Название: Satan und Ischariot III
Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Eine solche Zeit ist wenig, kann einem aber in der Lage, in welcher wir uns befanden, zu einer Ewigkeit werden. Wir sprachen kein Wort, denn einmal machte uns die Aufregung stumm, und sodann konnten wir uns so nahe bei den Gebeinen des Häuptlings jenes, ich möchte sagen, heiligen Gefühles nicht erwehren, dem sich an einer Stätte des Todes selten der Mensch zu entziehen vermag.
Die Zeit verging. Ich saß vorn an dem Steine und legte zuweilen mein Auge an die schmale Lücke, welche es zwischen ihm und der Felswand gab. Ich sah, daß es zu dämmern begann. Die Entscheidung nahte, denn sobald es nur ein wenig hell wurde, mußte der Häuptling bemerken, daß die beiden Wächter nicht da saßen, wo sie sitzen sollten. Da unterbrach Emery nun doch die Stille:
»Kannst du sehen, Charley?«
»Nur erst drei, höchstens vier Schritte weit; es wird aber mit jedem Augenblicke heller.«
»Da wird der Lärm in wenigen Minuten beginnen. Wir sind doch thöricht gewesen, uns hier einzusperren! Wenn man entdeckt, daß wir hier stecken, sind wir verloren!«
»So gewiß, wie du denkst, noch lange nicht!«
»Was würdest du denn thun?«
»Das einzige, was uns in diesem Fall retten könnte, nämlich mich auf den Häuptling werfen, um mich seiner zu bemächtigen. Befindet er sich in unserer Gewalt, so können wir unterhandeln.«
»Aber wenn man uns nun gar nicht hinaus läßt!«
»Pah! Man muß!«
»Sondern Steine vor der Platte draußen aufhäuft!«
»Dazu gehört Zeit. Wir drei sind stark; ein Augenblick genügt, die Platte umzuwerfen – — horch!«
Draußen war ein lauter, schriller Schrei erklungen, jener Schrei, welchen der Indianer ausstößt, wenn er die Seinen auf eine Gefahr aufmerksam machen will.
»War das der Häuptling? Sieh hinaus, Charley, schnell, schnell!«
Während unsers Gespräches, so kurz dasselbe gewesen war, hatte die Helle des Morgens so zugenommen, daß ich, als ich das Auge nun wieder an die Lücke legte, bis an das Wasser sehen konnte. Der ganze Lagerplatz und die Umgebung desselben lag vor meinem Blick. Ja, der Häuptling hatte den Schrei ausgestoßen. Er stand vor dem Felseneinschnitte, in welchem wir gesteckt hatten, und sah die beiden Wächter gefesselt und geknebelt in demselben liegen. Sein Schrei hatte die andern Roten erweckt; sie waren aufgesprungen und eilten zu ihm hin.
Zunächst entstand ein kurzer Wirrwarr von sich durcheinander drängenden Menschen und Stimmen; dann wurde es still. Der Häuptling ließ die von uns Ueberrumpelten von ihren Fesseln und Knebeln befreien und befragte sie. Ich sah sie vor ihm stehen; wir hatten sie also nicht getötet. Dann erhob sich wieder ein Geheul. Die Roten richteten ihre Blicke rings umher; sie sahen nichts von uns; wir mußten also aus dem Thale sein. Der Häuptling rief ihnen laute Befehle zu. Sie bewaffneten sich, eilten zu den Pferden, stiegen auf und ritten fort, den steilen, schmalen Weg hinauf, den wir heruntergekommen waren. Ich sah einen nach dem andern da oben verschwinden.
Aber nicht alle verließen das Thal. Drei blieben zurück, nämlich der Häuptling und die beiden Wächter, ob die letzteren zur Strafe, oder weil sie sich nicht so schnell hatten erholen können, das wußte ich nicht. Der erstere setzte sich wieder dort nieder, wo er während der Nacht gesessen hatte; sie aber standen in einiger Entfernung von ihm. Er war natürlich zornig über sie, und sie wagten sich nicht an ihn heran.
»Wenn die Roten nur eine Spur von Klugheit besitzen, werden sie augenblicklich wiederkommen!« meinte Emery.
»Wieso?« fragte ich.
»Wenn sie hinauf auf die Ebene kommen und uns nicht sehen, müssen sie sich doch sagen, daß wir noch im Thale sein müssen!«
»Nein. Sie werden annehmen, daß wir Zeit genug gehabt haben, soweit zu kommen, daß wir nicht mehr gesehen werden können. Sie werden nach Spuren suchen und keine finden. Infolgedessen wissen sie nicht, in welcher Richtung wir geflohen sind, und werden sich also in mehrere Abteilungen trennen, um uns nach verschiedenen Gegenden zu verfolgen. Ich bin jetzt überzeugt, daß unser Plan gelingen wird.«
Wir warteten. Nach vielleicht einer Viertelstunde kam einer der Reiter zurück und machte dem Häuptlinge eine Meldung. Dieser stand auf und bestieg sein Pferd; er befahl den beiden Wächtern, dasselbe zu thun, und ritt mit ihnen und dem Boten fort, unsere Gewehre und andere Sachen am Wasser liegen lassend. Ich sah sie hinter dem Felsen, da wo der Pfad mündete, verschwinden und bald darauf weiter oben wieder erscheinen.
»Es gelingt!« jubelte ich. »Es gelingt viel besser, als ich erwarten konnte. Der Häuptling ist geholt worden und hat auch die Wächter mitgenommen. Unsere Sachen liegen alle dort, und unsere Pferde stehen auch da!«
»Dann hinaus, hinaus, schnell, schnell!« rief Emery.
Er wollte in seinem Eifer aufspringen und stieß mit dem Kopfe gegen den niedrigen Felsen, daß er mit einem Wehelaute wieder zurücksank.
»Noch nicht,« antwortete ich. »Wir müssen warten, bis sie oben angekommen sind und nicht mehr heruntersehen können.«
Nach kurzer Zeit war das geschehen. Wir stießen die Platte nach außen, daß sie umfiel. Wir traten hinaus; wir waren frei! Emery wollte sogleich hin zu unsern Gewehren, doch Winnetou warnte:
»Mein Bruder mag sich nicht übereilen! Erst wollen wir den Stein wieder vor das Grab legen. Der Häuptling kehrt jedenfalls zurück. Er würde, wenn er von oben herunterblickt, das Grab offen sehen und sofort seine Krieger rufen.«
»Was schadet das! Wir haben sie nun nicht mehr zu fürchten!«
»Doch noch. Wir müssen auch hinauf. Es giebt nur den einen Pfad, und wenn sie ihn besetzen, können wir nicht fort.«
»So schießen wir sie nieder!«
»Wenn sie sich hinter den Felsenecken verbergen, können wir sie nicht treffen, während aber ihre Kugeln uns erreichen.«
Wir haben also mit vereinten Kräften den schweren Stein auf und lehnten ihn wieder an die Spalte; dann eilten wir an das Wasser, um unsere Sachen schnell an uns zu nehmen. Es fehlte nichts von allem, was man uns abgenommen hatte. Welche Wonne, als ich meine beiden Gewehre wieder hatte, und dazu die ganze Munition!
»Nun aber fort!« rief Emery, indem er sich anschickte, zu den Pferden zu gehen.
»Noch nicht!« sagte ich. »Wir müssen erst wissen, wie es da oben auf der Ebene steht.«
»Das ist doch nicht notwendig! Die Roten können uns nichts anhaben! Kein Indsman darf es wagen, uns nahe zu kommen, da wir unsere Gewehre haben.«
»Sobald wir uns im Freien befinden, ja. Jetzt aber stecken wir noch in diesem tiefen Thalkessel und wissen nicht, ob wir zu Pferde hinaufkommen können, ohne bemerkt zu werden. Wir müssen erst hinaufsteigen, um zu rekognoszieren.«
»Uebertriebene Vorsicht! Ich halte das für ganz unnötig, will mich aber fügen.«
Wir stiegen also den steilen Weg hinauf. Da der Häuptling jeden Augenblick zurückkehren konnte, vielleicht nicht allein, sondern in Begleitung von noch andern Roten, so nahmen wir den Gang möglichst vorsichtig vor. Wir eilten über offene Stellen so schnell wie möglich hinweg und blieben, wenn wir Deckung hatten, halten, um vorwärts zu lauschen, ob die Schritte eines Menschen oder Pferdes zu hören seien. Und СКАЧАТЬ