. Ich habe meine fünf Sinne vollkommen beisammen, und weiß, daß ich ein Nachkomme des alten Königs Agesilaus bin, daß ich folglich die Verpflichtung habe, spartanisches Leben und Wesen in mir darzustellen, welches wohl überhaupt ein herrliches Correctivum für diese weichliche, abgeschwächte, übergelahrte und sophistische Zeit sein möchte.«

      Der Baron fragte, um nur etwas zu sagen: »Ist es denn wahr, was ich gehört habe, daß Ihr abgesetzt seid, Herr... Herr... Agesilaus... nicht? so nennt Ihr Euch?«

      »Abgesetzt allerdings, fortgejagt, wenn Sie so wollen, durch den Schulrat Thomasius«, erwiderte Agesilaus ruhig. »Nachdem ich das grammatische Fieber, in welches ich durch jene Höllen-Lautlehre gestürzt worden war, überwunden hatte, hielt ich es für meine Schuldigkeit, die mir anvertraute Dorfjugend lakedämonisch zu bilden. Ich wies sie daher an, zu stehlen und sich nur nicht betreffen zu lassen, um ihre List und Kühnheit zu üben, ich erregte Streit und Schlägerei unter ihnen, um ihre Herzhaftigkeit zu prüfen, und ich prügelte sie allwöchentlich dreimal ohne Grund ab nach dem Muster der Geißelung am Altare der Diana. Herrlich schlug auch meine Methode an. Die Jungen fanden, daß noch nie so lustig Schule gehalten worden sei, rauften sich, daß es eine Art war, ohne zu mucksen, stahlen ihren Eltern die Äpfel vor der Nase weg, und ließen sich nicht erwischen, verschmerzten selbst die grundlosen Prügel wegen der sonstigen Ergötzlichkeiten, die sie jetzt ungestraft hatten. Aber die dummen Bauern konnten meinen Plan nicht fassen. Sie schrien, daß ich ihre Brut von Grund aus verderbe, und verklagten mich. Da hat mich nun der Schulrat — nun, er ist auch keiner von den hellsten Köpfen — von dannen getrieben, und also ereilte mich das Fatum.«

      »Ich wundre mich nur«, sagte der Baron, der sich noch immer von seinem Erstaunen nicht erholen konnte, »über alle die gelehrten Anspielungen, die Euch da so vom Munde stäuben, wie Federn vom Kissen, wenn das Bett gemacht wird. Woher habt Ihr das Fatum und die sophistische Zeit, und was Ihr sonst noch vorbrachtet?«

      »Es kommt mir alles dieses und mehreres dergleichen, wenn ich es gebrauche, wie durch innere Eingebung und Erleuchtung«, antwortete der Schulmeister. »Seit die Urerinnerung an meine tapferen und unvergleichlichen Vorfahren in mir aufgewacht ist, stehen meinem Geiste Dinge zu Gebote, welche freilich vordem in meinem Dorfleben mir nicht geläufig waren.« Er trug nun dem Baron sein Anliegen vor, welches darin bestand, ihm Obdach und notdürftige Leibesnahrung zu gewähren, da er nach seiner Absetzung von allem entblößt sei und nichts besitze, als was er um und an sich trage. Der Baron nahm Anstand, einen tollen Menschen, (denn dafür hielt er den Schulmeister) im Schlosse zu beherbergen, gleichwohl litt es sein gutes Herz nicht, einen Dürftigen hungern und frieren zu lassen. Er wies ihm daher ein kleines, verfallenes Gartenhäuschen, welches in der entferntesten Ecke des französischen Gartens auf einem Schneckenberge stand, und ehemals grün angestrichen gewesen war, zum Quartier an. Damit war sein Schutzbefohlner vollkommen zufrieden. Er zog ein, nannte den Schneckenberg das Gebirge Taygetus, und taufte ein kleines Wässerchen, welches ziemlich träge unter sogenanntem Entenflott in der Nähe dahinschlich, zum Eurotas um. Einmal des Tages kam er auf das Schloß, mit den Bewohnern ihre kärgliche Mahlzeit zu teilen; die zweite hielt er in seiner Behausung ab. Sie pflegte in der Regel aus einer Art von Mehlbrei zu bestehen, den er auf dem Schneckenberge an Reisigfeuer zurichtete, und seine schwarze Suppe nannte. Außer seinem Mantel hatte er keine Kleidungsstücke; sein Getränk schöpfte er vom Brunnen mit einem alten irdenen Topfe, der ihm den spartanischen Becher oder Kothon bedeuten mußte, und von welchem er rühmte, daß er, wie jenes antike Schöpfgefäß, wegen seines eingebognen Randes jegliches Trübe und Unreine vom Munde abhalte; alle Woche aber holte er vom Schlosse sich frisches Stroh zur Lagerstatt, und hieß dies, sich Schilf im Eurotas schneiden.

      Nach einiger Zeit hatte der Baron alle Furcht vor seinem Gaste verloren. Denn er bemerkte, daß dieser über jeden Gegenstand so verständig dachte und redete, wie der gesetzteste Alltagsmensch, und daß auch seine spartanischen Vorstellungen sich zu einer sogenannten unschädlichen Schrolle, oder zu dem, was man den Wurm bei einem Menschen nennt, gemildert hatten. In der Tat mußte er gestehen, daß unter den Gesetzen Schmalhansens, des Küchenmeisters, die über Schloß und Gartenhäuschen herrschten, die lakedämonische Einfachheit vollkommen gerechtfertigt war, und daß ihrem Anhänger daher die Zugabe von der Ahnenschaft des Königs Agesilaus wohl mit durchgehen konnte. Seine Gesellschaft wurde ihm nun sehr lieb; er hatte doch jemand, mit dem er in den langen Herbst- und Winterabenden plaudern konnte; er durfte nicht mehr befürchten, an dem Ideenreichtum, den die Journale in ihm hervorbrachten, zu ersticken.

      Freilich war, wie wir im Anfange dieses Kapitels sagten, der Schulmeister nur eine Birne für den Durst. Über Geschichten und Anekdoten konnte sein Gönner mit ihm verhandeln, und des lebhaftesten Gespräches sicher sein, wenn er wichtige Punkte der Historie zur Sprache brachte, wie zum Beispiel: Ob Brutus recht gehabt habe, Cäsarn zu erstechen, was aus der Welt geworden sein möchte, wenn die Franzosen die Revolution nicht zustande gebracht hätten, oder wenn Friedrich der Große und Napoleon Zeitgenossen gewesen wären, und was dergleichen mehr war. Dagegen fehlte dem vermeintlichen Abkömmlinge des Königs von Lakedämon aller Sinn für die Kuriositäten aus der Länder- und Völkerkunde, und aus dem Gebiete der Erfindungen, Handels- und Gewerbsverhältnisse, denen der Baron gerade am leidenschaftlichsten sich zuneigte.

      Mit dem Fräulein hatte der Schulmeister manchen Streit und sie duldete ihn eigentlich nur ihres Vaters wegen. Er war ihr besonders durch eine feurige Rede verhaßt geworden, in welcher er die Sitte der Spartaner, auch die Jungfrauen bei den Festen der Götter nackt tanzen zu lassen, höchlich herausstrich. Ein Nervenanfall hatte sie nach dieser Rede ergriffen und mehrere Wochen lang unpäßlich gemacht. Er nahm sich daher auch späterhin eine größere Vorsicht in seinen Lieblingsreden zur Richtschnur, um den Boden, auf dem er seine Freistatt gefunden hatte, nicht zu unterwühlen. Andernteils wurde es nach und nach der allgemeine Grundsatz der drei Akademiker von Schnick-Schnack-Schnurr, eine СКАЧАТЬ