Hans Fallada: Wer einmal aus dem Blechnapf frisst – Band 185e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski. Ханс Фаллада
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СКАЧАТЬ 3.4. und Ihre früheren Briefe erhalten hat. Herr Pause bedauert, Ihnen sagen zu müssen, dass z. Z. in seinen Büros keine Stellung für Sie frei ist, dass er aber auch, selbst wenn eine frei würde, sie aus sozialen Gesichtspunkten einem der vielen nicht vorbestraften Arbeitslosen geben müsste, die teilweise im tiefsten Elend leben. Was die weiter von Ihnen erbetene geldliche Unterstützung angeht, so bedauert Herr Pause, Sie auch in diesem Punkte abschlägig bescheiden zu müssen. Nach unseren Erkundigungen haben Sie während Ihrer Haftzeit eine nicht unbeträchtliche Summe für Arbeitsbelohnung verdient, die Sie direkt nach Ihrer Entlassung vor Entbehrungen schützen dürfte. Auch verweist Sie Herr Pause nachdrücklich auf die zahlreichen Fürsorgevereine, in deren Arbeitsgebiet Ihr Fall fällt und die sicher gerne etwas für Sie tun werden.

      Herr Pause lässt Sie nachdrücklichst ersuchen, weitere Zuschriften weder an ihn noch an seine Frau, Ihre Schwester, oder an Ihre Mutter zu richten. Die gehabten Aufregungen sind nur schwer und unvollkommen verwunden, ihre Wiederaufrührung würde nur schärferes Abrücken von Ihnen zur Folge haben. Herr Pause lässt Ihnen aber per Eilfracht einen Teil Ihrer Sachen zugehen, den Rest werden Sie erhalten, wenn Sie sich mindestens ein Jahr einwandfrei geführt haben. Den Kofferschlüssel fügen wir diesem Briefe bei.

      Indem wir Ihnen dieses mitteilen, verbleiben wir

      mit vorzüglicher Hochachtung

      Pause und Mahrholz

       ppa. Reinhold Stekens.“

      Der Maitag ist noch immer hell und strahlend, die Zelle ganz licht. Draußen ist Freistunde. Die Füße scharren und scharren.

      „Fünf Schritte Abstand! Abstand halten!“ ruft ein Wachtmeister. „Halten Sie den Mund, oder es gibt eine Anzeige!“

      Kufalt sitzt da, den Brief in der Hand. Er starrt vor sich hin.

      * * *

      Zweites Kapitel – Die Entlassung – 7

       Zweites Kapitel – Die Entlassung – 7

       Kufalt erinnert sich genau, wie das war, als Tilburg vor drei oder vier Jahren entlassen wurde. Tilburg war ein ganz gewöhnlicher Gefangener gewesen, er war nach keiner Richtung hin aufgefallen. Er war auch kein besonders schwerer Junge gewesen, hatte einen normalen Knast von zwei oder drei Jahren abgerissen. Was er während dieses Knasts erlebt und gedacht hatte, das konnte man ja nun nicht wissen. So was kann niemand im Kittchen wissen, nicht einmal der Betroffene.

      Also Tilburg wurde eines Tages entlassen. Nun machte er nicht das, was so Gefangene im allgemeinen machen, er besoff sich nicht und ging auch nicht mit Weibern los in der ersten Nacht, er suchte sich weder Arbeit noch Zimmer, Tilburg fuhr einfach nach Hamburg und kaufte sich einen Revolver.

      Dann fuhr er wieder zurück, besah sich den Bunker von außen und ging dann eine von den Straßen, die aus der Stadt hinausführen.

      Als er da nun ein Stück gegangen und aufs flache Land gekommen war, begegnete ihm ein Mann. Es war irgendein beliebiger Mann, Tilburg hatte ihn nie gesehen.

      Tilburg zog seinen Revolver und gab einen Schuss auf den Mann ab. Er traf den Mann in die Schulter, zerschmetterte den Schulterknochen, der Mann fiel um. Tilburg ging weiter.

      Dann begegnete er wieder einem Mann und auch auf den schoß er, diesmal traf er den Mann in den Bauch.

      Eine halbe Stunde später sah Tilburg Landjäger auf Rädern. Er sprang von der Chaussee, lief über Wiesen auf einen Hof. Er schoß ein paarmal und schrie, dass alle im Haus zu bleiben hätten. Dann verteidigte er den Hof gegen die Landjäger. Nun hatte er Gelegenheit, sich als das zu fühlen, als was er sich die letzten Jahre vielleicht ständig gefühlt hatte: als wildes, böses Tier. Oder die einzige Erklärung, die er in der Verhandlung später abgab: „Ich hatte so 'nen Rochus auf die Menschen.“

      Er schoß noch drei Landjäger um, bis sie ihn umschoßen. Aber er wurde dann wieder zurechtgeflickt, für die Verhandlung und für ein hübsches neues Ende Knast, das er nicht mehr aufbrauchen dürfte.

      ‚Eigentlich kann man Tilburg ganz gut verstehen’, sagt Kufalt über seinem Brief in der Zelle.

      Und etwas später: ‚O ich Idiot, den Brief hätte ich wahrhaftig im Glaskasten liegenlassen können! Was mach ich nun nur, wenn er vermisst wird?’

      * * *

       8

      „Sie sollen zur Abrechnung kommen, Kufalt“, ruft ein Wachtmeister in die Zelle.

      „Jawohl“, sagt Kufalt und steht langsam auf.

      „Nu mach schon voran, Mensch, ich hab' noch zwanzig Vorführungen.“

      „Der Wachtmeister ist ein Renntier“,sagt Kufalt.

      „Also, los, lauf schon runter zur Zentrale. Ich will nur...“

       Kufalt kommt wieder am Glaskasten vorbei. Hauptwachtmeister Rusch schaut hoch und glotzt ihn durch die Brille an. Er bewegt die Lippen, aber er ruft Kufalt nicht an.

      ‚Einen schönen Dreck hab' ich da gemacht. Der Koffer kommt und kein Schlüssel ist da. Ich hab' ihn in der Tasche, aber ich darf ihn nicht haben. Und ich darf nicht einmal wissen, dass einer kommt. Oh, ich bin ja so alle! Das neue Leben fängt gut an. Wenn ich nur meine Ruhe hätte in der Zelle, und dreißig Pensum Heringsbelli vor mir!’

      „O Mensch, o Manningmensch“, flüstert Batzke zu ihm auf der Zentrale. „Hast du den Hausvater gesehen? Geplatzt ist der über die Mottenlöcher!“

      „Kriegst du nun einen neuen Anzug?“

      „Klar, was denn! Heute Nachmittag gehe ich mit ihm in die Stadt einen kaufen. Die Fürsorge zahlt. Und mein alter wird kunstgestopft, den krieg' ich auch noch mit.“

      „Wieso ist er denn so weich geworden?“

      „Damit ich nichts ausquatsche von den Mottenlöchern. Die würden doch verrückt vorne, wenn sie hören, es sind Motten in der Kleiderkammer. Die würden ihm schon Kattun geben, dem roten Hund, dem!“ Batzke grinst: „Und Motten findet er doch nicht.“

      „Findet er nicht?“

      „Mensch, hast du geglaubt, das sind Motten? So blau! Motten aus der Flasche sind das!“

      „Motten aus der Flasche?“

      „Hast du denn nicht gesehen, wie ich dem Bastel den Tabak gegeben habe?! Wir haben das Ding zusammen gedreht. Ausgedacht hab ich's. Die Hose war schon beinahe durch und ich wollte doch in anständiger Kluft rauskommen. Da hat Bastel aus der Salzsäureflasche immer einen Tropfen auf den Anzug fallen lassen und die Ränder von den Löchern hat er mit dem Messer ein bisschen rau gemacht und etwas Spinneweb hat er drüber gerieben, ganz fein echt hat das ausgeschaut, da fliegt jeder drauf.“

      „Aber der Hausvater...“

      „Der doch grade! Der ist doch so ein Kamel, der kocht doch gleich über, wenn was schiefgeht. Das hab' ich mir doch alles genau berechnet. Bei Rusch hätte ich das nicht machen dürfen, der hätte die Lupe genommen und gedacht und gedacht, da hätt' ich Knast schieben dürfen für. Aber beim Hausvater...“

      „Wenn СКАЧАТЬ