Seine Exzellenz Eugene Rougon. Emile Zola
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Название: Seine Exzellenz Eugene Rougon

Автор: Emile Zola

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Die Rougon-Macquart

isbn: 9783754188460

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СКАЧАТЬ der den Blick nicht von ihnen wandte, schloß heftig seinen Malkasten.

      »Ich gehe weg«, sagte er.

      Aber Clorinde eilte auf ihn zu, holte ihn zurück, schwor, sie werde ihm gleich wieder Modell stehen. Sie mußte sich wohl davor fürchten, mit Rougon allein zu bleiben. Und als Luigi nachgab, versuchte sie Zeit zu gewinnen.

      »Sie werden mich doch etwas essen lassen. Ich habe solchen Hunger! Ach, nur zwei Bissen.«

      Sie öffnete die Tür und rief: »Antonia! Antonia!«

      Und sie erteilte auf italienisch eine Anordnung. Kaum hatte sie sich wieder auf die Tischkante gesetzt, als Antonia eintrat, auf jeder Hand ein Butterbrot. Die Dienerin hielt sie ihr hin wie auf einem Tablett, mit dem ihr eigenen Lachen einer albernen Person, die man gerade kitzelt, einem Lachen, das ihren roten Mund in dem dunklen Gesicht aufriß. Dann ging sie, die Hände an ihrem Rock abwischend, hinaus. Clorinde rief sie zurück, um ein Glas Wasser zu verlangen.

      »Wollen Sie mithalten?« fragte sie Rougon. »Butter ist etwas sehr Gutes. Manchmal streue ich Zucker darauf. Aber man darf nicht immer ein Leckermaul sein.«

      Das war sie in der Tat nicht. Rougon hatte sie eines Morgens beim Frühstück überrascht, als sie im Begriff war, ein Stück kalten Eierkuchen vom Tage zuvor zu essen. Er verdächtigte sie des Geizes, eines italienischen Lasters.

      »Drei Minuten, nicht wahr, Luigi?« rief sie, während sie in die erste Schnitte biß.

      Und sich wieder Rougon zuwendend, der immer noch vor ihr stand, fragte sie: »Nun, was hat zum Beispiel Herr Kahn für eine Geschichte, wieso ist er Abgeordneter?«

      In der Hoffnung, ihr irgendeine unfreiwillige Eröffnung abzunötigen, ließ Rougon bereitwillig dieses neue Verhör über sich ergehen.

      Er wußte, daß sie sehr neugierig auf das Leben eines jeden war, die Ohren nach allen unvorsichtigen Äußerungen spitzte, unaufhörlich auf der Lauer lag nach den verwickelten Intrigen, von denen sie ständig umgeben war. Hochgestellte Leute interessierten sie besonders.

      »Oh!« erwiderte er lachend, »Kahn ist als Abgeordneter geboren. Er muß bereits seine Zähne auf den Bänken des Abgeordnetenhauses bekommen haben. Unter LouisPhilippe saß er schon im rechten Flügel des Zentrums und unterstützte mit jugendlicher Leidenschaft die konstitutionelle Monarchie. Nach achtundvierzig ist er zum linken Flügel übergegangen, übrigens nach wie vor sehr leidenschaftlich; er hat in erhabenem Stil ein republikanisches Glaubensbekenntnis verfaßt. Jetzt ist er wieder zum rechten Flügel zurückgekehrt und verteidigt leidenschaftlich das Kaiserreich ... Außerdem ist er Sohn eines jüdischen Bankiers aus Bordeaux, steht einem Hochofenwerk bei Bressuire vor, hat sich zum Spezialisten für finanzielle und industrielle Fragen ausgebildet, lebt in Erwartung des Vermögens, das er eines Tages erwerben wird, recht mittelmäßig, wurde am letzten 15. August zum Offizier der Ehrenlegion befördert ...«

      Und Rougon richtete den Blick ins Leere und überlegte.

      »Ich habe, glaube ich, nichts vergessen ... Nein, Kinder hat er nicht ...«

      »Wie? Er ist verheiratet?« rief Clorinde aus.

      Sie deutete durch eine Handbewegung an, daß Herr Kahn sie nicht weiter interessiere. Das sei ein Duckmäuser; niemals habe er seine Frau vorgeführt. Darauf erklärte ihr Rougon, daß Frau Kahn sehr zurückgezogen in Paris lebe. Und dann begann er, ohne eine Frage abzuwarten, von neuem: »Wünschen Sie jetzt den Lebenslauf Béjuins?«

      »Nein, nein«, sagte das junge Mädchen.

      Aber er fuhr dennoch fort: »Er ist aus der Ecole polytechnique30 hervorgegangen. Er hat Broschüren geschrieben, die kein Mensch gelesen hat. Er leitet die Kristallfabrik in SaintFlorent, drei Meilen von Bourges ... Entdeckt hat ihn der Präfekt31 des Departements Cher ...«

      »Hören Sie doch auf!« schrie sie.

      »Ein würdiger Mann, der richtig wählt, niemals redet, sehr geduldig wartet, bis man an ihn denkt, immer da ist und einen ansieht, damit man ihn nicht vergißt ... Ich habe ihn zum Ritter der Ehrenlegion ernennen lassen ...«

      Sie mußte ihm den Mund zuhalten; ärgerlich geworden, sagte sie: »Ach, der ist auch verheiratet! Er ist langweilig ... Ich habe bei Ihnen seine Frau gesehen, ein Trampel! Sie hat mich aufgefordert, ihre Kristallfabrik bei Bourges zu besichtigen.«

      Sie steckte den Rest ihrer ersten Brotschnitte mit einmal in den Mund. Dann trank sie einen großen Schluck Wasser. Ihre Beine hingen von der Tischkante herunter, und ein wenig zusammengesunken, den Hals zurückgebogen, baumelte sie mit ihnen in einer mechanischen Bewegung, deren Rhythmus Rougon genau verfolgte. Bei jedem Hin und Herschlenkern schwollen die Waden unter der Gaze an.

      »Und Herr Du Poizat?« fragte sie nach einer Pause.

      »Du Poizat war Unterpräfekt«, antwortete er nur.

      Erstaunt über die Kürze der Geschichte, sah sie ihn an. »Ich weiß wohl«, sagte sie. »Was weiter?«

      »Weiter wird er später Präfekt werden, und dann wird er das Kreuz der Ehrenlegion erhalten.«

      Sie begriff, daß er nicht mehr darüber sagen wollte. Außerdem hatte sie den Namen Du Poizat beiläufig hingeworfen. Jetzt zählte sie die Herren an den Fingern her. Beim Daumen beginnend, murmelte sie: »Herr d'Escorailles: der ist nicht ernst zu nehmen, er liebt alle Frauen ... Herr La Rouquette: überflüssig, den kenne ich zu gut ... Herr de Combelot: noch ein Verheirateter ...«

      Und als sie beim Ringfinger haltmachte, da ihr niemand mehr einfiel, sah Herr Rougon sie fest an und sagte: »Sie vergessen Delestang.«

      »Da haben Sie recht!« rief sie. »Erzählen Sie mir also von dem?«

      »Das ist ein schöner Mann«, erklärte er, ohne sie aus den Augen zu lassen. »Er ist sehr reich. Ich habe ihm stets eine große Zukunft prophezeit.«

      In dieser Tonart fuhr er fort, übertrieb die Lobsprüche, verdoppelte die Summen. Das Mustergut La Chamade sei zwei Millionen wert. Delestang werde bestimmt eines Tages Minister. Aber Clorinde behielt einen geringschätzigen Zug um den Mund.

      »Er ist sehr dumm«, murmelte sie schließlich.

      »Sieh da!« sagte Rougon mit einem verschlagenen Lächeln. Er schien von dem Ausspruch, den sie sich hatte entschlüpfen lassen, entzückt zu sein.

      Dann stellte sie mit einem jener jähen Sprünge, an die er schon gewöhnt war, eine neue Frage, wobei sie ihn nun ihrerseits fest ansah.

      »Herrn de Marsy kennen Sie ja wohl sehr genau?«

      »Ja, ja, wir kennen einander«, bestätigte er, ohne mit der Wimper zu zucken, als ergötze ihn das, was sie ihn da fragte, noch mehr.

      Doch er wurde wieder ernst. Er wurde sehr würdevoll, sehr gerecht.

      »Das ist ein Mann von ungewöhnlichem Verstand«, behauptete er. »Ich rechne es mir zur Ehre an, ihn zum Feind zu haben ... Er hat sich mit allem befaßt. Mit achtundzwanzig Jahren war er Oberst. Später begegnete man ihm als Leiter einer großen Fabrik. Dann hat er sich nacheinander mit Landwirtschaft, Finanzen und Handel beschäftigt. Man behauptet sogar, er habe Porträts gemalt und Romane geschrieben.«

      Clorinde vergaß zu essen; sie war ins Träumen geraten.

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