3000 Plattenkritiken. Matthias Wagner
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу 3000 Plattenkritiken - Matthias Wagner страница 55

Название: 3000 Plattenkritiken

Автор: Matthias Wagner

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

Серия:

isbn: 9783741869433

isbn:

СКАЧАТЬ eines John Williams haben sie nichts zu tun; in dramatischen Momente halten ihre Orchester stattdessen den Atem an.

      Chaser

      „Game on!” (1999)

      Der Albumtitel des schottischen Duos klingt wie eine Parole – für die Fortsetzung des Techno mit anderen Mitteln. Zwischen Daunendeckenlounge mit Jazzflair und schläfrigem House, der selbstvergessen vor sich hin tuckert, bewegt sich ihr Klangspektrum – als seien die Clubs nunmehr verwunschene Orte, wo die Zeit stillsteht und die Leiber sich träumerisch drehen und nicht in Ekstase. Diese Musik wird angetrieben von der Suche nach einem neuen Sinn im puren Sound, nach klanglicher Substanz, wo bislang reine Oberfläche herrschte. Sie führt weg von den biologischen Automaten unter dem Diktat des 4/4-Zuckens und postuliert hinhörende Geistwesen, die AUCH einen Körper haben. Das Spiel geht weiter.

      Chris Rea

      „Road to Hell – Part II” (1999)

      1989 räumte Chris Rea mit „Road to Hell“ mächtig ab. „Part II“ ist nicht nur thematisch (es geht wieder um Autos und ihre Bedeutung) ähnlich; Rea möchte natürlich den Erfolg wiederholen, auf zeitgemäße Weise. Also wird der Sound generalüberholt: Seiner Raspelstimme und unverkennbaren Slide gesellen sich Raps, Samples und pumpende Beatloops zur Seite. Doch meint man dem britischen Kuschelbären anzumerken, dass es Umgebungen gibt, in den er sich wohler fühlt. Nachdem er schon sein 98er-Album „The Blue Café“ mit Blick auf den Musikgeschmack seiner Töchter eingespielt hatte, dürfte die Mrs.-Rea-Riege diesmal sehr zufrieden sein. Nur die 40-Jährige Oberstudienrätin, die einst lächelnd in den „Shamrock Diaries“ blätterte, wird vielleicht doch lieber die neue Clapton kaufen.

      Chris Zippel

      „Genuine – Nu Ambient Grooves 2” (1999)

      Der Titel des ersten Stücks lässt Furchtbares ahnen. Er lautet „Wo ewig meine Seufzer wallen“, führt aber auf die falsche Fährte. Denn Chris Zippel schafft voluminöse, dennoch klar zu durchschauende Ambientscapes voller tuckernder Beats, die ungestört bleiben von Texten, wie sie Stücke haben könnten, die „Wo ewig meine Seufzer wallen“ heißen. Nur einige Dialogsamples aus trashigen Science-Fiction-Filmen hallen durch die Weite, und Zippel allein weiß, warum er manch packende Soundidee schon nach wenigen Minuten wieder auslaufen lässt. 16 Stücke in 74 Minuten! Warum nicht die vier besten in epischer Breite mit sukzessive hypnotischer Wirkung, wie es nun mal zum guten Ton gehört in Ambientkreisen? Lass Dir mehr Zeit, Chris. Wir nehmen sie uns dann auch, versprochen.

      Chuck E. Weiss

      „Extremely cool” (1999)

      „Er singt“, krächzt Tom Waits, „als sei der Teufel hinter ihm her.“ Weil Waits mit dolvhrn Situationen sehr vertraut ist, übernahm er auch gleich einen Teil der Gitarrenarbeit und die Produktion für seinen Langzeitkompagnon. Durchaus zum Schaden des Betreuten. Denn Weiss’ schmutziges Blues- und Swampalbum ist ein Beispiel dafür, wie spurlos das eigene Gesicht hinter der Mimese verschwinden kann. Dass Tom Waits dies sogar förderte, muss mit Eitelkeit zu tun haben: Er hat sich sein Ebenbild geklont. Da Tom aber mindestens tausend Flaschen Bourbon Vorsprung hat, wird Weiss doch nicht ganz zu Waits. Fazit: Für Menschen mit Pop- und Rockamnesie wahrscheinlich eine gute Platte.

      Collective Soul

      „Dosage” (1999)

      So schnell kann’s gehen. Eben noch die ewige Collegecombo aus Georgia, erlebt das Quintett mit „Dosage“ nun eine schier explosive Horizonterweiterung. Ihr klassischer US-Rock entdeckt den Glam und die 70er – und integriert das, ohne sich dem Verdacht der Trendhopperei auszusetzen. Songs wie „Slow“ oder „Generate“ erinnern mit epischen Streichern und perfekt gesetzten Synthesizern an die besten Zeiten von ELO & Co. Dass die durchweg großartigen Kompositionen dennoch nicht den Mief von gestern ausdünsten, liegt am modern angegroovten Rhythmusfundament. Und endlich stimmt auch an der Produktion mal alles – dank Ed Roland.

      Crosby, Stills, Nash & Young

      „Looking forward” (1999)

      Der Titel: ein Witz! So konsequent hat selten eine Combo zurückgelinst in Zeiten, als man sich noch schlug und vertrug, ehe man sich trennte für immer, wie es schien – zu sehr Katz und Hund waren Stills und Young. Doch nichts währt für immer, nicht einmal Feindschaft. Dieses Reunionalbum auch nicht. Die Songs klingen, als hätten die vier das jeweils Durchschnittlichste ihres Soloschaffens zusammengetragen. Vom gitarristischen Biss der frühen Jahre, von der quecksilbrigen Eleganz des Harmoniegesangs: nichts zu spüren. Ein enttäuschendes Album, meist poppigweich bis zur Seichtheit. Dafür hätten sie nicht reunieren müssen.

      Damo Suzuki Band

      „P.R.O.M.I.S.E.” (1999)

      Uff. Sieben Live-CDs in einer Box muss man erst mal durchstehen. Ja, wie fühlt man sich danach – gerädert? Nein. Aber der Boden scheint zu schwanken, man hat einen eierigen Gang. Der japanische Sänger Damo Suzuki, einst bei der Krautlegende Can aktiv, führte später diverse eigene Projekte durch alle deutschen Uniaulen. Chronologisch sortiert, dürfen wir noch einmal mitreisen bei den Trips der Damo Suzuki Band. Die Box ist voller ausufernder, im Schnitt viertelstündiger Groovetrips, die manchmal im Nirvana enden, sich aber oft auch zu später Psychedelia oder frühem Trance aufschwingen. Suzuki gleicht vokale Defizite mit dem Willen zur Ekstase aus, und die Rhythmusmaschine seiner Band trägt ihn federnd über die gröbsten Hindernisse. Eine Schatzkiste für Fans – punktgenau plaziert zum Can-Revival.

      Das Zeichen

      „Church o.e.o.” (1999)

      Der Gitarrist Dirk Schlömer stieß zu Ton, Steine, Scherben, als alle Barrikaden bestiegen waren, nämlich in den 80ern. Politisch scheint er wenig mitgenommen zu haben vom dialektischen Materialismus der Agitrocker, denn sein neues Projekt Das Zeichen watet tief im Esoterikmatsch – es geht um Babylon und die Heiligkeit des Mondes. Nicht, dass wir den grobschlächtigen Agitrock von einst gern wiederhätten. Aber diese radikale Abkehr von allem, was mal wichtig war, stimmt doch traurig. Ist es Besinnlichkeit im Angesicht der Zeitenwende? Zuviel Frust beim vergeblichen Kampf? Das Album „Church o.e.o“ (o.e.o. = „everyone“) dürfte Altlinke schwer verstören. Falls sie nicht längst selbst auf Schlömers Trip sind.

      David Olney

      „Through a Glass darkly” (1999)

      Kein Songwriter aus Texas lässt es sich seit Townes Van Zandts Tod nehmen, dem Hochverehrten noch eine Coverhommage nachzurufen – wieso sollte ausgerechnet der graumelierte Weggefährte Olney damit auffhören? Van Zandts „Snowin on Raton“ interpretiert er devot, und wäre er vokal nicht so kraftvoll, es bestünde auch auf dem Rest des Albums Verwechslungsgefahr. David Olney achtet darauf, in Sound und Vortrag sorgsam ungehobelte Songs abzuliefern; manchmal, wie in „The Colorado Kid“ haben sie sogar richtig Schräglage. Texas verpflichtet eben – vor allem zur Abgrenzung gegenüber Nashville/Tennessee.

      David Sylvian

      „Approaching Silence” (1999)

      David СКАЧАТЬ