Ein Kampf um Rom. Felix Dahn
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Название: Ein Kampf um Rom

Автор: Felix Dahn

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ dem Goldrund der Wände prangte die lange Reihe der christlichen Imperatoren seit Constantius in kleinen weißen Büsten: gerade über dem Schreibdivan hing ein großes mannshohes Kreuz von gediegenem Golde.

      So oft der einsam auf und nieder Schreitende daran vorbeikam, neigte er das Haupt vor demselben: denn in der Mitte des Goldes war, von Glas umschlossen, ein Splitter des angeblich echten Kreuzes angebracht.

      Endlich blieb er vor der Weltkarte stehen, die, den Orbis romanus darstellend, auf purpurgesäumtem Pergament eine der Wände bedeckte. Nach langem, prüfendem Blick seufzte der Mann und bedeckte mit der Rechten Gesicht und Augen.

      Es waren keine schönen Augen und kein edles Gesicht: aber vieles, Gutes und Böses, lag darin.

      Wachsamkeit, Mißtrauen und List sprechen aus dem unruhigen Blick der tiefliegenden Augen: schwere Falten, der Sorge mehr als des Alters, furchten die vorspringende Stirn und die magern Wangen.

      »Wer den Ausgang wüßte!« seufzte er noch einmal die knochigen, Hände reibend. »Es treibt mich unablässig. Ein Geist ist in meine Brust gefahren und mahnt und mahnt.

      Aber ist’s ein Engel des Herrn oder ein Dämon? Wer mir meinen Traum deutete! Vergib, dreieiniger Gott, vergib deinem eifrigsten Knecht. Du hast die Traumdeuter verflucht.

      Aber doch träumte König Pharao, und Joseph durfte ihm deuten; und Jakob sah im Traum den Himmel offen, und ihre Träume kamen von dir. Soll ich — darf ich es wagen?«

      Und wieder schritt er unschlüssig auf und nieder, wer weiß, wie lange noch, wäre nicht der Purpurvorhang des Eingangs leise gehoben worden.

      Ein goldschimmernder Velarius warf sich vor dem kleinen Mann zur Erde mit auf der Brust gekreuzten Armen. »Imperator, die Patrizier, die du beschieden.«

      »Geduld«, sagte jener, sich auf die Kline mit dem Gestell von Gold und Elfenbein niederlassend, »rasch die Silberschuhe und die Chlamys.«

      Der Palastdiener zog ihm die Sandalen mit den dicken Sohlen und den hohen Absätzen an, welche die Gestalt um ein paar Zoll erhöhten, und warf ihm den faltenreichen, mit Goldsternen übersäten Mantel um die Schulter, jedes Stück der Gewandung küssend, wie er es berührte: nach einer Wiederholung der fußfälligen Niederwerfung, die in dieser orientalischen Unterwürfigkeit erst neuerlich verschärft worden war, ging der Velarius.

      Und Kaiser Justinianus stellte sich, den linken Arm auf eine gebrochene Porphyrsäule aus dem Tempel von Jerusalem gestützt, die zu diesem Behuf nach seiner Größe zurechtgesägt war, in seiner »Audienzattitüde« dem Eingang gegenüber.

      Der Vorhang ging zurück, und drei Männer betraten das Gemach mit der gleichen Begrüßungsform wie jener Sklave; und doch waren sie die ersten Männer dieses Kaiserreichs, wie, mehr noch als ihre reichgeschmückten Gewänder, ihre hochbedeutenden Köpfe, ihre geistvollen Züge bewiesen.

      »Wir haben euch beschieden«, hob der Kaiser an, ohne ihre demütige Begrüßung zu erwidern, »euren Rat zu hören — über Italien. Ich habe euch alle nötigen Kenntnisse über die Dinge daselbst verschafft: die Briefe der Regentin, die Dokumente der Patriotenpartei daselbst: drei Tage hattet ihr Zeit. Erst rede du, Magister Militum.«

      Und er winkte dem Größten unter den dreien, einer stattlichen, ganz in eine reichvergoldete Rüstung gekleideten Heldengestalt. Die großen, offenen, hellbraunen Augen sprachen von Treue und Zuversicht, eine starke gerade Nase, volle Wangen gaben dem Gesicht den Ausdruck gesunder Kraft, die breite Brust, die gewaltigen Schenkel und Arme hatten etwas Herkulisches, der Mund aber zeigte trotz des grimmen Rundbartes Milde und Gutherzigkeit.

      »Herr«, sprach er mit voller, aus tiefer Brust quellender Stimme, »Belisars Rat ist immer: greifen wir die Barbaren an. Soeben hab’ ich auf dein Geheiß das Reich der Vandalen in Afrika zertrümmert mit fünfzehntausend Mann. Gib mir dreißigtausend, und ich werde dir die Gotenkrone zu Füßen legen.«

      »Gut«, sprach der Kaiser erfreut, »dies Wort hat mir wohlgetan. Was sprichst du ‘Perle meiner Rechtsgelehrten’, Tribonianus?«

      Der Angeredete war wenig kleiner als Belisar, aber nicht so breitschultrig und die Glieder nicht so sehr durch stete Übung entwickelt. Die hohe, ernste Stirn, das ruhige Auge, der festgeschnittene Mund zeugten von einem mächtigen Geist. »Imperator«, sagte er gemessen, »ich warne dich vor diesem Krieg. Er ist ungerecht.«

      Unwillig fuhr Justinianus auf: »Ungerecht! Wiederzunehmen, was zum Römischen Reich gehört.«

      »Gehört hat. Dein Vorfahr Zeno überließ durch Vertrag das Abendland an Theoderich und seine Goten, wenn sie den Anmaßer Odoaker gestürzt.«

      »Theoderich sollte Statthalter des Kaisers sein, nicht König von Italien.«

      »Zugegeben. Aber nachdem er es geworden — wie er es werden mußte, ein Theoderich konnte nicht der Diener eines Kleinern sein —, hat ihn Kaiser Anastasius, dein Ohm Justinus, du selbst hast ihn anerkannt, ihn und sein Königreich.«

      »Im Drang der Not. Jetzt, da sie in Not und ich der Stärkere, nehm’ ich die Anerkennung zurück.«

      »Das eben nenn’ ich ungerecht.«

      »Du bist unbequem und unbeholfen, Tribonian, und ein zäher Rechthaber. Du taugst trefflich, meine Pandekten zusammenzubauen. In Politik werd’ ich dich nie wieder befragen. Was hat die Gerechtigkeit mit der Politik zu tun!«

      »Gerechtigkeit, o Justinianus, ist die beste Politik.«

      »Bah, Alexander und Cäsar dachten anders.«

      »Sie haben erstens ihr Werk nicht vollendet, und dann zweitens« — er hielt inne.

      »Nun, zweitens?«

      »Zweitens bist du nicht Cäsar und nicht Alexander.«

      Alle schwiegen. Nach einer Pause sagte der Kaiser ruhig: »Du bist sehr offen, Tribonianus.«

      »Immer, Justinianus.«

      Rasch wandte sich der Kaiser zu dem Dritten. »Nun, was ist deine Meinung, Patricius?«

      VIERZEHNTES KAPITEL

      Der Angeredete verbannte rasch von seinen Lippen ein kaltes Lächeln, das ihm die Moralpolitik des Juristen erweckt, und richtete sich auf.

      Er war ein verkrüppeltes Männchen, noch bedeutend kleiner als Justinian, weshalb dieser im Gespräch mit ihm den Kopf noch viel mehr als nötig gewesen wäre, herabsenkte. Er war kahlköpfig, die Wangen von krankhaftem Wachsgelb, die rechte Schulter höher als die linke, und er hinkte etwas auf dem linken Fuß, weshalb er sich auf einen schwarzen Krückstock mit goldnem Gabelgriff stützte. Aber das durchdringende Auge war so adlergewaltig, daß es von dieser unansehnlichen Gestalt den Eindruck des Widrigen fernhielt, dem fast häßlichen Gesicht die Weihe geistiger Größe verlieh: und der Zug schmerzlicher Entsagung und kühler Überlegenheit um den feinen Mund hatte sogar einen fesselnden Reiz. »Imperator«, sagte er mit scharfer bestimmter Stimme, »ich widerrate diesen Krieg — für jetzt.«

      Unwillig zuckte des Kaisers Auge: »Auch aus Gründen der Gerechtigkeit?« fragte er, fast höhnisch. — »Ich sagte für jetzt.« — »Und warum?« — »Weil das Notwendige dem Angenehmen vorgeht. Wer sein Haus zu verteidigen hat, soll nicht in fremde Häuser einbrechen.« СКАЧАТЬ