Ein Kampf um Rom. Felix Dahn
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Название: Ein Kampf um Rom

Автор: Felix Dahn

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ zu vollem Bewußtsein?«

      »Nein, Herr, nicht mehr. Nur ganz zuletzt schlug sie die großen Augen nochmal auf und schien rings umher zu suchen. ‘Wo ist er hin?’ fragte sie die Mutter. ‘Ach, ich sehe ihn’, rief sie dann und hob sich aus den Kissen. ‘Kind, mein Kind, wo willst du hin?’ weinte die Herrin. ‘Nun, dorthin’, sagte sie mit verklärtem Lächeln: ‘nach den Inseln der Seligen!’ und sie schloß die Augen und sank zurück auf das Lager, und jenes holde Lächeln blieb stehen auf ihrem Mund — und sie war dahin, dahin auf ewig!« — »Wer hat sie hier herabbringen lassen?« — »Die Königin. Sie erfuhr alles und befahl, die Tote als die Braut ihres Sohnes neben ihm auszustellen und zu bestatten.«

      »Aber was sagt der Arzt? Wie konnte sie so plötzlich sterben?« — »Ach, der Arzt sah sie nur flüchtig; er hatte alle Gedanken bei der Königsleiche und die Herrin litt ja gar nicht, daß der fremde Mann ihre Tochter berühre. Das Herz ist ihr eben gebrochen: daran mag man wohl sterben! Aber still, sie kommen.« Der Zug ging in derselben Ordnung ohne den Sarg zurück. Daphnidion schloß sich an. Nur Rusticiana fehlte. Ruhig schritt Cethegus den einsamen Gang auf und nieder, sie zu erwarten.

      Endlich stieg die gebrochne Gestalt die Stufen herauf. Sie wankte und drohte zu fallen. Da ergriff er rasch ihren Arm. »Rusticiana, fasse dich!«

      »Du hier? O Gott, du hast sie auch geliebt! Und wir, wir beide haben sie ermordet!« Und sie brach auf seiner Schulter zusammen. »Schweig, Unselige!« flüsterte er, sich umsehend.

      »Ach, ich, die eigne Mutter, habe sie getötet. Ich habe den Trank gemischt, der ihm den Tod gebracht.«

      Gut, dachte er, sie ahnt also nicht, daß sie getrunken, geschweige, daß ich sie trinken sah. »Es ist ein grausamer Streich des Geschicks«, sagte er laut; »aber bedenke, was sollte werden, wenn sie lebte? Sie liebte ihn!« — »Was werden sollte?« rief Rusticiana, von ihm zurücktretend.

      »Oh, wenn sie nur lebte! Wer kann wider die Liebe? Wäre sie sein geworden, sein Weib — seine Geliebte, wenn sie nur lebte!« — »Aber du vergißt, daß er sterben mußte.« — »Mußte? Warum mußte er sterben? Auf daß du deine stolzen Pläne hinausführst! O Selbstsucht ohnegleichen!« — »Es sind deine Pläne, die ich ausführe, nicht die meinen; wie oft muß ich dir’s wiederholen? Du hast den Gott der Rache heraufbeschworen, nicht ich: was klagst du mich an, wenn er Opfer von dir fordert? Besinne dich besser. Lebe wohl.«

      Aber Rusticiana faßte heftig seinen Arm: »Und das ist alles? Und weiter hast du nichts, kein Wort, keine Träne für mein Kind? Und du willst mich glauben machen, um sie, um mich zu rächen habest du gehandelt? Du hast nie ein Herz gehabt. Du hast sie auch nicht geliebt — kalten Blutes siehst du sie sterben — ha, Fluch — Fluch über dich.« — »Schweig, Unsinnige.« — »Schweigen? Nein, reden will ich und dir fluchen. Oh, wüßt’ ich etwas, das dir wäre, was mir Kamilla war! Oh, müßtest du, wie ich, deines ganzen Lebens letzte, einzige Freude fallen sehen, fallen sehen und verzweifeln. Wenn ein Gott im Himmel ist, wirst du das erleben.«

      Cethegus lächelte.

      »Du glaubst an keine Macht im Himmel, die vergelte? Wohlan, glaub’ an die Rache einer jammervollen Mutter! Du sollst erzittern! Ich eile zur Regentin und entdecke ihr alles! Du sollst sterben!« — »Und du stirbst mit mir.«

      »Mit lachenden Augen, wenn ich dich verderben sehe.« Und sie wollte hinweg. Aber Cethegus ergriff sie mit starkem Arm. »Halt, Weib. Glaubst du, man sieht sich nicht vor mit deinesgleichen? Deine Söhne, Anicitis und Severinus, die Verbannten, sind heimlich in Italien, in Rom, in meinem Hause. Du weißt, auf ihre Rückkehr steht der Tod. Ein Wort — und sie sterben mit uns: dann magst du deinem Gatten auch die Söhne, wie die Tochter, als durch dich gefallen zuführen. Ihr Blut über dein Haupt.« Und rasch war er um die Ecke des Ganges biegend verschwunden.

      »Meine Söhne!« rief Rusticiana und brach auf dem Marmorestrich zusammen.

      Wenige Tage darauf verließ die Witwe des Boëthius mit Corbulo und Daphnidion den Königshof für immer. Vergebens suchte die Regentin sie zu halten.

      Der treue Freigelassene führte sie zurück auf die verborgene Villa bei Tifernum, die je verlassen zu haben sie jetzt tief bedauerte. Sie baute daselbst, an der Stelle des kleinen Venustempels, eine Basilika, in deren Krypta eine Urne mit den Herzen der beiden Liebenden beigesetzt wurde.

      Ihre leidenschaftliche Seele verband mit dem Gebet für das Heil ihres Kindes unzertrennlich die Bitte der Rache an Cethegus, dessen wahre Beteiligung an Kamillens Tod sie nicht einmal ahnte: nur das durchschaute sie, daß er Mutter und Tochter als Werkzeuge seiner Pläne gebraucht und in herzloser Kälte des Mädchens Glück und Leben aufs Spiel gesetzt hatte.

      Und kaum minder unablässig als das Licht der daselbst gestifteten ewigen Lampe stieg das Gebet und der Fluch der vereinsamten Mutter zum Himmel empor.

      Die Stunde sollte nicht ausbleiben, die ihr die Schuld des Präfekten ganz enthüllte, und auch die Rache nicht, die sie dafür vom Himmel niederrief.

      DRITTES KAPITEL

      Am Hofe von Ravenna aber wurde ein zäher und grimmiger Kampf geführt.

      Die gotischen Patrioten, obwohl durch den plötzlichen Untergang ihres jugendlichen Königs schwer betrübt und für den Augenblick überwunden, wurden doch von ihren unermüdlichen Führern bald wieder aufgerafft. Das hohe Ansehen des alten Hildebrand, die ruhige Kraft des zurückberufenen Witichis und Tejas wachsamer Eifer wirkten unablässig. Wir haben gesehen, wie es diesen Männern gelungen war, Athalarich zur Abschüttelung der Oberleitung seiner Mutter zu verhelfen. Jetzt gelang es ihnen leicht, unter den Goten immer mehr Anhang zu finden gegen eine Regentschaft, in welcher der ihnen als Hochverräter verhaßte Cethegus mehr als je in den Vordergrund trat. Die Stimmung im Heer, in der germanischen Bevölkerung von Ravenna war genügend zu einem entscheidenden Schlage vorbereitet. Mit Mühe hielt der alte Waffenmeister die Unzufriedenen zurück, bis sie, durch wichtige Bundesgenossen verstärkt, desto sicherer siegen könnten.

      Diese Bundesgenossen waren die drei Herzöge Thulun, Ibba und Pitza, die Amalaswintha vom Hofe verscheucht und ihr Sohn soeben zurückberufen hatte. Thulun und Ibba waren Brüder, Pitza ihr Vetter.

      Ein andrer Bruder der ersteren, Herzog Alarich, war vor Jahren wegen angeblicher Verschwörung zum Tode verurteilt und seit seiner Flucht verschollen.

      Sie stammten aus dem berühmten Geschlecht der Balten, das bei den Westgoten die Königskrone getragen hatte und den Amalungen kaum nachstand an Alter und Ansehn. Ihr Stammbaum führte, wie der des Königshauses, bis zu den Göttern hinauf. Ihr Reichtum an Grundbesitz und abhängigen Colonen und der Ruhm ihrer Kriegstaten erhöhten Macht und Glanz ihres Hauses. Man sagte im Volk, Theoderich habe eine Zeitlang daran gedacht, mit Übergehung seiner Tochter und ihres unmündigen Knaben, zum Heile des Reiches den kräftigen Herzog Thulun zu seinem Nachfolger zu bestellen.

      Und die Patrioten waren jetzt, nach dem Tode Athalarichs, entschlossen, für den äußersten Fall, das heißt, wenn die Regentin von ihrem System nicht abzubringen sei, jene Gedanken wieder aufzunehmen.

      Cethegus sah das Gewitter heranziehen: er sah, wie das gotische Volksbewußtsein, von Hildebrand und seinen Freunden wachgerufen, sich immer heftiger gegen die romanisierende Regentschaft sträubte.

      Mit Unmut gestand er sich, daß es ihm an wirklicher Macht fehle, diese Unzufriedenheit niederzuhalten. Ravenna war nicht sein Rom, wo er die Werke beherrschte, wo er die Bürger wieder an die Waffen gewöhnt und an seine Person gefesselt hatte; hier waren alle Truppen Goten, und er mußte fürchten, daß sie einen Haftbefehl gegen Hildebrand СКАЧАТЬ