3000 Plattenkritiken. Matthias Wagner
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Название: 3000 Plattenkritiken

Автор: Matthias Wagner

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

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isbn: 9783741869433

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СКАЧАТЬ Donald Fagen und Walter Becker sich eine bewundernswerte Resistenz gegen die Verführungskraft der Überproduktion bewahrt, obwohl ihre Musik höchst bedroht davon scheint; doch wären Sound und Aufbau nicht so reduziert, sie würden schnell ersticken an sich selber. So bleibt nur Bewunderung – für ein brillantes Album, das beim ersten Hören steril wirkt, doch rasch eine urbane Wärme verströmt. Und tief in der transparenten Textur entdecken wir genau jene verschmitzte Intelligenz, die wir seit 1980 vermisst haben. Hoffentlich steigert das Duo künftig seine Frequenz.

      Stephen Gately

      „New Beginning” (2000)

      Das Fatale an Boygroups: dass die Jungs nicht ewig Jungs bleiben. Ja, sie werden, wenn alles gut geht, Männer! Und plötzlich keimen böse Gedanken von Eigenständigkeit und Selbstverwirklichung. Sagen wir’s, wie es ist: Sie denken über Soloalben nach. Selten tritt einem der Wahrheitsgehalt des weisen Sprichworts „Ein Unglück kommt selten allein“ so klar ins Bewusstsein wie in jener Sekunde, wenn es heißt, eine Boygroup habe sich aufgelöst. Stephen Gately jedenfalls war bei der irischen Teenieband Boyzone, jetzt hat er ein Soloalbum, und das ist letztlich auch besser so, denn Stephen ist als schwul geoutet, was Mädchenfans immer bitter finden. Sein Pop setzt natürlich da an, wo Boyzone aufhören. Und ob das Erfolg haben wird, das weiß nur Gary Barlow.

      Submarine

      „Skin Diving” (2000)

      Der zwischen TripHop und Dancepop hin und her eilende Sound von Submarine flöht gern die Mottenkiste des Broadway. Gar nicht ungeschickt flechten sie Samples von Perry Como oder Hammerstein ein, bedienen sich aber auch mal bei Chet Baker oder sogar Jules Massenet. Doch nicht wegen ihres Zitierdrangs lohnt sich das Hinhören, sondern wegen ihrer süßen Songs, in denen eine Kätzchenstimme oftmals im Kontrast steht zu kräftig pochendem Beat. Und mit „Evergreen“ definieren sie souverän den Schlager des 21. Jahrhunderts: Eine hymnische Melodie wird von einem elektronischen Simpelriff an der Himmelfahrt gehindert. Nur wenn das Korrektiv fehlt, planschen sie sofort in seichter Brühe – wie der Song „Girl who fell to Earth“ schmerzlich beweist.

      Tab Two

      „… zzzipp!” (2000)

      Joo Krauss’ endlos gehaltener Trompetenton auf „Get rid“ ist live im Wortsinn atemberaubend, aber auf dem Livealbum dann doch kein Faszinosum. Eine der wenigen Schwächen der Doppel-CD „… zzzipp!“ von Tab Two, die gut widerspiegelt, wie der bisweilen kühle Studiosound von Hellmut Hattler (b) und Krauss (tr, synth) auf der Bühne schwer ins Brodeln gerät. Der geschulte, über mehr als zwei Dekaden frisch gebliebene Bassgroove Hattlers und die jungenhafte Verve von Krauss, der rappt und an Keyboardknöpfen dreht wie ein aufgedrehter Kobold, versorgen diesen Hipjazz unablässig mit Energie. Absolut partytauglich.

      Terry Lee Hale

      „The blue Room” (2000)

      Er kommt aus Seattle und hat die Welt gesehen, jede Bühne schon betreten, keine Kaschemme ausgelassen, in jeder Besetzung gespielt – aber sich auf seinen Alben bisher noch nie beschränkt auf sich selber. Erst hier, auf „The blue Room“, wagt Hale die totale Reduktion: nur er plus Gitarre, sonst nichts. Natürlich noch seine Texte, seine Melodien. Intimer geht es kaum als hier im blauen Raum, wenn der Songwriter einer verlorenen Liebe nachtrauert, dann merkt, wie ihn die Trennung abgehärtet hat („ … bullet proof from lies …“) und am Ende singt: „Ok, ich vergesse diese Sache/und dich.“ Musik zur Gitarre, die kaum mehr als drei Griffe braucht, um tausend Gefühlen auf den Grund zu gehen.

      The Bates

      „2nd Skin” (2000)

      Die Bates neigen stets zur Klarheit. Ihre Alben heißen „Punk!“, „Right here, right now“ oder eben „2nd Skin“. What you read is what you get: diesmal eben Coverversionen. Unantastbares wie „Nights in white Satin“ und „Helter Skelter“ also in den Händen hessischer Punks? Doch keine Angst: Die Bates haben Respekt; sie lieben diese Songs. Sie veranstalten damit kein Pogogrillfest, sondern überführen sie respektvoll, aber hochenergetisch in ein anderes Idiom. Das meiste Unantastbare ist ja auch wegen Übersättigung unanhörbar geworden. Dieser Zugriff macht Songs wieder verfügbar, die längst zum Popkanon gehören – neuer Spaß mit ollen Kamellen. Sitzt den Bates gut, diese zweite Haut. Und den Songs auch.

      The Brian Setzer Orchestra

      „Vavoom” (2000)

      Seit Jahren strebt Brian Setzer nach der perfekten Symbiose aus Glenn Miller, Elvis und George Thorogood – jetzt hat er sie. Mit seinem fulminanten Orchester packt der Bandleader und Supergitarrist die Jugend von heute an den Hüften, wirbelt sie herum mit seinem Big-Band-Swingabilly, bis nicht nur auf der Bühne der Schweiß ausbricht. Seine Musik – zumeist Klassiker wie „In the Mood“ oder „Mack the Knife“ – ist so alt wie die Popgeschichte und so jung wie ein Sound sein muss, der auch Millenniumsteenagern in die Glieder fahren will. Gut, der große Swinghype ist vorbei. Aber dieses Flair, diese Power, diese machtvolle Lebenslust jenseits der Masche: All das wird immer bleiben.

      The Corrs

      „In Blue” (2000)

      Den Corrs kann niemand böse sein. Dazu sind sie zu hübsch (ja: sogar das Brüderchen), dazu juchzen sie zu entzückend Verse wie „Leave me breathless“, und dazu ist ihr Folkpop zu harmlos und sonnig. Diesmal sprudeln ihre Songs schier über vor Freude am reinen Pop. Der irische Anteil ging weiter zurück, stattdessen zirpt im Hintergrund die Elektronik. Manchmal klingen die Corrs gar so allgemeingültig wie Abba zu ihren besten Zeiten oder wie Fleetwood Mac aus der „Rumours“-Ära. Ein irisches Quartett auf dem Weg zum Megapop? Kann gut sein. Und hübscher als alle Abbas sind sie sowieso. Sogar das Brüderchen-

      The Delgados

      „The great Eastern” (2000)

      Elf Zeilen lang werden im Booklet alle Instrumente auf die Musiker verteilt; es sind mehr als Mike Oldfield einst für „Tubular Bells“ ge- und verbraucht hat (übrigens sind hier ebenfalls Tubular Bells dabei). Die Delgados sind halt in Glasgow zu Hause und nicht in Sparta – was nicht heißen soll, dass sie instrumentales l’art pour l’art betreiben. Doch um einen wallenden fliegenden Teppich zu weben, braucht es viele Fäden, viele Farben – so viele, dass ein Genre einem kaum noch einfallen will. Das hier ist „Musik“, so vielfältig, wie sie nur sein kann, wenn man Bläser, Streicher, Tasten, Saiten und Samples einem ästhetischen Willen unterwirft, der wenig mit Pop, aber viel mit Kunst und Sinnlichkeit zu tun hat. „The great Eastern“ wälzt sich dahin in schillernder Pracht. Die Wiedergeburt des Artpop.

      The Handsome Family

      „In the Air” (2000)

      Zwar hat die Alt.Country-Band um das Ehepaar Brett und Rennie Sparks dieses Album am heimischen Macintosh G3 aufgenommen, versucht ansonsten aber, Nashville mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen. Wir hören gefiedelte, gezupfte Walzer, wir hören Johnny-Cash-Bässe – doch der äußere Schein trügt. In den Songs geht es nicht um Truckertragik oder die Schönheit des Westens, sondern um die Angst, Brücken zu überqueren, und um junge Männer, die Einflüsterungen des Meeres nachgeben und sich ertränken. 16 Horsepower, aber mit den Mitteln des Tages, nicht der Nacht. Dennoch wünscht man СКАЧАТЬ