Später Besuch. Thomas Hölscher
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Название: Später Besuch

Автор: Thomas Hölscher

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783750218970

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СКАЧАТЬ explodierte: Natürlich war Hehner schwul, und ebenso natürlich hatte er aus diesem Grund nichts gegen den jungen Mann unternommen! Obschon später selbstverständlich auch gegen den Jungen vorgegangen wurde und eine Untersuchung sehr schnell ergeben hatte, dass er auf keinen Fall für das Scheitern der Aktion gesorgt haben konnte, war Hauptkommissar Hehner ebenso schnell klar geworden, dass er in seiner alten Dienststelle kein Bein mehr an den Boden bekommen würde. Er hatte Ende 1984 um seine Versetzung gebeten.

      Es konnte letztlich nie geklärt werden, wer dafür gesorgt hatte, dass der Rauschgifttransport aus Spanien gewarnt worden war. Nur dass es eine undichte Stelle gegeben haben musste, daran hatte nie ein Zweifel bestehen können. Der Drahtzieher, Dr.Keller, war ebenso verschwunden gewesen wie die 400 Kilogramm Haschisch. Die anschließend erfolgten zahlreichen Durchsuchungen von Häusern und Wohnungen angeblicher oder wirklicher Händler waren ein völliger Misserfolg gewesen. Zum Teil waren sie von der Presse sogar als mehr oder weniger schikanöse Racheaktion der Polizei beurteilt worden.

      Die Vollstreckung eines Haftbefehls hatte dann zu allem Überfluss auch noch einen Toten gebracht: Ein Fahrer der Firma Brenner war bei seiner versuchten Festnahme in Notwehr erschossen worden.

      Es war also alles andere als erstaunlich, dass dieser Fall einem so korrekten Beamten wie Bremminger auch nach über fünf Jahren immer noch schwer im Magen lag.

      6

      "Wenn ich mal davon ausgehe - was mir wirklich mehr als schwer fällt -, dass du in irgendeiner Weise diesen Ablauf tatsächlich inszeniert hast, dann verstehe ich eine Sache immer noch nicht." Bremmingers Stimme klang müde. "Warum das alles? Warum?“

      "Weil mich eure ganze Rauschgiftsache überhaupt nicht interessiert hat", sagte Börner schnell. "Ihr ward doch auf einmal alle ganz heiß darauf, an dem großen Fang teilzunehmen, ihr habt wahrscheinlich schon die riesigen Schlagzeilen vor Augen gehabt: Gelsenkirchener Kripo zerschlägt großen Rauschgiftring oder so was. Und dabei habt ihr ganz einfach eure eigentlichen Pflichten vergessen."

      Bremminger wurde bleich. "Welche Pflichten haben wir vergessen?"

      "Einen Mord aufzuklären."

      Nun war es um Bremmingers Fassung geschehen. Obschon es längst nach Mitternacht war, schrie er plötzlich los: "Jetzt reicht es, Börner! Du bist wirklich der Letzte, von dem ich mir das vorwerfen lasse! Ist dir eigentlich auch nur ansatzweise bewusst, was du angerichtet hast? Da arbeiten Kollegen monatelang, um einen solchen Ring von Rauschgifthändlern zu überführen." Börner schien Bremmingers Temperamentsausbruch nicht sonderlich zu interessieren, und plötzlich hielt es Bremminger nicht mehr auf seinem Platz. "Weißt du eigentlich, wieviel Arbeit das bedeutet? Wieviel Überstunden von Kollegen, die ihnen kein Mensch bezahlt? Da wird das BKA eingeschaltet, die Behörden in Spanien und Frankreich müssen informiert werden, Haftbefehle und Hausdurchsuchungen müssen bei verschiedenen Staatsanwaltschaften beantragt und genehmigt werden. Und dann kommt da so ein mieser kleiner Vogel wie du daher und macht alles zunichte." Nun stand Bremminger direkt vor Börner und stützte sich mit den Händen auf Börners Sessel. "Kannst du dir eigentlich die Konsequenzen auch für den einzelnen vorstellen? Ja? Kannst du das wirklich? Bei uns funktioniert das nämlich genauso wie in der Drogenszene: Wenn alles funktioniert, kassieren die dicken Fische den Gewinn und haben bei ihren Statements für die Medien immer schon alles gewusst und bestens vorbereitet. Aber geht es schief, dann wird dir als kleinem Fisch der Arsch aufgerissen bis an den Stehkragen, und du bist erledigt. Weißt du das eigentlich?"

      Börner nickte nur. Er wollte nicht, dass ihm sein ehemaliger Chef so nahe kam. "Wem sagst du das? Bin ich denn noch bei euch?" Er versuchte Bremmingers wütenden Blicken standzuhalten. "Nur habe ich noch nie gewartet, bis mir jemand den Arsch aufreißt. Vorher kündige ich lieber."

      "Ach ja!", rief Bremminger scheinbar belustigt und wandte sich von Börner ab. "Du kündigst einfach, und dann ist die Sache für dich erledigt!"

      "Ist sie eben nicht!" Börner musste beinahe lachen, als er sah, wie Bremminger mit ungelenken Bewegungen versuchte, ihm gegenüber wieder Platz zu nehmen. "Für mich ist die ganze Sache überhaupt nicht erledigt. Aber hast du denn schon jemals die Konsequenzen getragen für eine Kündigung? Weißt du eigentlich, wie das ist, wenn du von einem auf den anderen Tag keinen Pfennig Geld mehr hast und auch vom Arbeitsamt nichts bekommst? Dein Vermieter wartet nicht lange, und die Banken haben zwar am meisten Geld, aber am wenigsten Geduld. Und fressen musst du schließlich auch noch."

      Bremminger hantierte ungeschickt mit dem Öffner an einer Bierflasche. "Ich weiß nicht, wie das ist, und ich will es auch gar nicht wissen. Solch einen Schritt hatte ich nie nötig. Ich habe immer meine Pflicht getan."

      "Natürlich!", rief Börner scheinbar amüsiert, ohne dass seine Stimme seine Wut verbergen konnte. "Natürlich hast du immer deine Pflicht getan!" Plötzlich lachte er laut los: "Und deshalb bist du heute Abend auch zu mir gekommen, um in aller Seelenruhe dein Ausscheiden aus dem Polizeidienst gerade mit mir zu feiern!" Nun sah er Bremminger an, und es war, als unternähme er den letzten ernsthaften Versuch, als er sagte: "Günter, du bist doch heute Abend zu mit gekommen, weil da noch irgendetwas in deiner makellosen Laufbahn mit Pensionsberechtigung nicht gestimmt hat?"

      Börner war überrascht, als Bremminger einfach nur nickte und sich sein Glas voll goss.

      "Also doch der Mord?"

      "Welcher Mord?", fragte Bremminger, und das Glucksen des Bieres, als Bremminger nun wieder scheinbar völlig gelöst das nächste Glas durch seine Kehle laufen ließ, machte Börner wütend.

      "Der Mord an Carl Brenner."

      "Fängst du schon wieder damit an?"

      "Ich werde auch niemals damit aufhören!", sagte Börner gereizt. "Eure Haltung im Mordfall Brenner hat Milewski doch von Anfang an auf den Punkt gebracht: Man soll eigentlich froh sein, wenn ein Schwuler einen anderen Schwulen umbringt; das erspart einem viel Arbeit."

      Bremminger konnte es offensichtlich nicht mehr hören. "Lass doch endlich Milewski aus dem Spiel! Das hat der doch gar nicht so gemeint."

      "Er hat es genau so gemeint, wie er es gesagt hat. Ihr alle habt es doch insgeheim genau so gemeint. Aber gut, Milewski ist dumm und hatte ja bei euch immer Narrenfreiheit. Nur, in Wahrheit hatte er viel mehr mit der ganzen Sache zu tun, als du glaubst."

      Bremminger nickte kurz. "Vielleicht. Und wenn es so ist, will ich es heute auch noch erfahren. Aber noch ein einziges Mal zu deinem Mordfall Brenner: Wir haben uns doch noch tagelang bemüht, herauszufinden, ob dieser Mord in irgendeiner Verbindung zu der Rauschgiftsache stand. Das lag ja zunächst nahe. Aber da war doch nichts! Da war absolut gar nichts! Und damit war die Sache für uns selbstverständlich erledigt. Wels hatte außerdem gestanden, also was hätten wir noch tun sollen? Es war sicherlich tragisch, dass er sich in der U-Haft erhängen konnte."

      "Tragisch?", fragte Börner spöttisch. "Dadurch war für mich die ganze Sache eigentlich zu einem Doppelmord geworden."

      Bremminger schien zu resignieren. Es hatte offensichtlich keinen Sinn, mit Börner über diese Sache zu reden. Dennoch unternahm er einen letzten Versuch. "Ich kenne ja die Vorstellungen, die du dir damals zurechtgelegt hattest. Aber selbst wenn alles der Wahrheit entsprochen hätte, du hättest es niemals beweisen können."

      "Der Mörder hat es zugegeben. Er hat gesagt: Ja, genau so war es."

      „Ich rede von Beweisen, die auch ein Gericht akzeptiert. Nur die zählen für uns."

      "Ich weiß. Und darum musste ich ja auch die Sache СКАЧАТЬ