Название: Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten
Автор: Frank Rehfeld
Издательство: Автор
isbn: 9783956179129
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Allerdings war sie nicht die Einzige, der es so erging. Auch die Zwerge waren von seiner Erzählung offensichtlich gebannt, und Miranya war überzeugt, dass er nicht ohne Hinterabsichten gerade diese Episode ausgewählt hatte. Schließlich hatte er ihr erst am Mittag anvertraut, dass er versuchen würde, noch einmal mit Barkon zu reden, damit dieser ihn auf seine schnellere Art über den Luyan Dhor oder sogar bis zu der Zitadelle im Ödland von Sharolan brachte. Dafür jedoch war es nötig, den Zwergen zunächst noch einmal deutlich vor Augen zu führen, über welche Mittel Kenran'Del verfügte und was für ein wertvoller Verbündeter er deshalb sein würde.
Daran verschwendete Miranya jedoch nur wenige Gedanken. Viel zu sehr faszinierte sie das, was sie hörte. Eigentlich konnte Maziroc über diesen Kenran'Del nur wenig berichten, weil er selbst nur wenig über ihn wusste, aber bereits das Wenige, das sie gehört hatte, weckte in ihr den brennenden Wunsch, diese mysteriöse Person kennenzulernen. Sie hatte schon immer ein Faible für Geheimnisse gehabt, und wenn dieser Mann nicht geheimnisvoll war, dann gab es so etwas wie Romantik erst gar nicht mehr.
"Und anschließend bin ich dann zu euch nach Ravenhorst aufgebrochen", schloss Maziroc seine Erzählung. "Was dann geschah, dürftet ihr wissen, und auch, wohin alles geführt hat und welche katastrophalen Folgen sich daraus ergeben haben."
Die Gesichter einiger Zwerge verdunkelten sich bei diesen Worten, allen voran das von Barkon. Finster starrte er den Magier an. Ungerührt erwiderte Maziroc seinen Blick.
"Eine hübsche Geschichte", sagte der Zwerg schließlich. "Aber mehr auch nicht."
"Sogar wesentlich mehr", widersprach der Magier. "Jedes Wort davon ist wahr. Alles hat sich ganz genau so abgespielt, wie ich es erzählt habe. Kenran'Del ist nicht nur ein Mythos. Sogar eine Eurer eigenen damaligen Königinnen ist ihm begegnet. Er hat gelebt, und seit der damaligen Zeit liegt er in seiner Zitadelle im Ödland von Sharolan in magischem Schlaf. Alles ist wahr. Dafür verbürge ich mich, schließlich habe ich die damaligen Geschehnisse selbst miterlebt. Ihr werdet doch mein Wort nicht infrage stellen wollen, oder?"
Damit hatte er Barkon in eine Zwickmühle gebracht. Die auch weiterhin anhaltende Skepsis des Zwerges war unverkennbar, doch konnte er sie nicht mehr laut äußern, ohne Maziroc damit der offenen Lüge zu bezichtigen. Dies wäre nicht nur eine Beleidigung, sondern ein direkter Angriff auf seine Ehre. Akzeptierte er jedoch als Tatsache, was er gerade über Kenran'Del gehört hatte, würde es ihm fast unmöglich sein, Mazirocs Bitte nach einer ganz speziellen Hilfe abzulehnen und dies einleuchtend zu begründen. Anscheinend ahnte Barkon bereits, dass ihn eine entsprechende Bitte bald erwartete, sonst gäbe es keinen Grund für ihn, sich auf dieses Wortgefecht überhaupt einzulassen
"Dergleichen würde ich mir nie erlauben", antwortete er diplomatisch, nachdem er ein paar Sekunden überlegt hatte. "Aber das alles liegt sehr lange zurück, fast genau eintausend Jahre. Wir wissen, dass Ihr schon damals gelebt habt, Maziroc, und es heißt, dass die damaligen Ereignisse eng mit dem Grund für Eure Langlebigkeit oder gar Unsterblichkeit verbunden sind."
Er machte eine Pause und blickte den Magier wieder aufmerksam an, doch wenn er auf eine Bestätigung, einen Widerspruch oder gar eine ausgiebigere Erklärung gehofft hatte, so wurde er enttäuscht. Maziroc schien die unausgesprochene Frage nicht einmal bemerkt zu haben, denn er reagierte in keiner Form, zuckte nicht einmal mit den Schultern.
"Wie gesagt, Ihr habt damals schon gelebt, aber für den Rest der Welt liegt das alles in ferner Vergangenheit", sprach Barkon schließlich leicht verärgert weiter. "Vielen erscheint der große Krieg selbst schon nur noch wie eine Art Mythos, ebenso wie alle daran Beteiligten. Die Jahrhunderte haben die Grenzen zwischen Wahrheit, Dichtung und Mythos verwischt."
"Ich verstehe nicht, was Ihr mir zu sagen versucht", unterbrach Maziroc ihn. "Worauf wollt ihr hinaus? Bitte kommt zur Sache."
"Ich spreche davon, dass viel Zeit seit damals vergangen ist", erklärte der Zwerg mit erhobener Stimme. "Vieles ist passiert, auch für Euch. Ja, vielleicht sogar gerade für Euch, denn Ihr habt es ja selbst miterlebt. Reiche entstanden und gingen wieder zugrunde, Dynastien wurden gegründet und starben aus, ganze Völker gingen unter. Ihr habt vermutlich mehr Menschen als jeder andere getroffen. Euer Gedächtnis muss einen schier unglaublichen Schatz an Wissen enthalten. So viele Namen, so viele Gesichter, so viele Ereignisse. Und doch behauptet Ihr, Euch noch haargenau an die Begegnung mit diesem Kenran'Del zu erinnern und an beinahe jedes Wort, das Ihr aus zweiter Hand von Charalon über ihn erfahren habt." Er hob abwehrend die Hand. "Versteht mich nicht falsch, Maziroc, ich will keinesfalls behaupten, dass Ihr lügt. Aber könnte es nicht sein, dass sich Eure Erinnerungen im Laufe all der Jahrhunderte verändert haben, vielleicht ohne dass Ihr selbst es bemerkt habt? Vielleicht haben sich auch in Eurem Geist Wahrheit und Mythos untrennbar vermischt, was Ihr wirklich erlebt habt, und was Ihr Euch wünscht, erlebt zu haben. Wäre es nicht zumindest vorstellbar, dass dieser Kenran'Del einfach nur ein normaler Mensch war, vielleicht sogar magisch begabt, dass er aber erst in Eurer Erinnerung an ihn nach und nach unmerklich immer mehr zu einer fast übermenschlichen Erscheinung wurde?"
Totenstille folgte den Worten des Zwerges. Er hatte sich halbwegs diplomatisch aus der Zwickmühle gerettet und war seinerseits zum Angriff übergegangen, doch balancierte er dabei auf einem schmalen Grat. Er warf Maziroc keine direkte Lüge vor, zweifelte aber dennoch den Wahrheitsgehalt seiner Aussage an. Jemand mit weniger ausgeprägtem diplomatischem Fingerspitzengefühl mochte diesen feinen Unterschied nicht wahrnehmen und sich auch jetzt beleidigt fühlen. Dementsprechend waren alle Blicke voller Spannung auf Maziroc gerichtet.
Mehr als eine Minute saß der Magier völlig regungslos da und starrte vor sich auf den Boden, ohne durch irgendetwas zu erkennen zu geben, dass er überhaupt wahrnahm, was um ihn herum geschah. Als er schließlich doch noch reagierte, geschah dies auf völlig andere Art, als die meisten erwarten mochten. Seine Mundwinkel zogen sich in die Breite, und er begann, über das ganze Gesicht zu grinsen, als er zu Barkon aufblickte.
"Ihr seid wirklich unglaublich", stieß er lachend hervor. "Erst bezweifelt Ihr, dass es Kenran'Del überhaupt jemals gegeben hat, und äußert den Verdacht, ich hätte mir alles nur ausgedacht. Da Ihr mich jedoch nicht der Lüge bezichtigen wollt, nehmt Ihr diesen Vorwurf gleich darauf wieder zurück, nur um im gleichen Atemzug die Möglichkeit anzudeuten, ich wäre nicht mehr ganz richtig im Kopf. Jede dieser Attacken müsste mich kränken, und ich weiß nicht einmal, welche mich schwerer trifft, aber zugleich habt Ihr jedes Eurer Worte so sorgsam formuliert, dass Ihr bei strenger Betrachtung nicht den geringsten Verstoß gegen die Etikette begangen habt. Ein Geschick, das ich wahrlich bewundern muss. Aber auch all Euer rhetorisches Geschick wird nichts daran ändern, dass ich weiß, was ich erlebt habe. Und nicht nur ich. Auch der große Charalon erinnert sich in gleicher Form an alles. Er weiß von meinem Vorhaben, Kenran'Del aus seinem magischen Schlaf zu erwecken, denn ich habe vor meinem Aufbruch aus Cavillon mit ihm darüber gesprochen, und er hat es ausdrücklich gebilligt. Sonst hätte er auch kaum den Ssiraq zu Euren Königen geschickt, um uns aus höchster Not zu retten."
Die Spannung legte sich ein wenig. Maziroc hatte Barkon nicht nur seine Andeutungen und versteckten Unterstellungen verziehen und mit Humor auf seine Bemühungen reagiert. Mit der Erwähnung des ebenfalls hoch geachteten Charalon hatte er in diesem verbalen Duell sogar noch einen Punktsieg für sich verbuchen können. Wäre er kein Magier, dachte Miranya voll stiller Bewunderung für sein Geschick, hätte er sicherlich einen hervorragenden Diplomaten oder Politiker abgegeben.
"Ich wollte ganz sicher nicht Euren Verstand infrage stellen", verteidigte sich Barkon. "Wovon ich sprach ist ein ganz natürlicher Prozess. Wenn ich nur an meine Kindheit zurückdenke, und das ist immerhin erst ein paar Jahrzehnte her, keine Jahrhunderte, СКАЧАТЬ