Название: Fjodor Dostojewski: Hauptwerke
Автор: Fjodor Dostojewski
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754189153
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»Ja, ich ver-si-che-re es Ihnen!« erwiderte Iwan Fjodorowitsch, indem er den Fürsten lächelnd anblickte.
»Oh, ich sagte es ja nicht in dem Sinne, als ob ich ... als ob ich daran zweifelte ... und kann man denn etwa irgendwie daran zweifeln? (hehe!) Ich meine, auch nur im geringsten? (hehe!) Sondern ich sagte es deshalb, weil der verstorbene Nikolai Andrejewitsch Pawlischtschew ein so vortrefflicher Mensch war! Ein hochherziger Mensch, wahrhaftig, ich versichere es Ihnen!«
Der Fürst war nicht nur außer Atem, sondern »erstickte sozusagen an seinen schönen Empfindungen«, wie sich über ihn am andern Morgen Adelaida im Gespräch mit ihrem Bräutigam, dem Fürsten Schtsch., ausdrückte.
»Ach, mein Gott!« erwiderte Iwan Petrowitsch lachend; »warum sollte ich denn nicht sogar mit einem hoch-her-zi-gen Menschen verwandt sein können?«
»Ach, mein Gott!« rief der Fürst verlegen und hastig; er wurde immer lebhafter. »Ich ... ich habe wieder eine Dummheit gesagt; aber ... es ist eben nicht anders möglich, weil ich ... weil ich ... weil ich ... indes, das gehört wieder nicht hierher! Und was liegt auch jetzt an mir, sagen Sie selbst, gegenüber so hohen Bestrebungen ... gegenüber so erhabenen Bestrebungen! Und im Vergleich mit einem so hochherzigen Menschen ... denn, weiß Gott, er war ein hochherziger Mensch, nicht wahr? Nicht wahr?«
Der Fürst zitterte am ganzen Leib. Warum er sich auf einmal so aufregte, warum er ohne äußeren Anlaß in eine solche Rührung und in ein solches Entzücken hineingeriet, die anscheinend gar nicht im richtigen Verhältnis zu dem Gegenstand des Gesprächs standen, das wäre schwer zu sagen. Er war nun einmal in solcher Stimmung und empfand sogar in diesem Augenblick beinah gegen irgend jemand und für irgend etwas die heißeste, innigste Dankbarkeit, vielleicht sogar gegen Iwan Petrowitsch und beinah auch gegen alle Gäste zusammengenommen. Er war nun einmal gar zu glücklich. Iwan Petrowitsch begann ihn schließlich weit genauer zu betrachten als vorher; auch der Würdenträger musterte ihn sehr genau. Die alte Bjelokonskaja richtete einen zornigen Blick auf den Fürsten und preßte die Lippen aufeinander. Fürst N., Jewgeni Pawlowitsch, Fürst Schtsch. und die jungen Mädchen unterbrachen sämtlich ihre Gespräche und hörten zu. Aglaja schien erschrocken zu sein, Lisaweta Prokofjewna es geradezu mit der Angst zu bekommen. Das Verhalten der Jepantschinschen Damen, der Mutter und der Töchter, war recht sonderbar: sie waren selbst der Ansicht gewesen, es sei am besten, wenn der Fürst den Abend über schweigend dasitze, und hatten ihm dies auch anempfohlen; aber sowie sie gesehen hatten, daß er völlig vereinsamt und mit seinem Schicksal ganz zufrieden in einer Ecke saß, waren sie auch sofort in Aufregung geraten. Alexandra hatte vorgehabt, zu ihm hinzugehen und ihn vorsichtig, quer durch das ganze Zimmer zur Gesellschaft heranzuholen, das heißt genauer zum Fürsten N., der neben der alten Bjelokonskaja saß. Und kaum hatte der Fürst von selbst zu reden angefangen, als sie sich noch mehr beunruhigten.
»Daß er ein vortrefflicher Mensch war, darin haben Sie recht«, sagte Iwan Petrowitsch mit Nachdruck und nunmehr ohne zu lächeln; »ja, ja, er war ein prächtiger Mensch! Ein prächtiger, wertvoller Mensch!« fügte er nach einem kurzen Stillschweigen hinzu. »Man kann sagen, ein höchst achtungswerter Mensch«, fuhr er nach einer neuen Pause mit noch größerem Nachdruck fort, »und ... und es ist eine Freude, zu sehen, daß Sie Ihrerseits ...«
»Hatte dieser Pawlischtschew nicht so eine Affäre ... eine sonderbare Affäre ... mit einem Abbé ... mit einem Abbé ... ich habe vergessen, mit was für einem Abbé; aber es sprachen damals alle davon«, sagte der Würdenträger, indem er in seinem Gedächtnis nachsuchte.
»Mit dem Abbé Gouraud, einem Jesuiten«, kam ihm Iwan Petrowitsch zu Hilfe. »Ja, so geht es mit unsern vortrefflichsten, würdigsten Männern! Denn er war doch von guter Familie, besaß Vermögen, hatte den Rang eines Kammerherrn, und wenn er ... im Dienst geblieben wäre ... Und da ließ er nun Dienst und alles im Stich, um zum Katholizismus überzutreten und Jesuit zu werden, und noch dazu beinah ganz offen, mit einer Art von Begeisterung. Wirklich, er ist gerade zur rechten Zeit gestorben ... ja; das wurde damals allgemein gesagt.«
Der Fürst war außer sich.
»Pawlischtschew ... Pawlischtschew wäre zum Katholizismus übergetreten? Das ist unmöglich!« rief er erschrocken.
»Nun, nun, ›unmöglich‹!« lispelte Iwan Petrowitsch gelassen. »Das ist denn doch zu viel gesagt, mein lieber Fürst, das müssen Sie selbst zugeben ... Übrigens, Sie schätzen den Verstorbenen so außerordentlich hoch ... und er war auch wirklich der beste Mensch, und gerade diesem Umstand schreibe ich es in der Hauptsache zu, daß dieser Gauner Gouraud mit seinen Bemühungen Erfolg hatte. Aber ich könnte Ihnen ein Lied davon singen, wieviel Mühe und Schererei ich damals von dieser Geschichte gehabt habe ... und besonders mit eben diesem Gouraud! Stellen Sie sich vor«, wandte er sich plötzlich zu dem Würdenträger, »sie wollten sogar Ansprüche auf die Hinterlassenschaft erheben, und ich mußte damals sogar zu den allerenergischsten Maßregeln greifen ... um sie zur Räson zu bringen ... denn auf solche Dinge verstehen sie sich meisterhaft! Geradezu mei-ster-haft! Aber die Geschichte spielte, Gott sei Dank, in Moskau, so daß ich mich gleich an den Grafen wenden konnte, und da haben wir sie ... zur Räson gebracht ...«
»Sie glauben nicht, was Sie mir für eine schmerzliche Überraschung bereitet haben!« rief der Fürst wieder.
»Das tut mir leid; aber im Grund sind das alles, strenggenommen, harmlose Dinge, die auch einen harmlosen Ausgang genommen hätten, wie immer; davon bin ich überzeugt. Im vorigen Sommer«, wandte er sich wieder an den Würdenträger, »ist die Gräfin K., wie man sagt, ebenfalls im Ausland in ein katholisches Kloster getreten; unsere Landsleute haben eben keine Widerstandskraft, wenn sie sich einmal mit diesen ... geriebenen Kunden einlassen ... namentlich im Ausland.«
»Ich meine, das ist alles eine Folge unserer ... Schlaffheit«, murmelte unter Kaubewegungen der Alte im Ton der Überlegenheit. »Na ja, sie haben so eine eigene Manier zu predigen ..., eine elegante Manier ..., und verstehen, die Leute einzuschüchtern. Auch mich haben sie, als ich einunddreißig Jahre alt war, in Wien eingeschüchtert, kann ich Ihnen versichern; nur ergab ich mich ihnen nicht, sondern lief vor ihnen davon, haha! Ich bin wirklich vor ihnen davongelaufen.«
»Ich habe gehört, Väterchen, daß Sie damals mit der schönen Gräfin Lewizkaja von Wien nach Paris durchgingen und Ihren Posten verließen, und nicht vor einem Jesuiten flohen«, bemerkte die alte Bjelokonskaja.
»Na, eigentlich doch vor einem Jesuiten; es kommt doch so heraus, daß ich vor einem Jesuiten floh!« erwiderte der Alte, bei der angenehmen Erinnerung lächelnd. »Sie sind, wie es scheint, sehr religiös, was man jetzt bei einem jungen Menschen so selten an trifft«, wandte er sich freundlich an den Fürsten Ljow Nikolajewitsch, der mit offenem Mund zuhörte und immer noch ganz überrascht war; der Alte wünschte offenbar, den Fürsten näher kennenzulernen; dieser begann ihn aus gewissen Gründen sehr zu interessieren.
»Pawlischtschew war ein heller Geist und ein Christ, ein wahrer Christ«, sagte der Fürst plötzlich; »wie konnte er nur einen unchristlichen Glauben annehmen? Der Katholizismus ist geradezu СКАЧАТЬ