Der Trotzkopf. Emmy von Rhoden
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Название: Der Trotzkopf

Автор: Emmy von Rhoden

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ entgegnete Ilse unter Schluchzen, »sorge für die Hunde! Und wenn du mir einen großen, letzten Gefallen tun willst« – hier sah sie sich erst vorsichtig nach allen Seiten um, ob auch niemand in der Nähe war —, »so nimm Bob«, diesen Namen hatte sie Dianas kleinstem Söhnchen gegeben, »morgen mit auf den Kutschbock, wenn du mich zur Bahn fährst, aber heimlich! Niemand darf es wissen; ich will ihn mitnehmen. Ein Halsband und eine Leine habe ich schon eingepackt.«

      Der Kutscher war glücklich, daß er dem kleinen Fräulein noch einen Liebesdienst erweisen konnte. Er lächelte verschmitzt und versprach, Bob so geschickt unterzubringen, daß keine menschliche Seele etwas merken würde.

      Früh am andern Morgen stand der Wagen vor der Tür, der Ilse zur Bahn fahren sollte. Herr Macket begleitete sie bis W., um sie der Vorsteherin, Fräulein Raimar, selbst zu überbringen. Er wollte seinen Liebling nicht aus den Augen lassen, ohne vorher sein neues Heim gesehen zu haben. Frau Anne wollte Ilse zärtlich und liebevoll zum Abschied an sich ziehen, aber das Mädchen machte ein finsteres und trotziges Gesicht und entwand sich den Armen der Mutter. »Lebe wohl!« sagte sie kurz und sprang in den Wagen.

      Als Ilse mit ihrem Vater im Zug saß, trat Johann mit Bob unter dem Arm und der Mütze in der Hand an das Fenster. »Leben Sie recht wohl, Fräulein Ilschen, und kommen sie gut hin!« sagte er verlegen. »Die Hunde werde ich schon besorgen, haben Sie nur keine Angst! Den hier nehmen Sie wohl mit; es ist doch gut, wenn Sie nicht so allein im Pensionat sind!«

      Ilse jauchzte vor Freude. Sie nahm den Hund im Empfang, liebkoste und streichelte ihn, dann reichte sie Johann die Hand.

      »Leb wohl«, sagte sie, »und hab Dank! Ich freue mich so sehr, daß ich ein Hündchen mit mir nehmen kann.«

      »Ja, aber Ilse, das geht doch nicht!« wandte der erstaunte Oberamtmann ein. »Du darfst doch keine Hunde mit in das Institut bringen! Sei vernünftig und gib Bob Johann wieder zurück!«

      Doch daran war nicht zu denken. Ilse ließ sich durch keine Vorstellung dazu bewegen.

      »Die einzige Freude gönn mir, Pachen! Willst du mich denn ganz allein unter den fremden Menschen lassen? Wenn Bob bei mir ist, dann habe ich doch einen guten Freund! Nicht wahr, Bobchen, du willst nicht wieder fort von mir«, wandte sie sich an den Hund, der sich bereits behaglich auf ihrem Schoß zusammenrollte. »Du bleibst nun immer bei mir.«

      Es war dem Vater unmöglich, ein Machtwort dagegen zu sprechen. Schließlich überzeugte ihn der Gedanke, daß die Kleine doch einen heimatlichen Trost in die Fremde mitnahm.

      Es war eine lange und nicht sehr abwechslungsreiche Fahrt durch meist flaches Land; erst zuletzt kamen die Berge. Für Ilse tat sich eine neue Welt auf, sie hatte noch nie eine so lange, weite Reise gemacht. Über all den neuen Eindrücken, die sich ihr aufdrängten, trat der Trennungsschmerz in den Hintergrund.

      Spät am Abend langten sie in W. an. Man übernachtete im Hotel; und am nächsten Tag sollte Ilse in ihr neues Heim eingeführt werden.

      Als es am andern Morgen neun Uhr schlug, stand Ilse fertig angezogen vor ihrem Vater. Sie sah in ihrem grauen Kostüm und den hübschen Sportschuhen ganz allerliebst aus. Unter dem hellen Strohhut schlängelten sich die braunen Locken übermütig hervor. Die schönen großen Augen blickten heute nicht so fröhlich wie sonst, sie zeigten einen ängstlich-erwartungsvollen Ausdruck.

      »Dir fehlt doch nichts, Ilschen?« fragte Herr Macket und sah sein Kind besorgt an. »Du bist so blaß. Hast du schlecht geschlafen?«

      Die herzliche Frage des Vaters löste die unnatürliche Spannung in Ilses Seele. Sie fiel ihm um den Hals, und die bis dahin trotzig zurückgehaltenen Tränen brachen mit aller Macht hervor.

      »Aber Kind, Kind«, sagte Herr Macket, »du wirst nicht lange von uns getrennt bleiben! Ein Jahr vergeht schnell, und zu Weihnachten besuchst du uns. Komm, Kleines, trockne die Tränen! Mach dir das Herz nicht schwer! Du wirst uns fleißig Briefe schreiben, und Mama und ich werden dir täglich von uns Nachricht geben, von allem, was dich in Moosdorf interessiert!« Er nahm sein Taschentuch und trocknete damit die immer von neuem hervorbrechenden Tränen seines Kindes.

      »Mama soll mir nicht schreiben«, stieß Ilse schluchzend heraus, »nur deine Briefe will ich haben! Meine Briefe an dich soll sie auch nicht lesen!«

      »Ilse«, verwies Herr Macket, »so darfst du nicht sprechen! Mama hat dich lieb und meint es sehr gut mit dir!«

      »Sehr gut!« wiederholte sie in kindischem Zorn. »Wenn sie mich lieb hätte, würde sie mich nicht verstoßen.«

      »Verstoßen? Du weißt nicht, was du sprichst, Ilse. Werde erst älter, dann wirst du das große Unrecht einsehen, das du heute deiner Mutter antust, und deine bösen Worte bereuen.«

      »Sie ist nicht meine Mutter – sie ist meine Stiefmutter!«

      »Du bist kindisch«, sagte der Oberamtmann. »Aber merke dir, niemals will ich wieder solche Äußerungen von dir hören! Du kränkst mich damit.«

      Ilse konnte nicht begreifen, wie es kam, daß ihr Vater sie nicht verstand; er mußte doch einsehen, wie unrecht ihr geschah.

      »Komm jetzt!« fuhr er beruhigend fort, »wir wollen gehen, mein Kind!«

      Ilse ergriff den Hund, nahm ihn auf den Arm und wollte dem Vater folgen.

      »Laß ihn zurück!« befahl der Oberamtmann. »Wir fragen erst, ob du einen Hund mitbringen darfst.«

      Aber Ilse setzte ihren Trotzkopf auf. »Dann gehe ich auch nicht!« erklärte sie mit Bestimmtheit. »Ohne Bob bleibe ich auf keinen Fall im Pensionat.«

      Herr Macket gab nach, aus Furcht, neue Tränen hervorzulocken. Aber die Sache war ihm sehr peinlich. Was sollte Fräulein Raimar denken!

      Eine Viertelstunde später standen Vater und Tochter vor einem stattlichen zweistöckigen Haus, das etwas außerhalb der kleinen Stadt mitten im Grünen lag; es war das Institut von Fräulein Raimar.

      Der Gutsbesitzer blieb davor stehen. »Sieh, Ilse, welch ein schönes Gebäude!« rief er höchst befriedigt. »Der Blick von hier aus in die nahen Berge ist wirklich prächtig.«

      Was kümmerten Ilse die Berge! Sie fühlte sich so gedrückt vor Kummer, daß ihr die ganze Welt ein Jammertal dünkte.

      »Wie kannst du dieses Haus schön finden, Papa!« entgegnete sie. »Wie ein Gefängnis sieht es aus.«

      Herr Macket lachte. »Glaubst du, daß in einem Gefängnis hohe, breite Fenster zu finden sind? Die armen Gefangenen sitzen hinter kleinen blinden Scheiben mit Eisengittern.«

      »Ich werde jetzt auch eine Gefangene sein, Papa, und du selbst lieferst mich in dem Gefängnis ab.«

      »Du bist eine kleine Närrin!« sagte er lachend und brach das Gespräch ab, das ihm bedenklich zu werden schien.

      Er stieg die breiten steinernen Stufen, die zum Eingang führten, hinauf und zog an der Klingel. Gleich darauf wurde die Tür von einem Mädchen geöffnet, das die beiden in das Empfangszimmer führte.

      Sie durchschritten den Hausflur und einen langen Gang, von dem zwei Ausgänge in einen schönen, großen Hof führten. Es war gerade Frühstückspause in der Schule, und überall sah man lachend und plaudernd große und kleine Mädchen umhergehen. Sie verstummten, als sie die neue Pensionärin erblickten, von der sie wußten, daß sie heute ankommen sollte, und alle Augen richteten sich auf Ilse, der es plötzlich höchst beklommen zumute wurde. Sie glaubte, verstecktes Kichern СКАЧАТЬ