Название: Die Begleitbeistandschaft
Автор: Daniel Rosch
Издательство: Bookwire
Серия: Schriften zum Kindes- und Erwachsenenschutz
isbn: 9783035508765
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B.Fürsorge und Vertretung
I.Fürsorge für die Person (Art. 405 ff. aZGB)
II.Vertretung (Art. 407–412 aZGB)
C.Vermögensverwaltung (Art. 413 f. aZGB)
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Während HUBER die Vertretung und die Vermögensverwaltung der persönlichen Fürsorge gegenüberstellt, sah die alte Gesetzessystematik vor, dass Fürsorge und Vertretung zusammen der Vermögensverwaltung gegenübergestellt waren. Diese Diskrepanz löst KAUFMANN, indem er die Gegensätze in den Gesamtzusammenhang von Art. 367 aZGB stellt. «Nach Massgabe von Art. 367 Abs. 1 ZGB ist zunächst zu unterscheiden zwischen der Wahrung der persönlichen und der Wahrung der vermögensrechtlichen Interessen. In beiden Richtungen ist aber gleichzeitig zu unterscheiden zwischen der tatsächlichen Fürsorge und der rechtsgeschäftlichen Tätigkeit, der Vertretung im weiteren Sinne».[167] Art. 405 f. aZGB umschreiben folglich vorab die tatsächliche Fürsorge für die Person, und Art. 407 ff. aZGB beziehen sich somit auf Angelegenheiten der Personensorge wie auch der Vermögenssorge.[168] Damit ist im Rahmen der Personensorge tatsächliches Handeln und Vertretungshandeln möglich.
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In Bezug auf die konkreten Aufgaben im Bereich der Personensorge fordert KAUFMANN massgeschneiderte Personensorge: «Vormund und Vormundschaftsbehörde müssen individualisieren und sich von jeder Schablone freihalten.»[169] Darin enthalten ist auch mit Verweis auf das deutsche BGB – wie bei HEFTI – die Subsidiarität: «So vielseitig an sich die Fürsorgetätigkeit des Vormundes sein kann, so hat er sich doch auf die Zwecke der Vormundschaft zu beschränken.»[170] KAUFMANN sieht die Hauptaufgabe nicht nur in der Förderung des persönlichen Wohls des Mündels, sondern auch im Schutz von direkt bedrohten Dritten mit Bezugnahme auf Art. 369 f. aZGB.[171] Hierzu zählt er (Nach–)Erziehung, gesundheitliche Fürsorge und die Unterbringung in einer Anstalt.
6.2.4 HEDWIG OETTLI (1941)
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Die Personensorge beziehe sich nach OETTLI auf alle persönlichen Aufgabenbereiche, die rechtlich zulässig sind.[172] Sie definiert diese persönlichen Angelegenheiten in Abgrenzung zur Vermögenssorge. Es sei darunter alles zu verstehen, «was die Person des Entmündigten betrifft, mit Ausnahmen der rein vermögensrechtlichen Angelegenheiten.»[173] Darunter fiele die Sorge für den Unterhalt des Mündels und seiner Familie, die Sorge für das gesundheitliche Wohl und für die «moralisch sittliche Entwicklung».[174] Ferner bestimmt sich der Inhalt der Personensorge wie bei HANS HEFTI auch bei HEDWIG OETTLI massgeblich nach dem Grund und dem Zweck der Massnahme.[175] Durch diesen Schutzzweck werde aber der Umfang der persönlichen Fürsorge nicht beschränkt, da der Zweck der Massnahme nur die Richtung und das Ziel weise, nicht aber beschränke. Als Grenze formuliert sie die Selbstbestimmung: «Das Interesse des Mündels aber besteht sowohl in einer angemessenen persönlichen Fürsorge, als auch in der Gewährung einer angemessenen Freiheit, die den Verhältnissen des einzelnen Falls angepasst ist.»[176] Die Schutzaufgaben des Vormundes seien subsidiär, also nur dort anzuwenden, wo die schutzbedürftige Person Unterstützung benötige.[177]
6.2.5 AUGUST EGGER (1948)
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Wie bereits HANS HEFTI und HEDWIG OETTLI verweist auch AUGUST EGGER insbesondere auf den Zusammenhang des Massnahmegrundes, also des Schutzbedarfs, und die sich daraus ergebenden ergänzenden Aufgabenbereiche im Bereich der persönlichen Fürsorge. Die Nacherziehung sieht auch EGGER als möglichen Aufgabenbereich, wobei er sich hier im Unterschied zu KAUFMANN zurückhaltender zeigt, indem die schutzbedürftige Person dort entscheiden soll, wo sie zu einer vernünftigen Entscheidung fähig und willig sei.[178] Als Aufgabenbereiche sieht er Beruf und Gewerbe, Wirtshausverbot, Gesundheitspflege, Anstaltsunterbringung an.[179]
6.2.6 BERNHARD SCHNYDER/ERWIN MURER (1984)
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SCHNYDER/MURER nehmen KAUFMANNs Auslegung auf und führen diese aus: Mangelnde Handlungsfähigkeit kann sich immer nur auf die Vermögens- oder die Personensorge beziehen. Man könne zwar von drei Schwächezuständen sprechen (mangelnde Handlungsfähigkeit, Schwächezustand in der Vermögensverwaltung, Schwächezustand in der Person); geschützte Rechtsgüter seien aber immer die Person oder das Vermögen. Man könne auch von drei Aufgaben des Vormundschaftsrechts sprechen, nämlich Vertretung, Personensorge und Vermögenssorge. Diese würden sich aber immer nur auf den Personen- oder Vermögensbereich beziehen. Strenggenommen gäbe es auch nicht zwei geschützte Rechtsgüter, sondern nur eines: die Person.[180]
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Im Bereich der Personensorge unterscheiden sie wie KAUFMANN in Vertretungshandeln und sog. «reine persönliche Fürsorge».[181]
6.2.7 CHRISTOPH CAVIEZEL (1988)
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CAVIEZEL geht wie SCHNYDER/MURER von einer Wechselbeziehung zwischen Vermögens- und Personensorge aus, wo jeweils wie bei KAUFMANN auch Vertretung möglich ist. Unter Bezugnahme auf ein Bundesgerichtsurteil[182] kommt er aber zum Schluss, dass «überall dort, wo durch vormundschaftliche Massnahmen jemandem Hilfe gewährt werden soll, die Vermögenssorge in den Dienst der persönlichen Fürsorge gestellt werden muss.»[183] Daraus könnte abgeleitet werden, dass es eine persönliche Fürsorge im weiteren Sinne gibt, welche den Schutzbedarf aufzeigt und sich unterteilt in persönlicher Fürsorge im engeren Sinne und Vermögenssorge.
6.2.8 BARBARA CAVIEZEL-JOST (1988)
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CAVIEZEL-JOST betrachtet die persönliche Fürsorge aus der Perspektive der fürsorgerischen Freiheitsentziehung. Persönliche Fürsorge bestehe in der «Für-Sorge» für einen Menschen, weil dieser eine Schwäche habe, die sich im persönlichen Bereich seines Lebens so auswirke, dass er nicht mehr für sich selber sorgen könne, sondern eben auf Fürsorge anwiesen sei.[184] Die Fürsorge gehe weiter als ein blosser «Bei-Stand», «bei dem noch mit einer grösseren Selbsthilfe-Fähigkeit des Betroffenen gerechnet werden kann.»[185] Bei dieser Definition werden die bisherigen Überlegungen zum Zusammenhang von Massnahmegrund und –zweck sowie Selbstbestimmung mit der Personensorge hergestellt.
6.2.9 STEFAN MÜLLER (1996)
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STEFAN MÜLLER knüpft an die am Wortsinn orientierte Definition von CAVIEZEL-JOST implizit an, weist aber auf ein zusätzliches Kriterium hin. «Persönlich» im Rahmen der persönlichen Fürsorge meine nicht nur die Sichtweise im Hinblick auf den Schutzbedarf und Schutzzweck, sondern weise auch auf die persönliche СКАЧАТЬ