Die Ahnen. Gustav Freytag
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Название: Die Ahnen

Автор: Gustav Freytag

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ versetzte der Waldmann so höflich als er vermochte. »Und wenn noch jemand unser Geheimnis teilen soll, so ist mir recht, daß du es bist, obgleich ich dich für ganz unklug halte, weil du aus dem Meierhofe unter diesen kalten Stein fährst.«

      Als Ingram zurückkehrte, schiente Walburg mit seiner Hilfe den Arm und deckte die Fleischwunden.

      »Vermagst du mir einen Trunk zu reichen, so wäre mir‘s lieb,« bat der Waldmann, »das Wasser dort unten ist rein und kalt.« Der Jungfrau grauste hinabzusteigen, sie hob eine Flasche aus dem Korbe und füllte einen kleinen Holzbecher. »Dies ist ein Trank, den Herr Winfried uns gelehrt hat, er ist heilsam gegen scharfen Schmerz. Er wird dich zuerst sorglos machen und darauf müde, und das ist jetzt für dich das beste.«

      »Ich würde den Trank deines Bischofs rühmen, aber er schwindet wegen seiner Spärlichkeit auf dem Wege abwärts«, seufzte Bubbo, den Becher zurückgebend. »Doch leugne ich nicht, daß es besser ist, einen Trunk aus seinem Vorrat zu bekommen als einen Fluch.«

      »Du kennst den Bischof?« rief Walburg. Ein langes Brummen war die Antwort. »Wie sollte ich ihn nicht kennen, da er sich selbst meiner rühmt. Denn im letzten Mond, als er mit Reisigen des Grafen über die Berge nach den Frankendörfern ritt, schlugen die Speerleute ihr Kreuz, da sie bei meinem Hofe vorbeikamen, doch er sprach: ›Hier halten wir an.‹« Bubbo lachte laut. »Die Reiter machten große Augen und redeten leise zu ihm, er aber versetzte: ›Hier wohnt mein Gastfreund.‹ Sie pochten lange am Tor,« fuhr er redselig fort, »obgleich ich auf der Innenseite stand. Als ich endlich öffnete, sprach der Bischof zu mir: ›Wir wollen dich nicht durch unser Einlager beschweren, nur um einen Trunk Wasser bitte ich dich und daß du mir sagst, ob ich dir in etwas nützen kann.‹ Als wir nun allein am Herde saßen, mahnte ich ihn an ein altes Versprechen, daß er mir wohl etwas von seiner Kunst mitteilen könnte. Und er sprach: ›Ich bin immer bereit, was begehrst du?‹ Ich sagte: Gold; ich will es finden oder gewinnen. Er antwortete: ›Gut, ich will dir‘s weisen.‹ Und er holte aus seinem Ledersack Pergament in einem Holzkasten, was sie ein Buch nennen, und schlug es auf. Ich erstaunte mehr als jemals in meinem Leben, denn von Gold waren die Runen, welche auf das weiße Leder geschrieben waren. Sie leuchteten mir in die Augen, daß ich erschrak, da sprach er: ›Du tust wohl, deine Mütze abzunehmen, denn die Worte, welche geschrieben stehen, sind heilig, und hier ist die Verkündigung, welche für dich gegeben ist.‹ Er wies mir die Stelle und deutete sie: ›Es war einmal ein Mann, so armselig, krank und verachtet, daß niemand mit ihm verkehren wollte, und gerade den trugen die Boten der Überirdischen in die Himmelsburg und setzten ihn auf den Ehrenplatz; den reichen und vornehmen Mann aber, der in Purpur wandelte, stießen sie hinab in das finstere Nachtreich.‹ Und der Bischof sprach: ›Merke wohl, im Christenhimmel ist den Armen, Verfolgten und Ausgestoßenen gutes Gemach bereitet, ob sie auch heimatlose Leute und Bärenführer sind, wenn sie ihre Sünden bereuen. Schwerer wird dem Reichen der Weg in den Himmelssaal als dem Armen. Darum, wenn es dir übel gedeiht bei deinen Bären, denke auf ein besseres Leben und komm zu mir, damit dir dort oben das Glück bereitet werde, das dir hier verkündet ist.‹ Gleich darauf ritt er davon, ich aber saß am Herde und merkte, daß er mir nicht übel geraten hatte. Denn auch ich begehre nach diesem Leben ein besseres Glück, als ich hier im Wintersturm bei meinen langlodigen Genossen hatte. Und mir fiel ein, wie ich dereinst im Frankenreich mehr als einen Siedler gesehen habe, der einsam bei seinem Kreuze um die Gunst des Himmelsherrn bittet. Wenn der Christengott auch dem schicksalslosen Waldmann einen Ehrensitz zuteilt, so möchte ich ihm wohl dienen, wie er‘s begehrt. Und diese Höhle, in der ich jetzt gezaust liege, könnte einmal meine Wohnung sein.«

      Ingram lachte laut. »Du, Bubbo, willst unter den Christen beten?«

      »Vielleicht tue ich‘s«, versetzte der Waldmann trotzig. »Ist die Christenlehre so mild gegen die Armen und Unfreien, dann mögen alle, die den Nacken hoch tragen, sich fortan wahren, denn alles arme Volk muß dem Bischof zufallen, und der Armen sind mehr als der Reichen.«

      »Du aber weißt ein Schwert zu führen«, rief Ingram.

      »Ich habe getötet mit jeder Waffe, Menschen und Tiere, wie mich die Not trieb,« versetzte der Riese finster, »was habe ich davon gehabt? Daß mich die Leute scheu anblicken, daß ich in Schnee und Wintersturm allein hause und daß kein Gott und kein Mann Sorge um mich trägt. Wer seit dreißig Sommern und Wintern in der Waldwüste mit den Raubtieren heult, der kümmert sich nicht mehr um die Menschengötter der Heiden. Graubärte hörte ich schwatzen und fahrende Sänger hörte ich viel singen von der Götterhalle, zu der die Helden aufsteigen, aber daß dort jemand den Bärenfänger freundlich begrüße, habe ich niemals gehört. Du bist kaum einen grünen Sommer Wolfsgenosse und hast gelernt am Opferstein zu flehen und Gutes zu hoffen. Ich aber habe zuweilen neben der Felskluft gelauert, aus welcher der Uhu fliegt, wenn er sein Wu-hu schreit, damit die Männer im Tal ihre Köpfe bergen und das sausende Gottesheer erwarten, und ich habe dem Schreier den Kopf zerschlagen und die Fänge abgeschnitten, ohne daß sein Gott mich hinderte. Und ich sage euch, ich fürchte die Götter nur selten, und ihrem guten Willen vertraue ich gar nicht. Erbarmungslos sind die Gewaltigen des Waldes und immer feindlich dem Menschen, nur Leiden und Ungemach teilen die zu, welche im Sturme fahren und um die Baumgipfel schweben; was ich Gutes genossen habe, erwarb ich mir mühevoll selbst.«

      Ein Dröhnen unterbrach seine Rede, so gewaltig, daß der Felsen bebte; Ingram und Walburg fuhren empor, Bubbo lauschte, dann lachte er: »Ein Baum stürzte; der Wurm und der Moder haben ihm das Holz zerfressen. Meint ihr, das ist eine Mahnung der Menschengötter? Es stürzen ihrer viele, wo sie niemand hört.« Und er fuhr fort: »Ich scheue den Bären, wenn ich ohne Waffen bin, ich scheue die giftige Schlange, ich fürchte die tückischen Elbe, wenn sie in meine Glieder fahren und mich kraftlos machen, und ich fürchte zuweilen den Biß der Kälte und den Strahl aus den Wolken. Im übrigen weiß ich, daß die Überirdischen nur gegeneinander wüten in grimmigem Kampfe. Darum denke ich, daß in den goldenen Buchstaben des Bischofs ein Geheimnis liegt, welches mir wohl helfen kann aus dieser Waldöde. Und in kurzem werde ich es sicher erkennen.«

      »Gehe zu ihm, Bubbo,« rief Walburg, »damit du seine Lehre noch einmal hörst.«

      »Gerade das will ich nicht tun,« versetzte Bubbo schlau, »es könnte mir jetzt auch übel bekommen. Eine bessere Prüfung weiß ich. Wenn der Christengott stark genug ist, seinen Häuptling selbst vor der Gefahr zu schützen, so mag dereinst wohl auch mir Gutes geschehen. Darum hänge ich mein Schicksal an das Schicksal des Bischofs. Gerade in dieser Stunde ziehen, wie ich meine, seine Feinde gegen ihn. Würgen sie ihn, dann ist der Christengott auch nicht stärker als die anderen, und ich jage meine Braunen, bis mich wieder einmal einer umarmt wie heut. Wird aber mein Gastfreund seiner Feinde mächtig, dann werde ich ein Mann seines Gottes.«

      Der Jungfrau preßte die Angst das Herz zusammen, sie mühte sich, ruhig zu sagen: »Wunderlich ist deine Hoffnung, wie soll dem Herrn Winfried nahe Gefahr drohen, das Land ist im Frieden und die Reiter des Grafen umgeben ihn.«

      Bubbo lächelte finster. »Da ihr Wolfskinder seid wie ich, so mögt ihr‘s hören. Vielleicht kommt der Ratiz über ihn.«

      Ingram fuhr auf. »Woher willst du das wissen?«

      »Die Blätter im Walde haben mir‘s erzählt, und die Krähen haben mir‘s zugetragen«, versetzte Bubbo. »Ich war bei Ratiz, kurz nach deinem Ausbruch; wie ein toller Kater fuhr er zwischen den verbrannten Hütten umher. Und zuerst fand ich so üblen Empfang, daß ich um den Rückweg sorgte. Schnell aber änderte er die Miene und bot mir Frankengeld, wenn ich einem Reiter in meiner Hütte heimlichen Unterschlupf geben wollte und selbst nach der Werra gehen, um dort eine Botschaft seiner Gesandten zu empfangen, sobald diese vom Frankenherrn zurückkehrten. Denn nur langsam vermögen sie im Geleit durch das Land der Thüringe zu ziehen und werden überall verweilt. Ich tat nach seinem Willen, nahm den Läufer mit mir in den Hof und ritt westwärts zur Werra, auf die Gesandten zu harren. Diese gaben mir mit trüben Mienen ein Zeichen für den Läufer und drängten mich, heimzureiten. Als ich das Zeichen dem Läufer gab, sprang СКАЧАТЬ